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Kündigung von Sparverträgen – Ein Überblick

Die seit der Finanzkrise 2007/2008 anhaltende Niedrigzinsphase hat einige Finanzinstitute veranlasst, gut verzinsliche Sparverträge zu kündigen oder die Sparer zur Kündigung zu bewegen. Ökonomen prognostizieren, dass die Zeiten niedriger Zinsen noch lange andauern können. Deshalb und bedingt durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Mai 2019 (BGH XI ZR 345/18) sind weitere „Kündigungswellen“ von lukrativen Sparverträgen zu erwarten. Die Praxis zeigt, dass Banken und Sparkassen hier oft am „längeren Hebel sitzen“.

Ist die Kündigung meines Sparvertrags durch die Sparkasse wirksam?

Der BGH hatte über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages einer Sparkasse zu entscheiden. Der Kläger hatte im Jahr 1996 einen Sparvertrag – „S-Prämiensparen fexibel“ abgeschlossen. Dieser Prämiensparvertrag, der so oder in ähnlicher Form von vielen Sparkassen verwendet wurde, sah einen monatlichen Sparbetrag von DM 200,00 vor und eine variable Verzinsung der Spareinlage. Ausweislich des Sparvertrages zahlte die Sparkasse außerdem am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche Sparprämie auf die geleisteten Sparbeiträge, wobei sich die Prämie nach Maßgabe der im Sparvertrag vorgesehenen Prämienstaffel erhöhte. Die im vom BGH zu entscheidenden Fall vereinbarte Prämienstaffel stellte für das 15. Sparjahr die höchste Prämie in Aussicht. Eine feste Laufzeit oder eine Mindestlaufzeit war in dem Sparvertrag hingegen nicht vorgesehen.

Neben der Frage der rechtlichen Einordnung des Prämiensparvertrages – der BGH qualifiziert diesen als unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gem. § 700 BGB – ging es in dem Fall maßgeblich um die Kündigungsrechte der beklagten Sparkasse. Der BGH urteilte, dass bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge bis zu einem bestimmten Sparjahr ansteigen, das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist. Da im zu entscheidenden Fall die höchste Prämienstufe bereits erreicht war und die Laufzeit des Vertrages nicht befristet war, entschied der BGH, dass die Kündigung der beklagten Sparkasse wirksam war.

Ob Finanzinstitute berechtigt sind, Sparverträge zu kündigen, hängt im Einzelfall von der konkreten Ausgestaltung des Sparvertrages ab: Sieht der Vertrag eine bestimmte Laufzeit vor? Sieht der Vertrag eine Prämienstaffel vor? Ist die höchste Prämienstufe bereits erreicht und auch gezahlt worden?

Bedeutet die BGH-Entscheidung, dass jeder Prämiensparvertrag gekündigt werden kann?

Neben der oben zitierten Entscheidung des BGH sind zur Wirksamkeit der Kündigung unterschiedlich ausgestalteter Sparverträge bereits viele gerichtliche Entscheidungen ergangen. So entschied beispielsweise das OLG Dresden (8 U 1770/18), dass bei Prämiensparverträgen, die in den Vertragsbedingungen die Prämienstaffel für einen Zeitraum von 99 Jahren auflisten, eine ordentliche Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen ausgeschlossen ist.

Neben den vertraglich festgelegten Sparbedingungen können im Einzelfall auch Versprechungen der Finanzinstitute aus Werbeflyern und Prospekten relevant werden. Allerdings stellt die Rechtsprechung hieran recht strenge Anforderungen: Der BGH qualifizierte in der oben genannten Entscheidung die im Werbeflyer enthaltene Musterrechnung, die eine Laufzeit von 25 Jahren zugrunde legte, lediglich ein Rechenbeispiel, dem keine verbindliche Aussage zur Vertragslaufzeit entnommen werden könne. Das OLG Dresden (Az. 8 U 52/19) sah in Beispielsrechnungen, die eine Laufzeit von 99 Jahren zugrunde legen, keine verbindliche Vereinbarung der vertraglichen Laufzeit. Darüber hinaus muss ein Sparer darlegen, dass die Angaben in Werbeflyern auch entscheidend für den Vertragsschluss waren. Das OLG Stuttgart (Az. 9 U 31/15) urteilte dagegen, dass die Angaben in einem Werbeflyer unter bestimmten Voraussetzungen Vertragsbestandteil werden können und damit für die Frage der Laufzeit und der Wirksamkeit der Kündigung relevant sein können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten im Bank- und Kapitalmarktrecht.

