Skip to main content

Arztbewertungsportal muss neutraler Informationsmittler sein

Ein Internetportal zur Bewertung von Ärzten (wie z.B. jameda) darf zahlenden Premiummitgliedern grundsätzlich keine verdeckten Vorteile gegenüber nicht zahlenden Basismitgliedern gewähren. Dies entschied das Landgericht München I in zwei Fällen, die noch keine Rechtskraft erlangt haben (Urteile vom 06.12.2019 – 25 O 13978/18 und 25 O 13979/18). Es hatten mehrere Ärzte gegen die Portalbetreiberin auf Löschung ihrer Profile geklagt, die ohne deren Einwilligung angelegt wurden. Bei Aufruf dieser Profile erschienen Verlinkungen zu Beiträgen sogenannter „Expertenratgeber“, die von zahlenden Premiummitgliedern veröffentlicht wurden. Auf den Profilen der zahlenden Mitglieder wurden hingegen keine Fremdbeiträge verlinkt. Nach Auffassung der Richter entstehe dadurch der Eindruck gesteigerter Kompetenz der Premiummitglieder gegenüber den Basismitgliedern, wodrin das Gericht einen „verdeckten Vorteil“ für die zahlenden Mitglieder sah. Es finde folglich keine neutrale Informationsvermittlung statt.

Streitig war vor allem die Frage nach der konkreten Ausgestaltung eines solchen Portals. Denn das Gericht hielt das Ärztebewertungsportal für grundsätzlich sinnvoll und sprach Ärztebewertungsportalen eine wichtige gesellschaftliche Funktion zu. Dies könne aber nur gelten, solange eine neutrale Informationswiedergabe erfolge. In diesem Zusammenhang billigte das Gericht ausdrücklich Funktionen, mit denen zahlende Premiumkunden gegenüber Basismitgliedern mehr Informationen über ihre ärztlichen Leistungen veröffentlichen können.

Der zivilrechtliche Löschungsanspruch wurde den klagenden Ärzten unter Heranziehung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zugesprochen. Es handele sich bei dem Betrieb eines Bewertungsportals im Falle einer Privilegierung einzelner (zahlender) Mitglieder nicht um datenschutzrechtlich privilegierte journalistische Zwecke im Sinne der DSGVO.

Aus den Entscheidungen folgt, was wenig überrascht, dass Ärzte umgekehrt die Anlegung eines Profils in neutralen Ärztebewertungsportalen auch ohne ihre Einwilligung hinnehmen müssen. Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits im Jahr 2009 in Bezug auf ein Lehrerbewertungsportal dahingehend positioniert, dass ein aus öffentlich verfügbaren Daten zusammengestelltes Profil eines Lehrers, welches ausschließlich die berufliche Tätigkeit des Lehrers betrifft, nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletze und hinzunehmen sei (BGH, Urteil v. 23.06.2009 – VI ZR 196/08).

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie im Medien– und Presserecht. Unser Partner Benjamin von Allwörden ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht. Kontaktieren Sie uns jetzt!

Wertstoffsammelstelle begründet keinen Mangel beim Kauf einer Eigentumswohnung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat sich in einer Entscheidung (Urteil v. 21.01.2020, Az. I-21 U 46/19) mit der Frage beschäftigt, ob die räumliche Nähe zu einem Wertstoffcontainer einen kaufrechtlichen Mangel einer Eigentumswohnung darstellt.

In dem vom OLG zu entschiedenen Fall hatten die Käufer einer Eigentumswohnung die Verkäuferin auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Kläger hatten von der Beklagten eine Eigentumswohnung im 2. Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses, das die Beklagte als Bauträgerin errichtete hatte, erworben. Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages ließ die Stadt auf der dem Haus gegenüber liegenden Straßenseite auf einem städtischen Grundstück eine Altglas- und Altpapierentsorgungsanlage bestehend aus vier großen Niederflurcontainern errichten. In dem Verkaufsprospekt der Beklagten wurde hierauf ebenso wenig hingewiesen wie in dem Werbevideo der Beklagten. Die Information über die Pläne der Stadt waren allerdings bei dieser für jedermann öffentlich abrufbar.
Die Kläger sahen hierin einen Mangel der gekauften Eigentumswohnung. Außerdem machten die Kläger geltend, dass die Verkäuferin ihnen arglistig verschwiegen habe, dass die Stadt plane, Container aufzustellen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Die Containeranlage stelle keinen Mangel der Eigentumswohnung dar. Das OLG sah keine erhebliche Beeinträchtigung durch die Container. Die u.a. akustischen und optischen Beeinträchtigungen der Container seien als sozialadäquat hinzunehmen. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften wurden ebenfalls eingehalten.

