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Gericht kippt Löschfristen der SCHUFA

Das Oberlandesgericht Schleswig erklärte mit einer aktuellen Entscheidung eine weit verbreitete Praxis der Bonitäts-Auskunfteien für rechtswidrig (Urteil v. 02.07.2021 – 17 U 15/21). Geklagt hatte ein Unternehmer, dem nach einer Privatinsolvenz eine amtsgerichtliche Restschuldbefreiung erteilt wurde. Die SCHUFA Holding AG hielt die Information der Restschuldbefreiung unter Nennung des Datums in Ihrer Datenbank zum Zwecke eines Abrufes durch Dritte vor. Der Kläger berief sich darauf, dass ihm wegen der Datenverbreitung durch die SCHUFA eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht möglich sei. Als der Löschungsanspruch geltend gemacht wurde, lag die Rechtskraft des Beschlusses über die Restschuldbefreiung bereits mehr als sechs Monate zurück. Dem Löschungsanspruch wurde stattgegeben, da das Gericht keine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung erkennen konnte.

Warum wurde dem Löschungsanspruch stattgegeben?

Das Oberlandesgericht prüfte alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung, die dem geltend gemachten Löschungsanspruch des Klägers hätten entgegenstehen können. Die potentiellen Rechtfertigungsgründe wurden insgesamt verneint.

Welche Rechtsgrundlagen kommen für die Datenverarbeitung in Betracht?

Eine Einwilligung des Klägers in die Datenverarbeitung lag nicht vor. Als Rechtsgrundlage konnte auch kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien herangezogen werden. Die Ausübung „öffentlicher Gewalt“ wurde dem privatrechtlichen Unternehmen erneut abgesprochen (so auch LG Frankfurt, Urteil v. 20.12.2018 – 2-05 O 151/18). Darüber hinaus verneinte das Gericht auch eine Datenverarbeitung „im öffentlichen Interesse“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e) DSGVO. Zwar komme Auskunfteien im Grundsatz eine Funktion im Wirtschaftsleben zu, die öffentliche Interessen befriedigt. Gleichwohl sei diese spezifische Datenverarbeitung und die Dauer der Verarbeitung kein „Erfordernis“, um die Funktion der Auskunfteien zu erfüllen.

Wann liegt ein berechtigtes Interesse vor?

Interessen, die eine Datenverarbeitung legitimieren, können zudem nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e) DSGVO in den berechtigten Interessen des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen oder in den Interessen Dritter liegen. Beides verneinte das Oberlandesgericht nach umfassender Prüfung.

Die Interessen der Auskunftei selbst können nach überzeugender Auffassung des Gerichts nicht zu einer Berechtigung der Datenverarbeitung führen, da sie im Widerspruch zu den Wertungen des Gesetzgebers stehen. In § 3 InsoBekV (Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren) ist geregelt, dass spätestens sechs Monate nach der Rechtskraft eines Beschlusses über eine Restschuldbefreiung die veröffentlichten Daten gelöscht werden. Nach Ablauf dieses Zeitraumes besteht kein berechtigtes Interesse mehr von Auskunfteien, die veröffentlichten Daten zu verbreiten.

Zudem wurde mit der Entscheidung auch klargestellt, dass keine Interessen Dritter zu einer Berechtigung der Datenverarbeitung führen können, da es sich bloß um abstrakte Interessen möglicher künftiger Vertragspartner des Betroffenen handelt. Eine Befriedigung dieser abstrakten Interessen stünde ebenfalls im Widerspruch zu § 3 InsoBekV.

Bemerkenswert an der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist die deutliche Absage an die Verhaltensregeln der Auskunfteien, die von dem Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erstellt wurden und eine Löschung von Informationen über Restschuldbefreiungen nach drei Jahren vorgesehen haben. In diversen von unserer Sozietät geführten Verfahren haben sich verschiedene Auskunfteien stets darauf berufen, im Einklang mit diesen Verhaltensregeln zu handeln, die von der Datenschutzaufsichtsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen sogar für rechtmäßig befunden wurde. Den Verhaltensregeln und damit der Datenschutzaufsichtsbehörde stellte sich das Oberlandesgericht nun ausdrücklich entgegen.

