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Kein Kostenersatz für irrtümliche Modernisierungsmaßnahmen in der WEG

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Juni 2019 (Az. V ZR 254/17) entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der Modernisierungsmaßnahmen in der irrigen Annahme vornimmt, dies sei seine und keine gemeinschaftliche Aufgabe, keinen Anspruch auf Kostenersatz gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hat.

Der klagende Wohnungseigentümer ließ 2005 die einfach verglasten Holzfenster durch Kunststofffenster mit Dreifachisolierglas austauschen. Andere Wohnungseigentümer hatten zuvor ebenfalls Kunststofffenster auf eigene Kosten erneuert. Bei Vornahme der Modernisierungsmaßnahmen ging der Kläger aufgrund einer fehlerhaft ausgelegten Regelung in der Teilungserklärung irrtümlich davon aus, dass er als Wohnungseigentümer selbst die Kosten tragen müsse und es sich nicht um eine Gemeinschaftsaufgabe handele.

Mit seiner Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft unterlag der Kläger in erster und zweiter Instanz und nun auch vor dem Bundesgerichtshof. Dem Kläger stünden keine Ansprüche gegen die gem. § 10 Abs. 6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Erstattungsansprüche aus den gesetzlichen Schuldverhältnissen – namentlich der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Bereicherungsrecht – seien durch die vorrangigen Regelungen des WEG gesperrt.

Gemäß § 21 Absatz 4 und Absatz 5 WEG entscheiden die Wohnungseigentümer über Instandhaltungsmaßnahmen. Dies gelte auch für zwingende Modernisierungsmaßnahmen. Nur in Fällen, in denen ein Handeln zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig ist, ist ein Wohnungseigentümer gemäß § 21 Absatz 2 WEG berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (sog. Notgeschäftsführung). Eine solcher Fall der Notgeschäftsführung lag jedoch nicht vor.

Der Umstand, dass der klagende Wohnungseigentümer irrtümlich davon ausging, die Fenstermodernisierung sei keine Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft, begründe ebenfalls keinen Erstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung. Der Bundesgerichtshof begründete dies mit den vorrangigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer. Als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft müsse jeder Wohnungseigentümer zwar mit außerplanmäßigen Kosten für das Gemeinschaftseigentum rechnen. Allerdings sei es nicht zumutbar, die eigene Finanzplanung auch darauf auszurichten, rückwirkend für bereits abgeschossene Modernisierungsmaßnahmen in Anspruch genommen zu werden. Auf solche Maßnahmen konnten die anderen Wohnungseigentümer keinen Einfluss nehmen. Der Bundesgerichtshof berücksichtigte außerdem den Umstand, dass in der Vergangenheit auch andere Wohnungseigentümer Modernisierungsmaßnahmen irrtümlich auf eigene Kosten durchgeführt hatten und es daher bei Bejahung von Erstattungsansprüchen zu einem mit hohem Ermittlungs- und Berechnungsaufwand verbundenen Ausgleich zwischen den Wohnungseigentümern kommen würde. Der damit verbundene „Hin- und Her-Ausgleich“ führe nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht zwangsläufig zu einem als „gerecht“ empfundenen Ergebnis.

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Neues Urteil im VW-Abgas-Skandal

Der fünfte Zivilsenat des OLG Koblenz hat mit Urteil vom 12. Juni 2019 (Az. 5 U 1318/18) den Schadensersatzanspruch eines VW-Käufers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Volkswagen AG bejaht.

Der Kläger hatte im Januar 2014 ein Diesel-Fahrzeug der Marke VW als Gebrauchtwagen gekauft. Der in dem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor der Baureihe EA 189 enthält nach der Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Der Kläger verklagte die Volkswagen AG als Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors auf Schadensersatz. Der Kläger stützte seinen Anspruch unter anderem darauf, dass die Volkswagen AG mit dem Ziel der Gewinnmaximierung bewusst getäuscht und ihn in der Folge vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe.