Das Oberlandesgericht lehnte auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht ab und folgte der Argumentation der Kläger bezüglich einer arglistigen Täuschung nicht. Nach Ansicht des OLG hat die Beklagte keine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Denn eine solche besteht nur, wenn der andere Vertragsteil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung die Aufklärung über einen Umstand redlicher weise erwarten durfte. Es besteht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade keine Pflicht, sämtliche Umstände die für die Entscheidung des anderen Teils von Relevanz sein könnten, zu offenbaren. Vielmehr obliegt es grundsätzlich jeder Vertragspartei, sich selbst und auf eigene Kosten Informationen zu beschaffen. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn ein Informationsgefälle zwischen den Parteien besteht. Ein solches sah das OLG Düsseldorf nicht. Vielmehr handelte es sich um eine für jedermann öffentlich zugängliche Information die bei der Stadt abrufbar war.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu allen Fragen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Immobilie und in Fragen der Mängelhaftung.

Vorübergehende Gesetzesänderung wegen Corona-Pandemie

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur COVID-19-Pandemie sieht weitreichende Übergangsregelungen in den Bereichen Zivilrecht, Mietrecht, Darlehensrecht und Insolvenzrecht vor.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf veröffentlich, der zahlreiche vorübergehende Änderungen (überwiegend vorläufig bis 30.09.2020) vorsieht. Es handelt sich zunächst um einen Entwurf, der noch durch den Gesetzgeber beschlossen werden muss.

Der Entwurf sieht nach erster Auswertung folgende zentrale Regelungen vor:

  • Für vor dem 8. März 2020 geschlossene Verträge gilt ein weitereichendes Leistungsverweigerungsrecht für Schuldner, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Leistungen nicht erbringen können. Es gibt hier im Entwurf jedoch ein komplexes Reglement mit Ausnahmen und Rückausnahmen.
  • Vermieter können wegen auf der Corona-Pandemie beruhenden Zahlungsausfällen ihrer Mieter bis 30.09.2020 keine außerordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs mehr aussprechen. Die Zahlungsverpflichtungen bleiben jedoch ausdrücklich bestehen.
  • Darlehensnehmer, die aufgrund der Corona-Pandemie ihren Zahlungsverpflichtungen aus vor dem 08. März 2020 geschlossenen Kreditverträgen nicht mehr nachkommen können, können die Zahlungen aussetzen, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen. Die Zahlungen werden jedoch nur gestundet.
  • Die Insolvenzantragspflicht ist bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.
  •  Hauptversammlungen und Vereinssitzungen können vorläufig per Fernkommunikationsmitteln durchgeführt werden (virtuell)

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu den anstehenden Änderungen und den Auswirkungen auf Ihre Vertragsverhältnisse. Wir sind in der Lage, Mandate vollständig digital zu bearbeiten und auch mit Gerichten und Behörden digital zu kommunizieren. Auch können wir Telefonkonferenzräume für Besprechungen zur Verfügung stellen.

Sie erreichen uns per Telefon (04141 80299 20) oder E-Mail (office@va-ra.com).

Der Gesetzentwurf im Download 

Zur Wirksamkeit von AGB-Änderungen via „Pop-Up“-Fenster

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in einem nun veröffentlichten Beschluss aus November 2019 (Beschluss v. 19.11.2019 – Aktenzeichen: 4 U 1471/19) bestätigt, dass eine Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) auch dann wirksam sein kann, wenn die Änderung dem Vertragspartner (Kunden) via „Pop-Up“-Fenster in dessen Internet-Browser mitgeteilt und von diesem durch Anklicken („Bestätigungs-Button“) akzeptiert wird.