Wann sind SCHUFA-Einträge rechtswidrig?

Ob und unter welchen Voraussetzungen negative Einträge in Auskunfteien rechtswidrig sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Von Vertragspartnern der Auskunfteien (z.B. Banken oder Mobilfunkanbietern) mitgeteilte Informationen werden rechtlich anders bewertet als Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Vollstreckungsportalen.

Gern überprüfen wir für Sie, ob Sie betreffende Einträge in Bonitäts-Auskunfteien rechtmäßig sind.

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PODCAST: Familieninterne Unternehmensnachfolge vs. Verkauf (Dr. Sebastian von Allwörden im Podcast von Business & People)

Das Wirtschaftsmagazin Business & People hat unseren Partner Dr. Sebastian von Allwörden zu der Frage interviewt, welche Vor- und Nachteile sich bei einer Unternehmensnachfolge durch Übergang in die nächste Generation im Vergleich zu einem Verkauf des eigenen Unternehmens ergeben und welche rechtlichen Themen dabei relevant sind.

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Wer trägt Ermittlungskosten bei Compliance-Verstößen?

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einer aktuellen Entscheidung zu der Frage positioniert, wer angefallene Ermittlungskosten bei Compliance-Verstößen in Arbeitsverhältnissen zu tragen hat (BAG, Urteil vom 29. April 2021 – 8 AZR 276/20). Konkret ging es darum, ob Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber die Kosten für die Aufklärung von Compliance-Verstößen ersetzen müssen, wenn die angestellten Ermittlungen tatsächlich Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zutage fördern.

Was ist vorgefallen?

Bei dem Arbeitnehmer handelte es sich um einen leitenden Angestellten aus dem Bereich der Unternehmensführung mit einem Jahresbruttoverdienst von ca. EUR 450.000,00. Nachdem das Unternehmen mehrere anonyme Hinweise wegen möglicher Compliance-Verstöße des Arbeitnehmers erhalten hatte, schaltete es eine auf Compliance-Ermittlungen spezialisierte Anwaltskanzlei ein, um dem Verdacht nachzugehen.

Die Ermittlungen ergaben, dass der Arbeitnehmer mehrere Personen auf Kosten des Unternehmens – ohne, dass hierfür eine dienstliche Veranlassung bestand – zum Essen eingeladen hatte. Zudem hatte der Arbeitnehmer ohne Wissen oder Einverständnis des Arbeitgebers Reisekosten zu Champions-League Spielen des FC Bayern München zu dessen Lasten abgerechnet.

Die Ermittlungstätigkeiten stellte die Anwaltskanzlei dem Arbeitgeber mit mehr als EUR 200.000 in Rechnung.

Dem Arbeitnehmer wurde daraufhin fristlos gekündigt. Er erhob Kündigungsschutzklage, welche jedoch rechtskräftig vom Arbeitsgericht abgewiesen wurde.

Das Arbeitsgericht hatte sich auch mit einer Widerklage des Arbeitgebers zu befassen. Zunächst vergeblich vertrat der Arbeitgeber die Auffassung, der Arbeitnehmer habe die Ermittlungskosten zu ersetzen. Der Arbeitgeber berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach unter Umständen bei dem Arbeitgeber angefallene Detektivkosten durch den Arbeitnehmer zu ersetzen sind. Der Arbeitnehmer berief sich hingegen auf den Grundsatz aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG, wonach bei arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen in der ersten Instanz jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten zu tragen hat. Dieser Grundsatz findet auch auf außergerichtliche arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen in der Regel Anwendung.