Nachdem das Landgericht die Haftung der wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verneint und die Klage abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Koblenz der Klage nun teilweise statt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprogrammierung stelle eine Täuschung über die Eignung des Fahrzeugs für den uneingeschränkten Einsatz im Straßenverkehr dar.

Das Inverkehrbringen beinhalte die Aussage, dass der Pkw nicht nur fahren könne, sondern auch fahren dürfe. Wegen der Steuerungssoftware bestehe jedoch die Gefahr der Betriebsuntersagung und Fahrzeugstilllegung. Die Täuschung durch den Hersteller des Fahrzeugs wirke auch beim Gebrauchtwagenkauf fort, weil auch hier die Herstellerangaben ein wesentlicher Aspekt für seien. Das Vorgehen der VW AG sei dabei sittenwidrig, denn staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher seien in großer Zahl systematisch zur Profitmaximierung getäuscht worden. Das Bestreben des Käufers, einen möglichst umweltschonendes Fahrzeug zu erwerben, sei gezielt unterlaufen worden. Angesichts der großen Zahl der manipulierten Fahrzeuge hielten es die Richter des OLG Koblenz auch für ausgeschlossen, dass Mitarbeiter der Volkswagen AG in leitender Stellung keine Kenntnis von den Manipulationen hatten. Diese Kenntnis müsse sich die VW AG zurechnen lassen.

Den Schaden des Klägers sah das OLG Koblenz darin, dass er beeinflusst durch die Täuschung, den Gebrauchtwagenkaufvertrag geschlossen habe und damit eine „ungewollte“ Verbindlichkeit eingegangen sei. Außerdem sei durch die drohende Stilllegung des Fahrzeugs die uneingeschränkte Nutzung in Frage gestellt.
Der Kläger obsiegte gleichwohl nicht in vollem Umfang, denn der Kläger muss sich den Nutzungsvorteil des Fahrzeugs anrechnen lassen.

Da die Revision zugelassen wurde und eine Einlegung durch die Volkswage AG wahrscheinlich ist, bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen wird. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu zivilrechtlichen Ansprüchen im VW-Abgas Skandal gibt es bisher nicht und wird mit Spannung erwartet. Bereits zuvor haben das OLG Köln (Beschluss vom 01.03.2019, Az. 16 U 146/18) und das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 05.03.2019, Az. 13 U 142/18) Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal bejaht.

Apotheken-Geschenke teils unzulässig

Nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Werbegaben wie beispielsweise Taschentücher, Shampoos o.ä. durch Apotheken immer dann unzulässig, wenn sie dem Kunden im Zusammenhang mit dem Kauf rezeptpflichtiger und preisgebundener Arzneimittel überreicht werden. In solchen Fällen liegen in den Werbegaben der Apotheken Verstöße gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes und des Arzneimittelgesetzes. Da es sich bei diesen Vorschriften um sogenannte Marktverhaltensregelungen handelt, stellt eine Missachtung zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar. Wettbewerbsvereine und Mitbewerber können dieses Verhalten deshalb kostenpflichtig abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern.

Der BGH hatte gleich zwei sehr ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden. Zum einen ging es um Brötchen-Gutscheine, die eine hessische Apotheke an ihre Kunden aushändigte (BGH, Urteil v. 06.06.2019 – I ZR 206/17). Zum anderen handelte es sich um Ein-Euro-Gutscheine, die eine Berliner Apotheke ihren Kunden für weitere Einkäufe übergab (BGH, Urteil v. 06.06.2019 – I ZR 60/18). In beiden Fällen wurden die Werbegaben auch bei dem Erwerb rezeptpflichtiger und preisgebundener Arzneimittel ausgehändigt.