Der Entscheidung lag ein Streit zwischen einer bekannten Social-Media-Plattform und einem Nutzer zugrunde, dessen Nutzerkonto von der Plattform wegen rassistischer Äußerungen gesperrt wurde. Die Plattform verwies im Zusammenhang mit der Sperrung unter anderem auf die aktuelle Fassung der Nutzungsbedingungen (AGB), deren letzte Änderung der Nutzer durch einen Bestätigungs-Klick in einem Pop-Up-Fenster akzeptiert hatte. Der Nutzer argumentierte, die AGB-Änderung sei nicht wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Plattform einbezogen worden, da eine Bestätigung per Klick in einem Pop-Up-Fenster nicht ausreiche. Dieser Argumentation folgte das OLG Dresden jedoch nicht: Änderungen von AGB seien – wie jeder andere Vertragsschluss und jede Vertragsänderung auch – durch entsprechende übereinstimmende Willenserklärung der Parteien möglich. Der Nutzer habe die geänderten AGB in dem Pop-Up-Fenster zur Kenntnis nehmen können und es habe ihm freigestanden, die Änderungen entweder zu akzeptieren oder abzulehnen.

Daher kam es auch auf die in den AGB der Plattform enthaltene Möglichkeit, die AGB „einseitig“ zu ändern, nicht an. Solche einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sind nach deutschem Recht zwar problematisch und häufig unwirksam – da der Nutzer die Änderung aber ausdrücklich durch Anklicken akzeptiert hatte, lag eine einseitige Änderung gerade nicht vor, sondern eine beiderseitige einvernehmliche Änderung.

Auch folgte das Gericht der Argumentation des Nutzers nicht, dass eine Ablehnung zur Schließung seines Kontos geführt hätte und er sich deshalb in einer „Friss-oder-Stirb“-Situation befunden habe, in der keine ernsthafte Möglichkeit bestanden habe, die AGB-Änderung abzulehnen. Das Gericht sah in den AGB der Klägerin, die eine Kontosperrung im Falle von Hassreden und sonstigen menschenverachtenden Äußerungen auf der Plattform vorsehen, keine unzulässige Diskriminierung des Nutzers.

Das OLG Dresden bestätigt im Hinblick auf AGB-Änderungen in Pop-Up-Fenstern, die durch den Vertragspartner akzeptiert werden (Bestätigungs-Klick), die bisherige Rechtsprechung zu dieser Thematik und unterstreicht, dass AGB durchaus auf diese Weise wirksam geändert werden können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie zur rechtssicheren Gestaltung von AGB – sowohl im online- als auch im offline-Bereich.

Nehmen Sie jetzt unverbindlich Kontakt mit uns auf!

Wettbewerbsrecht: Irreführende Werbung für PKW

Werbemaßnahmen für Autos sind regelmäßig Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen. Dabei stellt sich im Wesentlichen die Frage, welche Informationen über das Produkt und den Verkäufer angegeben werden müssen, damit sich der mit der Werbung angesprochene Verbraucher ein vollständiges und zutreffendes Bild von den Eigenschaften des Produkts, den Kosten und seinem möglichen Vertragspartner machen kann.

Im Zusammenhang mit den Verkaufsangeboten von Autohändlern in Portalen für Gebrauchtwagen kommt den Angaben zu den durchschnittlichen Verbrauchswerten und dem CO2-Austoß des angebotenen Fahrzeugs praktisch eine hohe Bedeutung zu. Unterlassene Angaben führen oftmals zu kostspieligen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.

In jüngerer Zeit entschieden der Bundesgerichtshof (BGH) und das OLG Köln zwei Fälle, in denen es um die lauterkeitsrechtliche Bewertung klassischer Anzeigen in Printmedien ging. Der BGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass ein „Angebot“ im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht voraussetzt, dass alle wesentlichen Merkmale des Produkts angegeben sind (BGH, Urteil v. 18.10.2017 – I ZR 84/16). Eine „Aufforderung zum Kauf“ liege bei europarechtskonformer Auslegung auch dann schon vor, wenn die Merkmale des Produkts und der Preis in der Weise in angemessenem Umfang angegeben werden, dass der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine Kaufentscheidung zu treffen. Anders ist dies bei reiner Image- oder Aufmerksamkeitswerbung, die keine direkte Aufforderung zum Kauf und damit kein Angebot im Sinne des UWG enthält. Für Letztere gelten folglich geringere Anforderungen an Informationspflichten.