Im vom Arbeitgeber angestrengten Berufungsverfahren änderte das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise ab und sprach dem Arbeitgeber immerhin einen Teil der Kosten, die bis zum Ausspruch der Kündigung anfielen – EUR 66.500,00 – zu.

Gegen diese Entscheidung wiederum legte der Arbeitnehmer Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht gab der Revision in vollem Umfang statt und wies die Widerklage des Arbeitgebers zurück. Zwar stellte das Gericht fest, dass ein Arbeitgeber grundsätzlich die durch den Einsatz einer spezialisierten Kanzlei anfallenden Kosten vom Arbeitnehmer ersetzt verlangen kann, sofern der begründete Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers besteht. Der Schadensbegriff aus § 249 Abs. 1 BGB umfasst insoweit auch die Aufwendungen, die der Arbeitgeber zur Abwendung erheblicher Nachteile tätigt. Der Grundsatz aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG steht diesem Anspruch nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen.

Jedoch fehlte es seitens des Arbeitgebers laut dem Gericht an substantiierten Darlegungen hinsichtlich der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten. Der Arbeitgeber hat nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten und Ermittlungen zu welchem Zeitpunkt und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Arbeitnehmer ausgeführt wurden.

Was sollten Arbeitgeber bei dem Verdacht auf Compliance-Verstöße tun?

Mit dem Urteil stellt das Bundesarbeitsgericht erstmals Maßstäbe auf, die Arbeitgeber beachten müssen, wenn sie Compliance-Verstöße ihrer Mitarbeiter vermuten und Ermittlungen anstellen. Um der Darlegungs- und Beweislast in einem Gerichtsverfahren zu genügen, sollten Arbeitgeber darauf achten, im Zuge einer veranlassten Ermittlung die Zweckmäßigkeit der jeweiligen Maßnahme zu genau prüfen und diese auch akribisch zu dokumentieren. Ermittlungsmaßnahmen und damit verbundene Kosten, die sich im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen, könnten aus dem möglichen Erstattungsanspruch ausgenommen sein.

Es kann sinnvoll sein, schon während der laufenden Ermittlungen auf das Arbeitsrecht spezialisierte Anwälte in das Verfahren einzubinden, um möglich Fehler zu vermeiden.

Gern beraten unsere im Wirtschaftsrecht tätigen Anwälte und Fachanwälte Sie zu arbeitsrechtlichen Themen und im Zusammenhang mit Compliance-Verfahren. Sprechen Sie uns bei Bedarf einfach an!

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Störerhaftung im Urheberrecht: Wer ist verantwortlich?

Die allgemeinen Grundsätze der Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen am Beispiel der Haftung eines Domain-Registrars

Das Urheberrecht ist gekennzeichnet von einer Vielzahl von Akteuren und Interessen: Angefangen bei den Urhebern selbst und den Nutzungsberechtigten über Verwertungsgesellschaften, Verlagshäuser und Plattformbetreiber bis hin zu den Inhabern von Internetseiten, Zugangsvermittlern und den Nutzern. Da eine Inanspruchnahme derjenigen, die Inhalte in rechtswidriger Weise verbreiten, oftmals nicht möglich oder erfolgsversprechend ist, hat die Rechtsprechung die sogenannte Störerhaftung entwickelt. Diese ermöglicht unter gewissen Voraussetzungen, auch mittelbar an einer Rechtsverletzung Beteiligte in Anspruch zu nehmen – so in etwa den Plattformbetreiber (Host-Provider) oder den Zugangsvermittler (Access-Provider).

Der nachfolgende Beitrag setzt sich in Anlehnung an eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit den Voraussetzungen der Störerhaftung am Beispiel eines Domain-Registrars auseinander (BGH, Urt. v. 15.10.2020I ZR 13/19).

Worum ging es?

 Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Domain-Registrar für Urheberrechtsverletzungen auf einer von ihm vermittelten Domain in Anspruch genommen wurde. Über die Website hinter der Domain wurden Musikwerke rechtswidrig im Wege des Filesharings angeboten.