Das Heilmittelwerbegesetz gestattet zwar grundsätzlich Geschenke durch Apotheken, wenn es sich um „geringwertige Kleinigkeiten“ handelt. Allerdings müssen dabei nach dem ausdrücklichen Wortlaut des im Jahr 2013 reformierten Heilmittelwerbegesetzes die Preisbindungsvorschriften aus dem Arzneimittelgesetz Beachtung finden, wonach einheitliche Abgabepreise von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu gewährleisten sind. Diese Gesetzesänderung wurde zur Verhinderung eines indirekten Preiswettbewerbs zwischen Apotheken und zur Vermeidung unsachlicher Beeinflussungen der Verbraucher eingeführt. Durch die strenge gesetzliche Preisbindung soll gewährleistet werden, dass die Bevölkerung flächendeckend und gleichmäßig mit Arzneimitteln versorgt werden kann. Eine Verdrängung von Apotheken durch einen Preiswettbewerb – gerade in ländlichen Gebieten – soll unterbunden werden.

Nach Auffassung der Richter sind Werbegaben von konkurrierenden Versandapotheken aus dem EU-Ausland auch bei dem Verkauf verschreibungspflichtiger und preisgebundener Arzneimittel nach wie vor zulässig. Ein in Bezug genommenes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil v. 19.10.2016 – C-148/1) wonach die deutschen Preisbindungsvorschriften wegen eines Verstoßes gegen die innerhalb der EU gewährleistete Warenverkehrsfreiheit nicht für Apotheken im EU-Ausland gelten, soll deutsche Apotheker nicht in unzulässiger Weise diskriminieren. Denn derzeit spielen die ausländischen Apotheken nach Auffassung der Richter des BGH noch eine zu geringe Rolle auf dem deutschen Arzneimittelmarkt. Dies kann sich künftig natürlich ändern – möglicherweise wird in einigen Jahren die Marktstellung von Apotheken aus dem EU-Ausland an Bedeutung gewinnen, wodurch die aktuelle Rechtsprechung wegen dann gegebener Diskriminierung inländischer Apotheker hinfällig werden könnte.

Fraglich bleibt, ob Umgehungen der strengen Preisbindung ebenfalls wettbewerbswidrig sind. So ist es denkbar, dass Apotheken bei gemischten Käufen von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln und anderen Produkten die Zahlungsvorgänge aufspalten und die Werbegabe ausdrücklich für die nicht verschreibungspflichtigen und preisgebundenen Produkte aushändigen.

Wir beraten Sie gerne in sämtlichen Fragen des Werbe- und Wettbewerbsrechts.

BGH stärkt Vermieterrechte bei Zahlungsverzug

Der BGH hat klargestellt, dass eine fristlose außerordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung verbunden werden kann (BGH, Urteile vom 19.09.2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

Der Vermieter, der wegen Zahlungsverzuges des Mieters außerordentlich fristlos kündigt, bringt mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zum Ausdruck, dass er das Mietverhältnis auch dann beenden möchte, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges aufgrund einer sogenannten „Schonfristzahlung“ durch den Mieter nachträglich unwirksam wird. Bei der Schonfristzahlung handelt es sich um eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit des Mieters, eine wirksame außerordentliche Kündigung durch den Vermieter abzuwenden, indem er – zumindest teilweise – die ausstehende Miete doch noch zahlt. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass eine solche Schonfristzahlung keine Auswirkung auf eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hat.

Mit den Entscheidungen hat der BGH die langjährige Praxis sowie die überwiegende bisherige Instanzrechtsprechung zur Kombination einer außerordentlichen Kündigung mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung bestätigt. Ein Berliner Gericht hatte in der Vorinstanz noch zugunsten des Mieters entschieden, dass die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung unwirksam sei, wenn die außerordentliche Kündigung durch die nachträgliche Zahlung des Mieters ihre Wirksamkeit verliert.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu Kündigungen von Mietverhältnissen und in anderen mietrechtlichen Angelegenheiten.

Verbot der kurzzeitigen Vermietung durch WEG unzulässig

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein nachträgliches Verbot für die kurzzeitige Vermietung von Eigentumswohnungen nicht durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer erfolgen kann, sondern es der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer – also auch des betroffenen Eigentümers – bedarf (BGH, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18).