Der BGH befand die Zeitungsanzeige eines Händlers der Marke Suzuki für wettbewerbswidrig, da Vor- und Zuname des Einzelkaufmanns, der die Anzeige verantwortete, nicht in der Werbung, die eine Aufforderung zum Kauf beinhaltete, angegeben waren. Nach Auffassung des BGH hätten diese Informationen in der Anzeige angegeben werden müssen, damit sich der angesprochene Verbraucher ein Bild von seinem möglichen Vertragspartner machen kann.

Das OLG Köln entschied, dass bei der Bewerbung verschiedener Ausführungen eines PKW-Modells der Marke Mitsubishi auf einer Abbildung einerseits (Top-Modell) und im Text andererseits (Basis-Modell) auch bei der Preisangabe zwischen den verschiedenen Modellen differenziert werden muss (OLG Köln, Urteil v. 27.02.2019 – 6 U 155/18). Dies folgt daraus, dass die bildliche Darstellung des Top-Modells ein eigenes qualifizierten Angebot, also eine eigenständige Aufforderung zum Kauf beinhalten soll. Dem OLG zufolge ist es deshalb erforderlich, dass der Gesamtpreis des Top-Modells als wesentliche Information angegeben werden muss. Der in der Praxis gebräuchliche Hinweis, das abgebildete Fahrzeug enthalte Sonderausstattungen, kann nach dieser Entscheidung im Einzelfall unzureichend sein, wenn gleichzeitig mit dem Grundpreis für eine Modellreihe geworben wird.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu werberechtlichen Themen. Sprechen Sie uns bei Bedarf gern an.

Kündigung von Sparverträgen – Ein Überblick

Die seit der Finanzkrise 2007/2008 anhaltende Niedrigzinsphase hat einige Finanzinstitute veranlasst, gut verzinsliche Sparverträge zu kündigen oder die Sparer zur Kündigung zu bewegen. Ökonomen prognostizieren, dass die Zeiten niedriger Zinsen noch lange andauern können. Deshalb und bedingt durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Mai 2019 (BGH XI ZR 345/18) sind weitere „Kündigungswellen“ von lukrativen Sparverträgen zu erwarten. Die Praxis zeigt, dass Banken und Sparkassen hier oft am „längeren Hebel sitzen“.

Ist die Kündigung meines Sparvertrags durch die Sparkasse wirksam?

Der BGH hatte über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages einer Sparkasse zu entscheiden. Der Kläger hatte im Jahr 1996 einen Sparvertrag – „S-Prämiensparen fexibel“ abgeschlossen. Dieser Prämiensparvertrag, der so oder in ähnlicher Form von vielen Sparkassen verwendet wurde, sah einen monatlichen Sparbetrag von DM 200,00 vor und eine variable Verzinsung der Spareinlage. Ausweislich des Sparvertrages zahlte die Sparkasse außerdem am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche Sparprämie auf die geleisteten Sparbeiträge, wobei sich die Prämie nach Maßgabe der im Sparvertrag vorgesehenen Prämienstaffel erhöhte. Die im vom BGH zu entscheidenden Fall vereinbarte Prämienstaffel stellte für das 15. Sparjahr die höchste Prämie in Aussicht. Eine feste Laufzeit oder eine Mindestlaufzeit war in dem Sparvertrag hingegen nicht vorgesehen.

Neben der Frage der rechtlichen Einordnung des Prämiensparvertrages – der BGH qualifiziert diesen als unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gem. § 700 BGB – ging es in dem Fall maßgeblich um die Kündigungsrechte der beklagten Sparkasse. Der BGH urteilte, dass bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge bis zu einem bestimmten Sparjahr ansteigen, das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist. Da im zu entscheidenden Fall die höchste Prämienstufe bereits erreicht war und die Laufzeit des Vertrages nicht befristet war, entschied der BGH, dass die Kündigung der beklagten Sparkasse wirksam war.