Crowdinvesting – Ein Überblick

Was ist Crowdinvesting?

Crowdinvesting (Schwarmfinanzierung) oder Crowdfunding ist eine alternative Finanzierungsform, bei der von vielen Anlegern Gelder eingesammelt werden. Crowdinvesting kann zur Finanzierung verschiedenster Projekte genutzt werden – neben Finanzierung einer Unternehmensgründung können beispielsweise auch bestimmte Projekte im Bereich der Filmfinanzierung oder auch Immobilen durch Crowdfunding finanziert werden. Crowdinvesting wird häufig über Internetplattformen organisiert. Bekannte Crowdinvesting-Plattformen sind beispielsweise Seedmatch und Companisto.

Welcher rechtliche Rahmen gilt hier?

Aus rechtlicher Sicht sind beim Crowdinvesting verschiedene Aspekte interessant: Zum einen die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Beteiligten. Neben dem Unternehmer, der durch das Crowdinvesting Geld für ein Projekt einsammeln möchte, sind dies die Vielzahl von Anlegern sowie regelmäßig der Plattformbetreiber als weiterer Akteur. Zum anderen stellen sich regulatorische, also aufsichtsrechtliche Fragestellungen, d.h. insbesondere: Welcher besonderen Erlaubnisse bedarf es für den kapitalsuchenden Unternehmer und den Plattformbetreiber und welche Informationspflichten treffen den Unternehmer und den Plattformbetreiber einer Crowdfundingplattform gegenüber Anlageinteressenten?

Der Gesetzgeber hat bereits 2015 mit dem Kleinanlegerschutzgesetz auf das Phänomen des Crowdinvestings reagiert. Unter anderem wurde zum Schutz der Anleger eine Pflicht zur Erstellung eines Vermögensanlage-Informationsblattes nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) vom Gesetzgeber implementiert.

Benötigen die Anbieter eine Lizenz?

Die Lizenzpflichten des Plattformbetreibers hängen von der genauen Ausgestaltung des Geschäftsmodells ab. Denkbar ist beispielsweise, dass der Plattformbetreiber Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäfte betreibt und einer entsprechenden Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bedarf. Erlaubnispflichten können sich auch aus dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder der Gewerbeordnung ergeben. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zuständige Behörde prüft in jedem Einzelfall, welche Erlaubnistatbestände einschlägig sind. Für den kapitalsuchenden Unternehmer stellt sich u.a. die Frage, ob er ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betreibt.

Wie ist der Vertrag zwischen Anbieter und Anlegern ausgestaltet?

Die Ausgestaltung der privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Anlegern und dem Unternehmen, das Kapital einsammelt, sowie zwischen dem Plattformbetreiber, den Anlegern sowie dem Unternehmen kann ebenfalls variieren. Es bedarf stets einer Einzelfallprüfung. Denkbar ist beispielsweise, dass zwischen den Anlegern und dem kapitalaufnehmenden Unternehmen sog. partiarische (Nachrang-)Darlehen bestehen. Hierbei handelt es sich im Grundsatz um einen Darlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB mit der Besonderheit, dass dem Darlehensgeber – im Falle des Crowdinvestings der Anleger – neben einem Anspruch auf Kapitalrückzahlung (sowie ggf. einem Zinsanspruch) auch einen Anspruch auf prozentuale Beteilung am Unternehmenserfolg zusteht. Sofern das Darlehen als Nachrangdarlehen ausgestaltet ist, wird der Darlehensgeber in der Insolvenz oder bei Liquidation des Darlehensnehmers erst nachranging, d.h. nach den anderen Insolvenzgläubigern, befriedigt. Andere zivilrechtliche Gestaltungen – z.B. eine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Anleger am Unternehmen – sind möglich.

Durch das Kleinanlegerschutzgesetz hat der Gesetzgeber in § 2d VermAnlG zudem ein besonderes Widerrufsrecht für das Crowdinvesting normiert – vergleichbar den gesetzlichen Widerrufsrechten im Onlinehandel oder bei Verbraucherdarlehensverträgen. Dieses Widerrufsrecht kann auch nicht zulasten des Anlegers ausgeschlossen werden.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte bei rechtlichen Fragen zum Thema Crowdinvesting. Unser Partner Dr. Sebastian von Allwörden ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und berät laufend Startups und etablierte Dienstleister im Bereich Fintech, alternative Finanzierungsformen und Crowdinvesting.