Geklagt hatte eine Wohnungseigentümerin, die sich gegen einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft wendete, der die kurzzeitige Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Mieter untersagte. Der Beschluss erging aufgrund einer in der Teilungserklärung enthaltenen Klausel, die die Änderung der Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75% ermöglichte.

Der BGH hat hervorgehoben, dass Beschlüsse, die auf Grund einer solchen Änderungsklausel ergehen, zwar grundsätzlich nur dann unzulässig sind, wenn sie willkürlich zur Schädigung eines Miteigentümers gefasst werden. Ausnahmsweise erfolge aber eine weitergehende gerichtliche Kontrolle, wenn unverzichtbare oder unentziehbare Rechte der Sondereigentümer von dem Beschluss betroffen seien. Zu solchen „mehrheitsfesten“ Rechten der Sondereigentümer zählt nach der Auffassung des BGH auch die Zweckbestimmung des Teileigentums. Die Zweckbestimmung – also unter anderem die Frage, ob eine kurzzeitige Vermietung erlaubt ist – darf nach der Entscheidung des BGH nur mit Zustimmung des betroffenen Sondereigentümers geändert oder eingeschränkt werden.

Der Mehrheitsbeschluss über das Verbot einer kurzzeitigen Vermietung des Wohnungseigentums stellt nach Auffassung des BGH eine unzulässige Beschränkung dar. Eine Nutzungsänderung ohne den Willen des betroffenen Wohnungseigentümers würde einen unzulässigen Eingriff in dessen grundrechtlich geschütztes Eigentumsrecht darstellen.

Unerheblich ist es dabei, dass die Teilungserklärung mit der Änderungsklausel die Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss ausdrücklich vorgesehen hat. Eine solche Änderungsklausel kann nach dem BGH nicht als unwiderrufliche vorweggenommene Zustimmung zu allen die Gemeinschaftsordnung abändernden Beschlüssen angesehen werden (BGH, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18).
Mangels Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers war der Beschluss über das Verbot der kurzzeitigen Vermietung daher nichtig.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern bei wohnungseigentumsrechtlichen Fragestellungen.

Kritische Äußerungen über Mitbewerber – wettbewerbsrechtliche Grundsätze

Im Presse- und Medienrecht haben Äußerungen über Konkurrenten und Mitbewerber hohe praktische Relevanz. Es stehen sich dabei die Rechte des betroffenen Unternehmens, die Meinungsfreiheit des sich äußernden Marktteilnehmers sowie das Informationsinteresse der Adressaten gegenüber. Äußerungen über Konkurrenten und Mitbewerber – nicht nur in den Medien oder in sozialen Netzwerken – können zudem gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen.

Was ist erlaubt, was nicht? Zwei Beispiele aus der Rechtsprechung

Die deutschen Gerichte beschäftigen sich seit Jahrzehnten regelmäßig damit, die widerstreitenden Interessen in einen einzelfallgerechten Ausgleich zu bringen. Der Bundesgerichtshof und das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. haben aktuell in zwei Fällen zu dieser Thematik geurteilt.