Ob Finanzinstitute berechtigt sind, Sparverträge zu kündigen, hängt im Einzelfall von der konkreten Ausgestaltung des Sparvertrages ab: Sieht der Vertrag eine bestimmte Laufzeit vor? Sieht der Vertrag eine Prämienstaffel vor? Ist die höchste Prämienstufe bereits erreicht und auch gezahlt worden?

Bedeutet die BGH-Entscheidung, dass jeder Prämiensparvertrag gekündigt werden kann?

Neben der oben zitierten Entscheidung des BGH sind zur Wirksamkeit der Kündigung unterschiedlich ausgestalteter Sparverträge bereits viele gerichtliche Entscheidungen ergangen. So entschied beispielsweise das OLG Dresden (8 U 1770/18), dass bei Prämiensparverträgen, die in den Vertragsbedingungen die Prämienstaffel für einen Zeitraum von 99 Jahren auflisten, eine ordentliche Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen ausgeschlossen ist.

Neben den vertraglich festgelegten Sparbedingungen können im Einzelfall auch Versprechungen der Finanzinstitute aus Werbeflyern und Prospekten relevant werden. Allerdings stellt die Rechtsprechung hieran recht strenge Anforderungen: Der BGH qualifizierte in der oben genannten Entscheidung die im Werbeflyer enthaltene Musterrechnung, die eine Laufzeit von 25 Jahren zugrunde legte, lediglich ein Rechenbeispiel, dem keine verbindliche Aussage zur Vertragslaufzeit entnommen werden könne. Das OLG Dresden (Az. 8 U 52/19) sah in Beispielsrechnungen, die eine Laufzeit von 99 Jahren zugrunde legen, keine verbindliche Vereinbarung der vertraglichen Laufzeit. Darüber hinaus muss ein Sparer darlegen, dass die Angaben in Werbeflyern auch entscheidend für den Vertragsschluss waren. Das OLG Stuttgart (Az. 9 U 31/15) urteilte dagegen, dass die Angaben in einem Werbeflyer unter bestimmten Voraussetzungen Vertragsbestandteil werden können und damit für die Frage der Laufzeit und der Wirksamkeit der Kündigung relevant sein können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten im Bank- und Kapitalmarktrecht.

Crowdinvesting – Ein Überblick

Was ist Crowdinvesting?

Crowdinvesting (Schwarmfinanzierung) oder Crowdfunding ist eine alternative Finanzierungsform, bei der von vielen Anlegern Gelder eingesammelt werden. Crowdinvesting kann zur Finanzierung verschiedenster Projekte genutzt werden – neben Finanzierung einer Unternehmensgründung können beispielsweise auch bestimmte Projekte im Bereich der Filmfinanzierung oder auch Immobilen durch Crowdfunding finanziert werden. Crowdinvesting wird häufig über Internetplattformen organisiert. Bekannte Crowdinvesting-Plattformen sind beispielsweise Seedmatch und Companisto.

Welcher rechtliche Rahmen gilt hier?

Aus rechtlicher Sicht sind beim Crowdinvesting verschiedene Aspekte interessant: Zum einen die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Beteiligten. Neben dem Unternehmer, der durch das Crowdinvesting Geld für ein Projekt einsammeln möchte, sind dies die Vielzahl von Anlegern sowie regelmäßig der Plattformbetreiber als weiterer Akteur. Zum anderen stellen sich regulatorische, also aufsichtsrechtliche Fragestellungen, d.h. insbesondere: Welcher besonderen Erlaubnisse bedarf es für den kapitalsuchenden Unternehmer und den Plattformbetreiber und welche Informationspflichten treffen den Unternehmer und den Plattformbetreiber einer Crowdfundingplattform gegenüber Anlageinteressenten?

Der Gesetzgeber hat bereits 2015 mit dem Kleinanlegerschutzgesetz auf das Phänomen des Crowdinvestings reagiert. Unter anderem wurde zum Schutz der Anleger eine Pflicht zur Erstellung eines Vermögensanlage-Informationsblattes nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) vom Gesetzgeber implementiert.

Benötigen die Anbieter eine Lizenz?