Verjährungsbeginn bei unklarer Rechtslage

Beginnt die Verjährung auch, wenn wichtige Rechtsfragen für den Anspruch noch ungeklärt sind?

Dass zivilrechtliche Ansprüche einer Verjährung unterliegen, kann als allgemein bekannt bezeichnet werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat nun entschieden, dass die Verjährungsfrist auch dann beginnen kann, wenn eine für den Anspruch maßgebliche Rechtsfrage noch nicht durch den Bundesgerichtshof geklärt ist (Urteil v. 25.07.2019, Az. 1 U 169/18). Auch vor einem solchen klärenden höchstrichterlichen Urteil kann nämlich die Rechtslage – für einen rechtskundigen Berater – schon ausreichend klar sein, sodass dem Gläubiger eine Klageerhebung zumutbar ist.

Hintergrund für Interessierte: Das Recht der Verjährung im BGB
Die regelmäßige Verjährungsfrist im deutschen Zivilrecht beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Diese drei Jahre beginnen jedoch erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger „von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste“ (§ 199 BGB). Entsteht ein Anspruch also im Januar und hat der Gläubiger – was in der Regel der Fall ist – von den anspruchsbegründenden Umständen auch Kenntnis, so kann die regelmäßige Verjährungsfrist annähernd vier Jahre betragen, da die oben genannte Drei-Jahres-Frist erst am Schluss des Entstehungsjahres beginnt. Es existieren im deutschen Zivilrecht allerdings zahlreiche Ausnahmen, Höchstfristen und abweichende Verjährungsfristen für bestimmte Ansprüche, sodass die konkrete Verjährung im Einzelfall stets juristisch geprüft werden muss. Auch die genauen Voraussetzungen des Verjährungsbeginns sind oft Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen und bedürfen daher einer fachkundigen Prüfung.

In der oben genannten Entscheidung hat das OLG Frankfurt sich nun zu der Frage positioniert, wann von einer hinreichenden Kenntnis des Gläubigers von den „anspruchsbegründenden Umständen“ ausgegangen werden kann. Das Gesetz sieht, wie gesagt, vor, dass der Gläubiger die anspruchsbegründenden Umstände tatsächlich kannte oder „ohne grobe Fahrlässigkeit“ kennen musste. Mit anderen Worten: Ist der Gläubiger zwar in Unkenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände, so beginnt gleichwohl die Verjährung, wenn diese Unkenntnis „grob fahrlässig“ war.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine solche grobe Fahrlässigkeit nicht vorliegt, wenn der Gläubiger aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen davon ausgehen durfte, dass er – aus rechtlichen Gründen – keinen Anspruch gegen den Schuldner hat. Existieren also z.B. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die in einer bestimmten Konstellation einen Anspruch verneinen, so beginnt die Verjährung dieses Anspruchs erst, wenn sich herausstellt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung sich ändert und nun doch ein Anspruch angenommen wird. Vor einer solchen „Rechtsprechungs-Korrektur“ ist die Klageerhebung dem Gläubiger – wegen der bis dahin entgegenstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht zumutbar. Solche Konstellationen hat es durchaus in der Praxis schon gegeben (man beachte jedoch die Verjährungshöchstfristen, die auch hier irgendwann einen zeitlichen „Schlussstrich“ setzen).

Schwieriger zu bewerten sind vor diesem Hintergrund Meinungsstreitigkeiten in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Rechtsprechung, die noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Reicht es etwa für eine nicht grob fahrlässige „Unkenntnis“ des Gläubigers aus, dass die Frage, ob ein Anspruch besteht oder nicht, von verschiedenen Instanzgerichten unterschiedlich beantwortet und in der Literatur kontrovers diskutiert wird? Oder beginnt auch in einem solchen Fall die Verjährung des Anspruchs im Jahr seiner Entstehung?