Eine Domain ist letztlich eine Webadresse, hinter der die IP-Adresse des Inhabers gespeichert wird. Während die DENIC die sogenannte „top-level“-Domain „.de“ vergibt, unterstützt ein Registrar bei der administrativen Abwicklung der Anmeldung einer sogenannten „sub-level“-Domain, also dem, was zwischen „www…“ und „…com“ oder „„.de“ steht. Ein Registrar hat die Möglichkeit, die von ihm vergebene Domain zu sperren, worauf er im Rechtsstreit von der Klägerin in Anspruch genommen wurde. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Domain-Registrar Störer im Zusammenhang mit einer Urheberrechtsverletzung (oder anderen Rechtsverletzungen) ist.

Wann ist man urheberrechtlicher Störer?

Nach ständiger Rechtsprechung kann als Störer in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, setzt die Haftung des Störers zusätzlich aber noch die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus, die anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen sind.

Wie entschied der Bundesgerichtshof?

Nach der Entscheidung des BGH soll für den Registrar, der immerhin bei der administrativen Abwicklung der Einrichtung eines Domain-Zugangs mitwirkt, keine Haftungsprivilegierung nach § 8 TMG (Telemediengesetz) für Zugangsvermittler (Access-Provider) gelten.

Allerdings erklärte der BGH dieselben Haftungsmaßstäbe wie bei Zugangsvermittlern für anwendbar. Das Gericht bejahte also einen mittelbaren Beitrag zur Urheberrechtsverletzung durch die Domain-Vermittlung, weil kaum ein Nutzer direkt auf die IP-Adresse zurückgreife, sondern stets die Domains nutze. Prüfpflichten sah der BGH allerdings nicht verletzt, obwohl der Registrar trotz genauer Darlegung der Urheberrechtsverstöße durch die Klägerin die Seite nicht sperrte.

Da die Haftung des Registrars ebenso wie diejenige eines Internetzugangsvermittlers „ultima ratio“ sei, müsse der Anspruchsteller nämlich weiterhin darlegen, dass er erfolglos den Verletzer oder dessen Host-Provider in Anspruch genommen habe. Anders als noch die Berufungsinstanz zum Ausdruck brachte, stehe der Zugangsvermittler oder der Registrar nämlich nicht im Lager des täterschaftlichen Verletzers, sondern sei neutral. Außerdem müsse für die Sperrung der Domain (Dekonnektierung) feststehen, dass die darunter veröffentlichten Inhalte „weit überwiegend illegal“ seien. An diesen beiden Voraussetzungen scheiterte letztlich der Anspruch der Klägerin. Der BGH entschied zudem, dass grundsätzlich keine anlasslosen allgemeinen Prüf- und Überwachungspflichten der Seiteninhalte seitens des Domain-Registrars bestehen.

Was bedeutet dies für die Praxis?

Auch wenn das Urteil nicht zu Gunsten der Rechteinhaber ausfiel, so dürfte die Rechtsposition der Urheber und verwandten Schutzrechteinhaber dadurch gestärkt worden sein, dass künftig auch der Domain-Registrar als Anspruchsgegner in Betracht kommt. Zwar ist dessen Haftung stets subsidiär, doch dürfte die Inanspruchnahme der Nutzer und ihrer Host-Provider häufig nicht gelingen. In diesen Konstellationen kommt als letzte Möglichkeit also die Erwirkung der Dekonnektierung der Domain in Betracht. Erforderlich ist dafür jedoch, dass die Inhalte unter der Domain „weit überwiegend illegal“ sind, wobei die Voraussetzungen hierfür noch nicht höchstrichterlich definiert sind.

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PODCAST: Benjamin von Allwörden über 3 Jahre Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Das Wirtschaftsmagazin Business & People hat unseren Partner Benjamin von Allwörden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, zum Thema Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) interviewt. Dabei geht es unter anderem um Datenschutz im Arbeitsrecht und Auswirkungen des Datenschutzes auf das Homeoffice.