Die Lizenzpflichten des Plattformbetreibers hängen von der genauen Ausgestaltung des Geschäftsmodells ab. Denkbar ist beispielsweise, dass der Plattformbetreiber Finanzdienstleistungen oder Bankgeschäfte betreibt und einer entsprechenden Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz (KWG) bedarf. Erlaubnispflichten können sich auch aus dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder der Gewerbeordnung ergeben. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zuständige Behörde prüft in jedem Einzelfall, welche Erlaubnistatbestände einschlägig sind. Für den kapitalsuchenden Unternehmer stellt sich u.a. die Frage, ob er ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betreibt.

Wie ist der Vertrag zwischen Anbieter und Anlegern ausgestaltet?

Die Ausgestaltung der privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Anlegern und dem Unternehmen, das Kapital einsammelt, sowie zwischen dem Plattformbetreiber, den Anlegern sowie dem Unternehmen kann ebenfalls variieren. Es bedarf stets einer Einzelfallprüfung. Denkbar ist beispielsweise, dass zwischen den Anlegern und dem kapitalaufnehmenden Unternehmen sog. partiarische (Nachrang-)Darlehen bestehen. Hierbei handelt es sich im Grundsatz um einen Darlehensvertrag im Sinne des § 488 BGB mit der Besonderheit, dass dem Darlehensgeber – im Falle des Crowdinvestings der Anleger – neben einem Anspruch auf Kapitalrückzahlung (sowie ggf. einem Zinsanspruch) auch einen Anspruch auf prozentuale Beteilung am Unternehmenserfolg zusteht. Sofern das Darlehen als Nachrangdarlehen ausgestaltet ist, wird der Darlehensgeber in der Insolvenz oder bei Liquidation des Darlehensnehmers erst nachranging, d.h. nach den anderen Insolvenzgläubigern, befriedigt. Andere zivilrechtliche Gestaltungen – z.B. eine echte gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Anleger am Unternehmen – sind möglich.

Durch das Kleinanlegerschutzgesetz hat der Gesetzgeber in § 2d VermAnlG zudem ein besonderes Widerrufsrecht für das Crowdinvesting normiert – vergleichbar den gesetzlichen Widerrufsrechten im Onlinehandel oder bei Verbraucherdarlehensverträgen. Dieses Widerrufsrecht kann auch nicht zulasten des Anlegers ausgeschlossen werden.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte bei rechtlichen Fragen zum Thema Crowdinvesting. Unser Partner Dr. Sebastian von Allwörden ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und berät laufend Startups und etablierte Dienstleister im Bereich Fintech, alternative Finanzierungsformen und Crowdinvesting.

Verjährungsbeginn bei unklarer Rechtslage

Beginnt die Verjährung auch, wenn wichtige Rechtsfragen für den Anspruch noch ungeklärt sind?

Dass zivilrechtliche Ansprüche einer Verjährung unterliegen, kann als allgemein bekannt bezeichnet werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat nun entschieden, dass die Verjährungsfrist auch dann beginnen kann, wenn eine für den Anspruch maßgebliche Rechtsfrage noch nicht durch den Bundesgerichtshof geklärt ist (Urteil v. 25.07.2019, Az. 1 U 169/18). Auch vor einem solchen klärenden höchstrichterlichen Urteil kann nämlich die Rechtslage – für einen rechtskundigen Berater – schon ausreichend klar sein, sodass dem Gläubiger eine Klageerhebung zumutbar ist.

Hintergrund für Interessierte: Das Recht der Verjährung im BGB
Die regelmäßige Verjährungsfrist im deutschen Zivilrecht beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Diese drei Jahre beginnen jedoch erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger „von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste“ (§ 199 BGB). Entsteht ein Anspruch also im Januar und hat der Gläubiger – was in der Regel der Fall ist – von den anspruchsbegründenden Umständen auch Kenntnis, so kann die regelmäßige Verjährungsfrist annähernd vier Jahre betragen, da die oben genannte Drei-Jahres-Frist erst am Schluss des Entstehungsjahres beginnt. Es existieren im deutschen Zivilrecht allerdings zahlreiche Ausnahmen, Höchstfristen und abweichende Verjährungsfristen für bestimmte Ansprüche, sodass die konkrete Verjährung im Einzelfall stets juristisch geprüft werden muss. Auch die genauen Voraussetzungen des Verjährungsbeginns sind oft Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen und bedürfen daher einer fachkundigen Prüfung.