Die Rechtsprechung legt hier strenge Maßstäbe an: Eine „unklare Rechtslage“ führt nicht automatisch dazu, dass die Verjährung nicht beginnt. Gläubiger sind vielmehr verpflichtet, das Bestehen von Ansprüchen im Zweifel juristisch prüfen zu lassen. Erst wenn auch ein rechtskundiger Berater, also insbesondere ein Rechtsanwalt, nicht in der Lage ist, das Bestehen eines Anspruchs zuverlässig einzuschätzen, kann der Verjährungsbeginn in seltenen Fällen tatsächlich bis zur Klärung der streitigen Frage aufgeschoben sein. Dies ist, so das OLG Frankfurt, jedoch nicht automatisch dann der Fall, wenn eine unklare Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Auch wenn also noch kein „BGH-Urteil“ in einer bestimmten Rechtsfrage existiert, kann die Verjährung eines Anspruchs durchaus beginnen.

So hat das OLG Frankfurt in dem entschiedenen Fall eine Verjährung des Anspruchs angenommen: Aus Sicht des OLG war das Abwarten der späteren BGH-Entscheidung nicht erforderlich, um die für den Verjährungsbeginn maßgebliche „Kenntnis“ der anspruchsbegründenden Umstände zu erlangen. Die Rechtslage war auch vor der BGH-Entscheidung für einen Rechtskundigen schon so übersichtlich, dass eine Klageerhebung dem Gläubiger zumutbar gewesen wäre.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu zivil- und prozessrechtlichen Fragestellungen.

Zur (un)zulässigen Verdachtsberichterstattung

Wird in Medien über Ermittlungsverfahren und Strafprozesse berichtet, gelten strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung. Die Medienberichte bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person – insbesondere dem Schutz vor einer medialen Vorverurteilung – einerseits und einem öffentlichen Informationsinteresse der Bevölkerung an Ermittlungs- und Strafverfahren andererseits.

Unter welchen Voraussetzungen ist Verdachtsberichterstattung zulässig?

Unter welchen Umständen eine Verdachtsberichterstattung, die naturgemäß die Verbreitung nicht erwiesener Tatsachen zum Gegenstand hat, zulässig ist, beschäftigt seit jeher die deutschen Gerichte. Dabei wurden in höchstrichterlicher Rechtsprechung die folgenden Zulässigkeitskriterien herausgebildet: Es muss ein sogenannter Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen, aus dem der Verdacht hervorgeht. Der Betroffene darf durch die Berichterstattung nicht vorverurteilt werden, die Darstellung muss also als Verdacht und ergebnisoffen erfolgen. Darüber hinaus muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, so dass ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit besteht. Der betroffenen Person ist immer zwingend eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten.

Dass diese im Grundsatz geltenden Kriterien in der Praxis regelmäßig zu juristischen Auseinandersetzungen führen, erklärt sich fast schon von selbst. Denn über die genauen Anforderungen an jedes Kriterium lässt sich im Einzelfall trefflich streiten. Es stellt sich dabei immer die Rechtsfrage, ob eine Verdachtsberichterstattung in den Täter identifizierender Weise rechtmäßig ist oder eine anonymisierte Darstellung erforderlich und zur Befriedigung des öffentlichen Informationsinteresses ausreichend gewesen wäre.

Aktuelle Entwicklungen

Aktuell hatte sich das Landgericht Köln mit der Frage nach der Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung zu beschäftigen (Landgericht Köln, Beschluss vom 18.09.2019 – 29 O 344/19). Mit der Entscheidung wurde dem Verlag einer Boulevard-Zeitung untersagt, über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen einen bekannten Fußballspieler wegen des Verdachts, kinderpornografische Inhalte verbreitet zu haben, zu berichten. Nach Auffassung des Gerichts habe die Bildberichterstattung nach ihrem Gesamteindruck den Betroffenen in unzulässiger Weise vorverurteilt. Überdies habe es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt, der für eine Richtigkeit des Verdachts hätte sprechen können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in Fragen des Medien-und Presserechts.

Wettbewerbswidriger Abdruck einer Pressemitteilung

Die fast wörtliche Veröffentlichung einer Pressemitteilung kann wettbewerbswidrig sein, wenn der Presseartikel über ein Unternehmen durch die Leserschaft als unabhängige Berichterstattung wahrgenommen und das Unternehmen überaus positiv dargestellt wird.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bewertete die Veröffentlichung einer Pressemitteilung in einer unanfechtbaren Entscheidung als unzulässige Schleichwerbung seitens eines Presseverlags (Beschluss v. 22.08.2019 – 6 W 64/19). Wettbewerbsrechtlich gelten getarnte geschäftliche Handlungen im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG grundsätzlich als unlauter. Die Veröffentlichung eines Presseartikels stelle wegen der objektiven Förderung fremden Absatzes eine geschäftliche Handlung zugunsten eines Unternehmens dar, wenn es nicht vorrangig um die sachliche Information und Meinungsbildung der Leser gehe.