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Der Auskunftsanspruch vor dem Bundesarbeitsgericht

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ging es um die Reichweite des Auskunftsanspruchs eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO (BAG, Urteil v. 27. April 2021 – 2 AZR 342/20). Der Arbeitnehmer verlangte u.a. die Erteilung von Datenkopien der ihn betreffenden E-Mails, in denen sein Name vorkam. Zuvor verlangte der aus dem Angestelltenverhältnis ausscheidende Wirtschaftsjurist Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch die Arbeitgeberin. Diese Auskunft wurde ihm erteilt.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht wies die auf Erteilung von Datenkopien gerichtete Klage des ehemaligen Arbeitnehmers wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO zurück. Aus Sicht des Gerichtes war es der Klage nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen, von welchen E-Mails der Kläger Datenkopien herausverlangte. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist daher nicht ergangen.

In der Vorinstanz gab das niedersächsische Landesarbeitsgericht der Klage zwar teilweise statt, lehnte den geltend gemachten Herausgabeanspruch hinsichtlich der E-Mails jedoch ab (LAG Hannover, Urt. v. 09.06.2020 – 9 Sa 608/19). Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind durchaus wegweisend: Der Anspruch nach § 15 Abs. 3 DSGVO soll auf die Erteilung einer Kopie der Daten beschränkt sein, die auch Gegenstand der nach § 15 Abs. 1 DSGVO begehrten Auskunft sein können. Der Schutzzweck der Norm sei gerade darauf ausgerichtet, dass der Auskunftsersuchende eine Überprüfung der ihn betreffenden Datenverarbeitungen vornehmen könne. E-Mails, die der Auskunftsersuchende selbst empfangen oder versendet hat, seien ihm ohnehin schon bekannt und daher nicht vom Anspruch umfasst. 

Zur Pressemitteilung des BAG – Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO

Die Entscheidung des LAG Hannover im Volltext

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Zur kommerziellen Nutzung von Persönlichkeitsrechten

Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung von Bildern prominenter Personen ohne deren Zustimmung in der Presse, der Werbung oder den sozialen Medien sind keine Seltenheit. Ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse kann eine Nutzung unter Umständen rechtfertigen. Auch kann eine Nutzung im Rahmen journalistischer Arbeit von der Pressefreiheit gedeckt sein. Steht allerdings der kommerzielle Zweck einer Nutzung von Persönlichkeitsrechten und Bildern im Mittelpunkt, kann die Grenze zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung dieser Rechte überschritten sein.

Welcher Schutz kommt dem Recht am eigenen Bild zu?

Im Grundsatz gilt: Bildnisse einer Person dürfen nur mit Zustimmung veröffentlicht werden. Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und genießt gesetzlichen Schutz nach System der §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes.

Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz im Bereich der sogenannten Zeitgeschichte. Der Begriff der Zeitgeschichte ist nach ständiger Rechtsprechung weit zu verstehen und muss vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt werden. Es sind alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse umfasst. Liegt die Veröffentlichung eines Bildnisses nach diesen – grob skizzierten – Maßstäben im öffentlichen Interesse, so sind Rechte des Abgebildeten – wie z.B. der Schutz der Privatsphäre und die kommerzielle Verwertbarkeit des eigenen Bildes – demgegenüber abzuwägen.

Die Veröffentlichung von Bildnissen prominenter Personen ohne deren Einwilligung ist daher stets rechtswidrig, wenn die Veröffentlichung bloß eine kommerzielle Nutzung zu Werbe- und Imagezwecken zum Ziel hat. Dies ist beispielsweise bei einer ungefragten Nutzung in der Werbung der Fall.

Im Folgenden werden drei aktuelle Entscheidungen vorgestellt, die sich mit der Thematik einer kommerziellen Nutzung von Persönlichkeitsrechten befassen:

Was hat der Bundesgerichtshof entschieden?