Der Bundesgerichtshof entschied über eine Auseinandersetzung zwischen zwei Konkurrenten, die Bioprodukte für die Medizinbranche herstellen, und wies den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zurück (Urteil v. 07.03.2019 – Az. I ZR 254/16). Gegenstand der Entscheidung war eine Behauptung, wonach der Mitbewerber in der Vergangenheit Produkte unter widerrechtlicher Nutzung von Rezepturen und Betriebsgeheimnissen entwickelt und hergestellt hat. Die Widerrechtlichkeit dieses Verhaltens im Wettbewerb wurde zuvor gerichtlich festgestellt. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch anders als das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht und verneinte einen Unterlassungsanspruch gegen diese Behauptung. Eine unzulässige vergleichende Werbung im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb liege nicht vor, da es an einer Herabsetzung des Mitbewerbers fehle. Ob in einer Behauptung eine Herabsetzung liegt, ist im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei müssen der Inhalt und die Form ebenso wie Kontext und Anlass der Äußerung Berücksichtigung finden. Auch ist einzubeziehen, wie die Behauptung auf den durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten wirkt. Besonderes Gewicht haben die Richter des Bundesgerichtshofs dem Interesse des Beklagten daran beigemessen, seine potentiellen Kunden über den Konkurrenten zu informieren. Und zwar insbesondere darüber, dass die Marktstellung des Konkurrenten im Wettbewerb maßgeblich durch eine gerichtlich festgestellte widerrechtliche Verwertung von Betriebsgeheimnissen erlangt wurde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (Urteil v. 28.03.2019 – Az. 6 U 203/18) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitbewerber äußerte, sein Konkurrent habe noch „eine ganze Reihe vertraglicher Pflichten“ zu erfüllen. Die Äußerung folgte als Reaktion auf den Vorwurf, man habe seinerseits vertragliche Pflichten verletzt. Das Oberlandesgericht stufte die Äußerung als Meinungsäußerung und nicht als Tatsachenbehauptung ein, da der Schwerpunkt der Äußerung im wertenden Bereich liege. Nach einer Gesamtgüterabwägung erklärten die Richter die Äußerung für eine zulässige kritische Meinungsäußerung im Wettbewerb. Besonderes Gewicht wurde dabei dem Umstand beigemessen, dass der betroffene Konkurrent seinerseits zuerst den Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens gegenüber Dritten erhoben hat.

Pauschale Aussagen über die Zulässigkeit von kritischen Äußerungen im Wettbewerb können auch mit Blick auf diese neueren Gerichtsentscheidungen nicht getroffen werden. Eine rechtliche Überprüfung kann im Einzelfall Klarheit schaffen.

Wir beraten Sie gern in Fragen des Presse- und Äußerungsrechts.

Zusatzentgelt für Zahlungen per PayPal und Sofortüberweisung unzulässig

Seit Januar 2018 gilt gemäß § 270a BGB ein umfassendes sogenanntes „Surcharge“-Verbot. Während früher – zum Beispiel in Onlineshops – lediglich eine (zumutbare) kostenlose Zahlungsmethode gegenüber Verbrauchern angeboten werden musste, sind seit 2018 sämtliche Zahlungsaufschläge für Zahlungen durch Überweisung, Lastschrift oder Zahlungskarte unwirksam.

Das Landgericht München hat nun in einem Urteil vom 13.12.2018 (Az. 17 HKO 7439/18) entschieden, dass von diesem Verbot von Entgeltaufschlägen auch Zahlungen per PayPal erfasst sind. Dasselbe gilt für die Nutzung des Dienstes „Sofortüberweisung“. Das Landgericht München begründet diese Entscheidung damit, dass es auch bei der Nutzung des Dienstes Sofortüberweisung letztlich zu einer SEPA-Überweisung komme, die vom Anwendungsbereich des Verbotes erfasst ist. Auch bei PayPal sei zwar ein Online-Bezahldienst „zwischengeschaltet“, der auf den ersten Blick nicht den Kategorien „Überweisung“, „Lastschrift“ oder „Kartenzahlung“ zuzuordnen sei. Letztlich werde das PayPal-Konto jedoch auch bei dieser Zahlungsmethode in den allermeisten Fällen durch Kartenzahlung oder Lastschrift ausgeglichen, sodass das „Surcharge“-Verbot des § 270a BGB auch hier gilt.

Für Betreiber von Online-Shops, die bisher für die Zahlungsmethoden PayPal und Sofortüberweisung eine Gebühr verlangt haben, besteht daher akuter Handlungsbedarf. Denn in der Veranschlagung unwirksamer Zahlungsentgelte liegt ein Wettbewerbsverstoß, der von Verbänden oder Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden könnte.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu Inhalt und Reichweite der im BGB enthaltenen Zahlungsentgelt-Verbote und sonstigen bankrechtlichen Fragen.