Dem Beschluss lag die redaktionelle Veröffentlichung einer Pressemitteilung zugrunde, in der über eine Spende eines Unternehmens berichtet wurde. Dabei wurden Politiker mit positiven Äußerungen in Bezug auf dieses Unternehmen zitiert. Der Artikel hätte nach Auffassung des Gerichts mit „Anzeige“ oder „Werbung“ gekennzeichnet werden müssen, da bei der Leserschaft der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, Journalisten hätten den Bericht recherchiert und Interviews geführt.

Bei der Feststellung einer Wettbewerbswidrigkeit müssen stets die gesamten Umstände einer Veröffentlichung berücksichtigt werden. Positive Berichterstattungen bewegen sich oft im Spannungsfeld zwischen Pressefreiheit und geschäftlichen Handlungen.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in Rechtsfragen aus dem Bereich der Öffentlichkeits- und Pressearbeit.

Verbraucherschutz bei Kreditaufnahme durch Existenzgründer

Sind Gründer bei der Kreditaufnahme Unternehmer oder Verbraucher?

Grundsätzlich muss im Bereich des Kreditrechts unterschieden werden zwischen Verbraucherkrediten und Krediten an Unternehmer. Es versteht sich von selbst, dass der Schutz der Verbraucher hier erheblich stärker ausgestaltet ist als der Schutz von Unternehmenskunden der Bank oder Sparkasse.

Ein häufig unterschätzter rechtlicher Schutzmechanismus greift bei Darlehensaufnahmen durch Existenzgründer, soweit der Kreditbetrag EUR 75.000 nicht übersteigt. Nehmen Gründer bei einem Kreditinstitut Fremdkapital bis zu diesem Betrag auf und dient der Kredit der „Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit“, so gilt gemäß § 513 BGB zugunsten des Gründers das Verbraucherkreditrecht.

Welche Vorteile hat die Regelung in § 513 BGB für Gründer?

Die Anwendung des Verbraucherkreditrechts hat für den Gründer erhebliche Vorteile. So steht ihm im Zusammenhang mit der Darlehensaufnahme etwa ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Auch z.B. im Hinblick auf Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers und der Bank, Vorfälligkeitsentschädigungen und Gebühren ist der Darlehensnehmer eines Verbraucherkreditvertrags im Vergleich zu sonstigen Kreditnehmern bessergestellt.

Die Voraussetzungen des § 513 BGB sollten jedoch im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. So muss Zweck der Kreditaufnahme die Gründung eines Unternehmens sein, nicht z.B. die Erweiterung eines bestehenden Unternehmens oder eine Anschlussfinanzierung. Ob der Gründer bereits ein weiteres Unternehmen betreibt ist dagegen unbeachtlich: Solange die Unternehmen nicht „in Zusammenhang“ miteinander stehen, greift der Schutz des § 513 BGB nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch in diesem Fall.

Was gilt bei mehreren Krediten, die insgesamt die EUR 75.000-Grenze überschreiten?

Nimmt ein Existenzgründer mehrere Kredite auf, die je einzeln einen Nettodarlehensbetrag von weniger als EUR 75.000 aufweisen, jedoch zusammengerechnet die Grenze überschreiten, muss unterschieden werden: Kredite desselben Kreditgebers, die zeitlich und wirtschaftlich in engem Zusammenhang stehen, werden zusammengerechnet, sodass zumindest der Kreditvertrag, mit dem die EUR 75.000-Grenze überschritten wird, keinen Verbraucherschutz mehr genießt. Mehrere Kredite verschiedener Darlehensgeber werden jedoch getrennt betrachtet. Dies ist für viele Gründer relevant, da oft Fremdfinanzierungen aus unterschiedlichen Quellen (Förderbanken, Privatbanken, Sparkassen) erfolgen.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte berät Startups und Existenzgründer umfassend zu finanzierungsrechtlichen Fragen sowie in weiteren relevanten Bereichen wie z.B. Handels- und Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Markenrecht.

Einladung zur Gesellschafterversammlung per E-Mail

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich zu den Auswirkungen einer Einladung zu einer GmbH-Gesellschafterversammlung per E-Mail positioniert (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.6.2018, Az. 14 U 33/1).