Der BGH hat sich mit der Zulässigkeit des sogenannten „Clickbaiting“ (Klickköderung) beschäftigt. Das Gericht gab Anfang 2021 einer auf Schadenersatz gerichteten Klage eines prominenten Fernsehmoderators statt (BGH, Urteil v. 21.01.2021 – Az. I ZR 120/19). Dessen Abbild wurde zusammen mit drei weiteren Prominenten auf der Facebook-Seite einer TV-Zeitschrift genutzt und war dabei mit der Schlagzeile „Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen“ betitelt. Der BGH sah darin eine unzulässige Aufmerksamkeitswerbung. Das Bild auf der Facebook-Seite habe die Funktion der Titelseite eines Printmediums erfüllt. Dem liege zwar ein Geschehnis der Zeitgeschichte zugrunde, allerdings sei zu berücksichtigen, dass keinerlei Berichterstattung über den klagenden Moderator, sondern nur über eine andere, tatsächlich von einer Krebserkrankung betroffenen Person, in dem Artikel enthalten war. Damit habe das kommerzielle Interesse der Zeitschrift an einer möglichst hohen Klickzahl im Vordergrund gestanden, ohne, dass ein etwaiges Informationsinteresse in Bezug auf den Moderator befriedigt wurde.

Urteil des BGH im Volltext abrufen

In einem weiteren Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, wurde ein Gewinnspiel mit dem Titel „Urlaubslotto“ durch ein großes Verlagshaus mit einer Bebilderung der Fernsehsendung „Das Traumschiff“ versehen (Urteil v. 21.01.2021 – Az. I ZR 207/19). Auf dem Bild war unter anderem ein prominenter „Traumschiff-Kapitän“ zu sehen. Zwar berücksichtigte das Gericht zugunsten des Verlagshauses, dass der Schauspieler in seiner TV-Rolle und nicht als Privatperson abgebildet war sowie den Umstand, dass der Symbolcharakter der Serie zur Illustration der Urlaubsreise genutzt wurde. Allerdings bestehe insgesamt nur ein sehr geringer Informationswert und die Darstellung sei darüber hinaus nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Die werbende Darstellung des Gewinnspiels unter Verwendung des Bildes wurde daher für rechtswidrig befunden.

Urteil des BGH im Volltext abrufen

Was hat das Oberlandesgericht Köln entschieden?

Das Recht am eigenen Bild könnte auch durch die Darstellung einer nachahmenden jüngeren Doppelgängerin einer prominenten Person in rechtswidriger Weise beeinträchtigt sein. Es ging um die Plakatwerbung für eine Tribute-Show, die von der Doppelgängerin einer weltbekannten Sängerin inszeniert wurde.

Allerdings erkannte das OLG Köln im konkreten Fall keinen Unterlassungsanspruch der Sängerin, da der Plakatwerbung keine berechtigten Interessen der Abgebildeten entgegenstünden (Urt. v. 17.12.2020, Az. 15 U 37/20). Das OLG sah keine Verwechslungsgefahr gegenüber der „echten“ Künstlerin. Ein falscher Eindruck, wonach die prominente Künstlerin an der Show mitwirke, sei nicht erweckt worden. Weiterhin sah es mit der Werbung nicht den kommerziellen Teil des Persönlichkeitsrechts verletzt, da nicht ein kommerzielles Produkt, sondern vornehmlich ein Kunstwerk angepriesen wurde, das dem besonderen grundrechtlichen Schutz der Kunstfreiheit unterfällt. Gegen das Urteil ist derzeit eine Revision beim BGH (Az. I ZR 2/21) anhängig.

Urteil des OLG Köln im Volltext abrufen

Wann darf ein Bildnis genutzt werden?