Neues Urteil zur Erbschaft digitaler Inhalte

Nachdem der Bundesgerichtshof am 21.6.2018 (Az. III ZR 183/17) ein Grundsatzurteil über die Erbschaft von Zugangsdaten eines Facebook-Accounts verkündete, hat nun im Einklang mit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung das Landgericht Münster (Az. 014 O 565/18) in einer ähnlichen Angelegenheit am 16.04.2019 geurteilt. Apple wurde dabei verpflichtet, den Erben eines verstorbenen Nutzers Zugang zu dessen iCloud zu gewähren.

Im Vorlauf zu der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs haben sich Eltern mit der Betreiberin von Facebook um die Herausgabe der Zugangsdaten zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter vor dem Landgericht und dem Kammergericht in Berlin gestritten. Der Bundesgerichtshof stellte in letzter Instanz fest, dass digitale Inhalte (ebenso wie Briefe oder andere persönliche Dokumente eines Verstorbenen) Teil der Erbschaft sind und der Nutzungsvertrag mit Facebook – wie auch andere Vertragsverhältnisse – auf die Erben übergehen. Die Richter sahen keinen Anlass zur Differenzierung zwischen tatsächlichen Gegenständen und digitalen Inhalten. Sofern die Nutzungsbedingungen des sozialen Netzwerkes vorsehen, dass keine Herausgabe von Zugangsdaten an Erben erfolgt, so handelt es sich nach Auffassung des höchsten deutschen Zivilgerichtes um unwirksame Geschäftsbedingungen mit der Folge, dass die Betreiber von Sozialen Netzwerken sich nicht auf diese berufen können. Die Herausgabe der Zugangsdaten verstößt auch nicht gegen das grundgesetzlich gewährleistete Fernmeldegeheimnis. Kontakte, mit denen sich ein Nutzer über Soziale Medien Nachrichten schreibt, können nicht davon ausgehen, dass die Nachrichten nicht auch von Dritten – etwa den Erben – gelesen werden. Denn auch zu Lebzeiten muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass Dritten Zugang zu einem Account gewährt wird oder ein Account missbraucht wird. Darüber hinaus stellt auch das Datenschutzrecht kein Hindernis für die Herausgabe von Zugangsdaten dar, da dies nur zu Lebzeiten dem Betroffenen Schutz gewährt.

Im Nachgang zu der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs urteilte nun das Landgericht Münster in einer Angelegenheit, in der die Erben eines Verstorbenen Zugang zu einer iCloud verlangten. Apple wurde verurteilt, den Erben Zugang zu gewähren. In einer iCloud werden typischerweise Fotos, Textdateien und andere persönliche digitale Inhalte gespeichert. Die Angehörigen erhofften sich – wie auch im Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte – auf diesem Wege Erkenntnisse über die Umstände des Todes ihres Angehörigen zu erlangen.

In der Praxis sollte es ausreichen, wenn die Erben den Betreiber eines sozialen Netzwerkes oder den Anbieter virtueller Speicherräume unter Vorlage des Erbscheins zur Herausgabe der Zugangsdaten auffordern.

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Geldwäscherechtliche Pflichten für Unternehmen oft unterschätzt

Geldwäscherechtliche Pflichten für Unternehmen

Durch die 4. EU-Geldwäscherichtlinie ist das deutsche Geldwäscherecht (Geldwäschegesetz, GWG) zum Teil erheblich verschärft worden. Geldwäscherechtliche Pflichten wie z.B. die Einrichtung unternehmensinterner Kontrollmechanismen, eine ordnungsgemäße Kundenidentifizierung oder sogar die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten greifen früher als nach der alten Rechtslage. So entstehen weitreichende Pflichten heute bereits bei Bargeldtransaktionen über EUR 10.000 (früher: EUR 15.000). Auch der Handel mit “hochwertigen Gütern” (z.B. Fahrzeuge, Schmuck, Uhren, Edelmetalle etc.) löst geldwäscherechtliche Pflichten aus. Für viele Branchen wie z.B. Immobilienmakler oder Finanzdienstleister gelten zudem besondere Regelungen.