Geklagt hatte ein Minderheitsgesellschafter einer GmbH. In einer Gesellschafterversammlung wurde die Einziehung seiner Anteile beschlossen. Zu dieser Gesellschafterversammlung wurde der Kläger nicht innerhalb der Wochenfrist des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG mit eingeschriebenem Brief geladen. Dem Kläger ging allerdings innerhalb der Einladungsfrist eine Einladung per E-Mail sowie nach Ablauf der Einladungsfrist eine weitere Einladung per Einschreiben zu. Gegen den Einziehungsbeschluss klagte der Kläger mit der Begründung, die Gesellschafterversammlung sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden. Das Landgericht Ravensburg hatte der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten Gesellschaft hob das OLG Stuttgart das erstinstanzliche Urteil auf und wies die Klage ab.

Das OLG Stuttgart hält den Einziehungsbeschluss für rechtmäßig. Zwar erfülle die Einladung per E-Mail nicht die Formvorschrift des § 51 Abs. 1 S. 1 GmbHG, wonach die Einladung der Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung mittels eingeschriebenen Briefs zu erfolgen hat. Auch ging die weitere Einladung per Einschreiben nicht innerhalb der Wochenfrist des § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG zu. Nach Ansicht des OLG Stuttgart war der Beschluss aber weder nichtig noch anfechtbar. Ein Verstoß gegen § 51 Abs. 1 GmbHG führe nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn der Mangel so gravierend sei, dass er einer Nichteinladung des betroffenen Gesellschafters gleichkomme. Eine Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses komme nur in Betracht, wenn durch den Formfehler das Mitgliedschafts- bzw. Partizipationsrecht des Gesellschafters derart beeinträchtigt wird, dass dem Beschluss nach wertender Betrachtung ein Legitimationsdefizit anhaftet. Beides verneinte das OLG Stuttgart im konkreten Fall, weil der Kläger u.a. durch die Einladung per E-Mail innerhalb der Wochenfrist vom Inhalt der Einladung Kenntnis genommen hatte, ihm ein Einschreiben noch vor der Versammlung zugegangen war und er an der Versammlung teilgenommen hatte, ohne eine Beeinträchtigung seines Teilnahmerechts geltend zu machen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten Einladungen zur Gesellschafterversammlung unter Wahrung der Anforderungen aus § 51 Abs. 1 S. 1 GmbHG immer per Einschreiben erfolgen. VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu gesellschaftsrechtlichen Fragen.

Zu den Löschpflichten von Portalbetreibern

Der EuGH hat in einer neuen Entscheidung die Verpflichtungen der Betreiber von Online-Portalen wie Twitter, Instagram, YouTube und Co. für den Fall definiert, dass über eine Plattform rechtswidrige Beleidigungen veröffentlicht und verbreitet werden (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019 – C-18/18).

Dem Urteil ging die Klage einer österreichischen Politikerin voraus, die sich zahlreichen beleidigenden Kommentaren über das soziale Netzwerk Facebook ausgesetzt sah. Die Klägerin wollte erreichen, dass nicht nur einzelne und konkret benannte Äußerungen, sondern sämtliche sie betreffende Beleidigungen im Zusammenhang mit politischem Engagement für Flüchtlinge gelöscht werden. Der EuGH hatte daher die Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr (RL 2003/31/EG) auszulegen und die Frage zu klären, ob dem Betreiber eines Portals die Suche nach sinngleichen und auch nach ähnlichen Äußerungen zum Zwecke einer Löschung auferlegt werden kann.

Im Grundsatz gilt nach wie vor, dass ein Hosting-Anbieter nur dann für rechtswidrige Inhalte zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn er über die konkreten Inhalte und deren Rechtswidrigkeit in Kenntnis gesetzt wurde (sog. „Notice and take down“). Aktive Überwachungs- und Nachforschungsverpflichtungen treffen die Betreiber von Portalen eigentlich nicht, da sie nur die Plattform für fremde Inhalte zur Verfügung stellen. Diesen Grundsatz modifizierte der EuGH nun insofern, als dass es Portalbetreibern unter Umständen zugemutet werden soll, sinngleiche Inhalte ebenfalls zu löschen.