Eine Nutzung von Abbildungen prominenter Personen zu kommerziellen Zwecken ist, sofern keine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt, nur in sehr engen Grenzen möglich. Der Nutzer muss sich jedenfalls auf ein berechtigtes Interesse berufen können, das über die bloße kommerzielle Verwertung des Bildnisses hinausgeht.

Bilder unbekannter Personen dürfen, sofern nicht aus erkennbarem Anlass ein Informations- und Berichterstattungsinteresse besteht, per se nicht ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht oder kommerziell genutzt werden.

Eine erteilte Einwilligung kann im Übrigen unter Umständen widerrufen werden. Wir empfehlen daher, Werbekooperationen stets vertraglich festzuhalten und gegenseitige Rechte und den Umfang der Nutzung zu definieren.

Bleiben diese Grundsätze unbeachtet, so steht dem Abgebildeten regelmäßig ein Anspruch auf Unterlassung zu. Darüber hinaus kann unter Umständen auch Schadensersatz vom Rechtsverletzer verlangt werden. Bei rechtswidrigen Beeinträchtigungen von Persönlichkeitsrechten sind zudem die Rechtsverfolgungskosten als Schaden erstattungsfähig.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu persönlichkeits- und medienrechtlichen Fragen. Nehmen Sie bei Bedarf gern unverbindlich Kontakt mit uns auf.

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Mängelbeseitigungskosten beim Immobilienkauf – BGH bestätigt Ersatzfähigkeit auch ohne Durchführung der Mängelbeseitigung

Schadensersatz beim Immobilienkauf

Aktuelle Entscheidung des BGH vom 12.03.2021 – Immobilienkäufer können weiterhin fiktive Mängelbeseitigungskosten einklagen

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Immobilienkaufverträgen zuständige V. Zivilsenat des BGH hat heute entschieden, dass Käufer von Häusern oder Wohnungen bei Mängeln an der Immobilie weiterhin ihren Schadensersatz anhand der voraussichtlich entstehenden (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten berechnen können (Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19). Dies bedeutet, dass der Käufer eines Grundstücks im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung den Ersatz der für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Kosten verlangen kann, unabhängig davon, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Vorausgegangen war dieser Entscheidung eine divergierende Rechtsprechung zwischen verschiedenen Senaten des BGH zur Frage, ob fiktive, also bislang nicht aufgewendete Mängelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzes eingeklagt werden können oder Mängelbeseitigungskosten erst eingeklagt werden können, wenn sie tatsächlich angefallen sind.

Die Vorgeschichte – Divergierende Rechtsprechung des V. und VII. Zivilsenats des BGH

Der VII. Zivilsenat des BGH hatte eine fiktive Schadensberechnung im Werk- und Architektenrecht mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 (Urteil vom 22. Februar 2018 – VI ZR 46/17) für das Werkvertragsrecht abgelehnt. Für (Immobilien-)Kaufverträge gingen die Rechtsprechung und auch der V. Zivilsenat des BGH hingegen bereits zuvor davon aus, dass der Käufer einer Immobilie fiktive Mängelbeseitigungskosten unabhängig davon einklagen kann, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. An dieser Rechtsprechung hat der V. Zivilsenat festgehalten.

Der Sachverhalt

Die Kläger hatten von dem Beklagten eine Eigentumswohnung erworben. Da es vor dem Verkauf Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung gab, die dem Verkäufer bekannt waren, wurde im notariellen Kaufvertrag aufgenommen, dass der Verkäufer verpflichtet ist, erneute Feuchtigkeitsschäden auf seine Kosten zu beheben, wenn es innerhalb eines bestimmten Zeitraums erneut zur Feuchtigkeitsbildung kommen sollte. Nach Übergabe der Wohnung trat dann erneut Feuchtigkeit in der Wohnung auf und die Kläger forderten den Beklagten auf, die Schäden zu beseitigen, was der Beklagte ablehnte. Mit ihrer Klage machten die Kläger voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten abzüglich der Umsatzsteuer sowie ihre vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend und wollten zusätzlich festgestellt wissen, dass der Beklagte ihnen weitere, im Zusammenhang mit der Feuchtigkeitsbildung entstehende Schäden ersetzen muss.