In der oben genannten Entscheidung hat das OLG Frankfurt sich nun zu der Frage positioniert, wann von einer hinreichenden Kenntnis des Gläubigers von den „anspruchsbegründenden Umständen“ ausgegangen werden kann. Das Gesetz sieht, wie gesagt, vor, dass der Gläubiger die anspruchsbegründenden Umstände tatsächlich kannte oder „ohne grobe Fahrlässigkeit“ kennen musste. Mit anderen Worten: Ist der Gläubiger zwar in Unkenntnis über die anspruchsbegründenden Umstände, so beginnt gleichwohl die Verjährung, wenn diese Unkenntnis „grob fahrlässig“ war.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine solche grobe Fahrlässigkeit nicht vorliegt, wenn der Gläubiger aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen davon ausgehen durfte, dass er – aus rechtlichen Gründen – keinen Anspruch gegen den Schuldner hat. Existieren also z.B. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die in einer bestimmten Konstellation einen Anspruch verneinen, so beginnt die Verjährung dieses Anspruchs erst, wenn sich herausstellt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung sich ändert und nun doch ein Anspruch angenommen wird. Vor einer solchen „Rechtsprechungs-Korrektur“ ist die Klageerhebung dem Gläubiger – wegen der bis dahin entgegenstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht zumutbar. Solche Konstellationen hat es durchaus in der Praxis schon gegeben (man beachte jedoch die Verjährungshöchstfristen, die auch hier irgendwann einen zeitlichen „Schlussstrich“ setzen).

Schwieriger zu bewerten sind vor diesem Hintergrund Meinungsstreitigkeiten in der rechtswissenschaftlichen Literatur und Rechtsprechung, die noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. Reicht es etwa für eine nicht grob fahrlässige „Unkenntnis“ des Gläubigers aus, dass die Frage, ob ein Anspruch besteht oder nicht, von verschiedenen Instanzgerichten unterschiedlich beantwortet und in der Literatur kontrovers diskutiert wird? Oder beginnt auch in einem solchen Fall die Verjährung des Anspruchs im Jahr seiner Entstehung?

Die Rechtsprechung legt hier strenge Maßstäbe an: Eine „unklare Rechtslage“ führt nicht automatisch dazu, dass die Verjährung nicht beginnt. Gläubiger sind vielmehr verpflichtet, das Bestehen von Ansprüchen im Zweifel juristisch prüfen zu lassen. Erst wenn auch ein rechtskundiger Berater, also insbesondere ein Rechtsanwalt, nicht in der Lage ist, das Bestehen eines Anspruchs zuverlässig einzuschätzen, kann der Verjährungsbeginn in seltenen Fällen tatsächlich bis zur Klärung der streitigen Frage aufgeschoben sein. Dies ist, so das OLG Frankfurt, jedoch nicht automatisch dann der Fall, wenn eine unklare Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Auch wenn also noch kein „BGH-Urteil“ in einer bestimmten Rechtsfrage existiert, kann die Verjährung eines Anspruchs durchaus beginnen.

So hat das OLG Frankfurt in dem entschiedenen Fall eine Verjährung des Anspruchs angenommen: Aus Sicht des OLG war das Abwarten der späteren BGH-Entscheidung nicht erforderlich, um die für den Verjährungsbeginn maßgebliche „Kenntnis“ der anspruchsbegründenden Umstände zu erlangen. Die Rechtslage war auch vor der BGH-Entscheidung für einen Rechtskundigen schon so übersichtlich, dass eine Klageerhebung dem Gläubiger zumutbar gewesen wäre.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu zivil- und prozessrechtlichen Fragestellungen.

Zur (un)zulässigen Verdachtsberichterstattung

Wird in Medien über Ermittlungsverfahren und Strafprozesse berichtet, gelten strenge Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung. Die Medienberichte bewegen sich im Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Person – insbesondere dem Schutz vor einer medialen Vorverurteilung – einerseits und einem öffentlichen Informationsinteresse der Bevölkerung an Ermittlungs- und Strafverfahren andererseits.