Eine Löschpflicht soll – nach entsprechender Aufforderung – auch auf gleichlautende, ähnliche und sinngleiche Kommentare ausgedehnt werden können, wenn die Äußerungen in ihren Einzelheiten derart genau beschrieben werden, dass es dem Portalbetreiber möglich ist, sie mittels automatisierter Techniken zu ermitteln. Es müssen demnach Einzelheiten von der Äußerung umfasst sein, die in der gerichtlichen Unterlassungsverfügung genau bezeichnet sind. Dies dürfte regelmäßig der Fall sein, wenn beleidigende Kommentare sich auf ein bestimmtes Ereignis beziehen.

Jedenfalls darf die Verpflichtung nur so weit reichen, wie sie durch den Einsatz technischer Mittel erfüllt werden kann. Der Einsatz von Mitarbeitern zur Nachforschung und Überwachung könne den Hosting-Anbietern hingegen nicht zugemutet werden. Nach dem Urteil des EuGH gilt die Löschpflicht weltweit und ist – entgegen der nationalen Rechtsprechung aus Österreich – nicht auf das Gebiet des Mitgliedsstaates beschränkt.

Auch die deutschen Gerichte können damit künftig den Betreibern von Portalen und Netzwerken Verpflichtungen auferlegen, wonach wort- und sinngleiche (rechtswidrige) Äußerungen gesucht und gelöscht werden müssen.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte berät Sie gern in Fragen des Internet- und Äußerungsrechts.

GmbH-Geschäftsführer: Haftung trotz Aufgabenverteilung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung vom 06.11.2018 (Az. II ZR 11/17) die Anforderungen an Geschäftsverteilungen zwischen GmbH-Geschäftsführern und den Entlastungsnachweis für die GmbH-Geschäftsführerhaftung bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft nach § 64 GmbHG präzisiert.

Der Kläger – Insolvenzverwalter einer GmbH – hatte einen Mitgeschäftsführer der insolventen GmbH in Anspruch genommen, weil nach Eintritt der Insolvenzreife vom Mitgeschäftsführer des Beklagten masseverringernde Zahlungen veranlasst wurden. Der Beklagte hatte vorgebracht, dass er nach der internen Ressortverteilung zwischen ihm und dem Mitgeschäftsführer ausschließlich für das „Künstlerische“ zuständig gewesen sei und der Mitgeschäftsführer sich allein um die kaufmännische, organisatorische und finanzielle Seite des Geschäfts gekümmert habe.
Das Landgericht Berlin hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers gab das Kammergericht der Klage teilweise statt. Der BGH entschied im Sinne des Klägers und hob das zweitinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht. Der BGH sah den Entlastungsbeweis durch den Beklagten nach § 64 Abs. 2 S. 2 GmbHG a.F. (heute: § 64 S. 2 GmbHG) als nicht geführt an.

Nach § 64 S. 1 GmbHG haftet der Geschäftsführer einer GmbH der Gesellschaft für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet werden. Die Vorschrift dient der Masseerhaltung und damit dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft. Die Haftung des Geschäftsführers entfällt allerdings, wenn die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind (§ 64 S. 2 GmbHG). Die individuellen Fähigkeiten eines Mitgeschäftsführers und dessen mangelnde Sachkenntnis sind dagegen unerheblich und können eine Entlastung nicht begründen.

Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern treffen die sich aus § 64 GmbHG ergebenden Pflichten jeden Geschäftsführer persönlich. Ein Mitgeschäftsführer, der sich auf die Entlastungsregelung des § 64 S. 2 GmbHG beruft, muss nach der Entscheidung des BGH Gründe vortragen, die es ihm unmöglich gemacht haben, eine tatsächlich bestehende Insolvenzreife der Gesellschaft zu erkennen. Daran stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen: Ein GmbH-Geschäftsführer muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht. Zwar bleibt eine Aufgabenverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern einer GmbH möglich – und ist je nach Größe des Unternehmens auch sinnvoll und ggf. notwendig. Eine interne Aufgabenverteilung entbindet einzelne Geschäftsführer jedoch nicht von der Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft. Insofern bestehen strenge Kontroll- und Überwachungspflichten des nach interner Verteilung „unzuständigen“ Geschäftsführers gegenüber dem „zuständigen“ Geschäftsführer.