Einführung des Transparenzregisters

Eine weitere Besonderheit des neuen Geldwäscherechts ist die Einführung des sogenannten Transparenzregisters (§§ 18 – 26 GWG). Unternehmen müssen danach unter anderem Meldungen über ihre Gesellschafterstruktur und ggf. die wirtschaftlichen “Hintermänner” (sogenannte wirtschaftliche Berechtigte) machen, sofern sich diese Informationen nicht vollständig aus dem Handelsregister ergeben. Eine Verletzung dieser Pflichten kann im schlimmsten Fall zu empfindlichen Bußgeldern führen.

Was muss ich als Unternehmer tun?

Geldwäscherechtliche Pflichten werden oft unterschätzt. Dies gilt zwar insbesondere für das Transparenzregister, unter das fast jedes (!) Unternehmen in Deutschland fällt. Es gilt aber auch für die allgemeinen geldwäscherechtlichen Pflichten – z.B. im Bereich der Kundenidentifikation bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte.

Gern beraten unsere erfahrenen Experten Sie zu Ihren Pflichten in Sachen Geldwäsche, Transparenzregister und Compliance. Wenden Sie sich gern an unseren Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Sebastian von Allwörden.

Neues Urlaubsrecht nach dem Europäischen Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit zwei Entscheidungen im November 2018 die in Deutschland seit Jahren gelebte Praxis im Urlaubsrecht auf den Kopf gestellt. Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass die Ansprüche ihrer Arbeitnehmer auf Jahresurlaub fortan entgegen der Regelung des Bundesurlaubsgesetzes nicht automatisch mit Ablauf des 31. Dezember oder mit Ablauf des 31. März im Folgejahr verfallen.

Nach der neuen Rechtsprechung des EuGH müssen Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage sein, ihren Jahresurlaub zu nehmen. Dies soll nur der Fall sein, wenn der Arbeitgeber erforderlichenfalls zur Planung und Beantragung des Urlaubs auffordert und rechtzeitig auf einen möglichen Verfall nicht genommener Urlaubstage hinweist. Beachten Arbeitgeber diese Anforderungen nicht, so ist der Jahresurlaubsanspruch von Arbeitnehmern unbegrenzt übertragbar.

Welche konkreten Voraussetzungen damit seitens der Arbeitgeber zu erfüllen sind, wird sich durch die künftige Rechtsprechung deutscher Arbeitsgerichte zeigen. Jedenfalls ist es aus Arbeitgebersicht geboten, Kontroll- und Steuerungsmechanismen anzuwenden. So könnten in etwa im Laufe des dritten Quartals Arbeitnehmer, die ihren Jahresurlaub noch nicht genommen haben, unter konkretem Hinweis auf einen drohenden Verfall ihres Urlaubsanspruchs zur Planung und Beantragung ihres restlichen Urlaubs aufgefordert werden. Arbeitgeber sollten dafür Sorge tragen, dass derartige Aufforderungen im Falle einer Auseinandersetzung nachweisbar sind.

Auch auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen wirkt sich die neue Rechtsprechung des EuGH aus. Denn die etablierte Differenzierung zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und zusätzlich gewährtem Urlaubsanspruch aus dem Arbeitsvertrag kann auch künftig in Arbeitsverträgen vereinbart werden. Klauseln zum Verfall von Urlaubsansprüchen können dahingehend gestaltet werden, dass zumindest für vertragliche Urlaubsansprüche die bekannten Automatismen zum Verfall der Urlaubsansprüche zum Jahresende bzw. zum 31. März des Folgejahres vereinbart werden.

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