Unter welchen Voraussetzungen ist Verdachtsberichterstattung zulässig?

Unter welchen Umständen eine Verdachtsberichterstattung, die naturgemäß die Verbreitung nicht erwiesener Tatsachen zum Gegenstand hat, zulässig ist, beschäftigt seit jeher die deutschen Gerichte. Dabei wurden in höchstrichterlicher Rechtsprechung die folgenden Zulässigkeitskriterien herausgebildet: Es muss ein sogenannter Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegen, aus dem der Verdacht hervorgeht. Der Betroffene darf durch die Berichterstattung nicht vorverurteilt werden, die Darstellung muss also als Verdacht und ergebnisoffen erfolgen. Darüber hinaus muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, so dass ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit besteht. Der betroffenen Person ist immer zwingend eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten.

Dass diese im Grundsatz geltenden Kriterien in der Praxis regelmäßig zu juristischen Auseinandersetzungen führen, erklärt sich fast schon von selbst. Denn über die genauen Anforderungen an jedes Kriterium lässt sich im Einzelfall trefflich streiten. Es stellt sich dabei immer die Rechtsfrage, ob eine Verdachtsberichterstattung in den Täter identifizierender Weise rechtmäßig ist oder eine anonymisierte Darstellung erforderlich und zur Befriedigung des öffentlichen Informationsinteresses ausreichend gewesen wäre.

Aktuelle Entwicklungen

Aktuell hatte sich das Landgericht Köln mit der Frage nach der Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung zu beschäftigen (Landgericht Köln, Beschluss vom 18.09.2019 – 29 O 344/19). Mit der Entscheidung wurde dem Verlag einer Boulevard-Zeitung untersagt, über das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen einen bekannten Fußballspieler wegen des Verdachts, kinderpornografische Inhalte verbreitet zu haben, zu berichten. Nach Auffassung des Gerichts habe die Bildberichterstattung nach ihrem Gesamteindruck den Betroffenen in unzulässiger Weise vorverurteilt. Überdies habe es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen gefehlt, der für eine Richtigkeit des Verdachts hätte sprechen können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in Fragen des Medien-und Presserechts.

Wettbewerbswidriger Abdruck einer Pressemitteilung

Die fast wörtliche Veröffentlichung einer Pressemitteilung kann wettbewerbswidrig sein, wenn der Presseartikel über ein Unternehmen durch die Leserschaft als unabhängige Berichterstattung wahrgenommen und das Unternehmen überaus positiv dargestellt wird.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. bewertete die Veröffentlichung einer Pressemitteilung in einer unanfechtbaren Entscheidung als unzulässige Schleichwerbung seitens eines Presseverlags (Beschluss v. 22.08.2019 – 6 W 64/19). Wettbewerbsrechtlich gelten getarnte geschäftliche Handlungen im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG grundsätzlich als unlauter. Die Veröffentlichung eines Presseartikels stelle wegen der objektiven Förderung fremden Absatzes eine geschäftliche Handlung zugunsten eines Unternehmens dar, wenn es nicht vorrangig um die sachliche Information und Meinungsbildung der Leser gehe.

Dem Beschluss lag die redaktionelle Veröffentlichung einer Pressemitteilung zugrunde, in der über eine Spende eines Unternehmens berichtet wurde. Dabei wurden Politiker mit positiven Äußerungen in Bezug auf dieses Unternehmen zitiert. Der Artikel hätte nach Auffassung des Gerichts mit „Anzeige“ oder „Werbung“ gekennzeichnet werden müssen, da bei der Leserschaft der unzutreffende Eindruck erweckt wurde, Journalisten hätten den Bericht recherchiert und Interviews geführt.

Bei der Feststellung einer Wettbewerbswidrigkeit müssen stets die gesamten Umstände einer Veröffentlichung berücksichtigt werden. Positive Berichterstattungen bewegen sich oft im Spannungsfeld zwischen Pressefreiheit und geschäftlichen Handlungen.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in Rechtsfragen aus dem Bereich der Öffentlichkeits- und Pressearbeit.

Call Now Button