Eine Ressortverteilung zwischen GmbH-Geschäftsführern, die nach der Ansicht des BGH nicht notwendigerweise schriftlich erfolgen muss, „setzt eine klare und eindeutige Abgrenzung der Geschäftsführungsaufgaben auf Grund einer von allen Mitgliedern des Organs mitgetragenen Aufgabenzuweisung voraus, die die vollständige Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben durch hierfür fachlich und persönlich geeignete Personen sicherstellt und ungeachtet der Ressortzuständigkeit eines einzelnen Geschäftsführers die Zuständigkeit des Gesamtorgans insbesondere für nicht delegierbare Angelegenheiten der Geschäftsführung wahrt“. Der BGH stellt damit sehr hohe Anforderungen an den Entlastungsnachweis nach § 64 S. 2 GmbHG für Mit-Geschäftsführer einer GmbH.

Die Sozietät VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte berät umfassend zu allen Fragen des Gesellschaftsrechts, insbesondere des GmbH-Rechts. Sprechen Sie uns bei Bedarf gern an.

Wahrung der Schriftform bei Unterzeichnung durch GbR-Gesellschafter

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 20.12.2018 (Az. 4 U 60/18) entschieden, dass die Unterzeichnung einer Vertragsurkunde durch einen Gesellschafter einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) ohne Vertretungsvermerk nicht dem mietrechtlichen Schriftformerfordernis des § 550 S. 1 BGB genügt.

Die Klägerin, eine Rechtsanwalts-GbR, hatte auf Feststellung der Beendigung des Gewerbemietverhältnisses zwischen ihr und ihrem ehemaligen Vermieter geklagt. Die Klägerin hatte von dem Beklagten Gewerbemieträume in Hamburg gemietet. Der zunächst befristete Mietvertrag wurde von den Parteien mehrfach verlängert. Die letzte Verlängerungsvereinbarung, mit der das Mietverhältnis im März 2015 bis zum 30. April 2021 verlängert werden sollte, unterzeichnete für die Klägerin lediglich ein Gesellschafter mit dem Schriftzug „S. & Partner“. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis sodann mit Schreiben vom 30. März 2017 zu Ende September 2017 ordentlich.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die ordentliche Kündigung unwirksam sei, weil ein befristetes Mietverhältnis vorliege. Jedenfalls verstieße die ordentliche Kündigung gegen das Gebot von Treu und Glauben. Das Landgericht stellte jedoch die Wirksamkeit der Kündigung fest. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat die Entscheidung bestätigt und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin war möglich. Zwar ist die ordentliche Kündigung bei befristeten Mietverhältnissen eigentlich gesetzlich ausgeschlossen. Die Befristung des Mietverhältnisses war allerdings mangels Einhaltung der Schriftform unwirksam. Gewerbemietraumverträge, die für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen werden, gelten von Gesetzes wegen als für unbestimmte Zeit geschlossen. Das Schriftformerfordernis dient dem Schutz des Erwerbers vermieteter Immobilien. Denn dieser tritt nach dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Das Schriftformerfordernis soll es dem Erwerber ermöglichen, sich zuverlässig über Bestand und Umfang der Mietverhältnisse informieren zu können.

Schriftform erfordert gem. § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Schriftform bei Unterzeichnung einer Vertragsurkunde durch ein einzelnes Mitglied einer GbR nur dann gewahrt, wenn dies in der Urkunde durch einen das Vertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Die Unterzeichnung mit dem Schriftzug „S. & Partner“ wahrt nach der Auffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts diese Anforderungen nicht. Durch den Zusatz „& Partner“ werde nicht hinreichend deutlich, dass der unterzeichnende Gesellschafter auch in Vertretung der übrigen Gesellschafter handelt. Anders als bei einer Partnerschaftsgesellschaft, die gem. §§ 7 Abs. 3 PartGG, 125 HGB durch einen Gesellschafter vertreten werden kann, gilt bei der GbR – vorbehaltlich anderslautender gesellschaftsvertraglicher Regelungen – der Grundsatz der gemeinschaftlichen Vertretung.

Die Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform verstieß auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Denn nach ständiger Rechtsprechung darf sich jede Partei auf die Nichteinhaltung einer vorgeschriebenen Schriftform berufen. Nur in Ausnahmekonstellationen, in denen die vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses wegen Nichteinhaltung der gesetzlich verschriebenen Form zu schlechthin untragbaren Ergebnissen führen würde, kann die Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform als treuwidrig angesehen werden. Allein der Umstand, dass eine Partei schuldhaft, aber nicht arglistig einen Formmangel verursacht, verwehrt ihr nach dem Hanseatischen Oberlandesgericht hingegen noch nicht, sich auf den Formmangel zu berufen.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten umfassend im Gesellschaftsrecht sowie im gewerblichen Mietrecht.

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