Die Entscheidungsgründe

Der V. Zivilsenat des BGH hob in seiner Entscheidung die Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht hervor. Für den Käufer einer Immobilie ist es nach Auffassung des Senats unzumutbar, die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorzufinanzieren, denn anders als im Werkvertragsrecht sieht das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht keinen Vorschussanspruch für den Käufer einer Immobilie vor.

Deshalb kann der Käufer einer Immobilie bereits vor Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auch zukünftig seinen Schadensersatzanspruch einklagen – allerdings ohne die Umsatzsteuer. Diese kann als Zahlungsanspruch erst eingeklagt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB). Insoweit kann der Käufer allerdings mit einem Feststellungsantrag gerichtlich feststellen lassen, dass der Verkäufer ihm weitere Schäden aus dem Schadensereignis ersetzen muss.

Die zunächst angedachte Vorlage der Frage, ob fiktive Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz statt der Leistung eingeklagt werden können, an den Großen Zivilsenat des BGH ist nach dem heutigen Urteil nicht mehr erforderlich, da die Divergenz zwischen den beiden Senaten mit den Besonderheiten des Kauf- und Werkvertragsrecht gerechtfertigt werden kann.

Die Entscheidung bringt Klarheit und Rechtssicherheit für die Käufer von Immobilien und ist zu begrüßen.

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Markenrecht und Brexit: Genießen Unionsmarken ab 2021 noch Schutz im Vereinigten Königreich?

Am 31. Januar 2020 erfolgte der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der europäischen Union. Die im Rahmen des Austrittsabkommens vereinbarte Übergangsphase endete am 31. Dezember 2020. Seither entfalten Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Designs) im Bereich des Vereinigten Königreiches keinen Schutz mehr. Viele Inhaber europäischer Schutzrechte sind verunsichert, ob ihr geistiges Eigentum im Vereinigten Königreich auch weiterhin geschützt ist.

 Schutzrechte, die vor dem 31. Dezember 2020 eingetragen wurden

Unionsmarken und Designs genießen im Vereinigten Königreich seit dem 01. Januar 2021 keinen Schutz mehr. Für Unionsmarken, die vor dem 31. Dezember 2020 eingetragen wurden, erstellt das UKIPO („United Kingdom Intellectual Property Office“, Amt für geistiges Eigentum im Vereinigten Königreich) von Amts wegen eine nationale Handelsmarke. Diese wird im dortigen Register geführt und genießt in zeitlicher und räumlicher Hinsicht den gleichen rechtlichen Schutz wie eine originär unter dem Markenrecht des Vereinigten Königreichs angemeldete Marke. Sie übernimmt das ursprüngliche Anmeldedatum und die ursprüngliche Priorität der Unionsmarke. Die Schutzdauer der nationalen Marke entspricht der Unionsmarke. Die entstehende nationale Marke kann unabhängig von der Unionsmarke verlängert oder aufgegeben werden. Inhaber einer Unionsmarke müssen keine Eintragungsgebühr entrichten und erhalten kein Anmeldezertifikat.

Inhaber bestehender Unionsmarke müssen somit zunächst keine weiteren Schritte unternehmen. Ihr geistiges Eigentum wird fortan durch eine nationale Marke im Vereinigten Königreich geschützt.

Inhaber einer nationalen Marke erhalten sechs Monate vor dem Ablaufdatum, sofern dieses nach dem 01. Juli 2021 liegt, eine Verlängerungsaufforderung. Liegt das Ablaufdatum vor dem 01. Juli 2021, so erhält der Inhaber zum Ablaufdatum eine Erinnerung und hat dann sechs Monate Zeit, eine Verlängerung zu beantragen.

 Was passiert mit Unionsmarken, deren Anmeldung erst 2021 abgeschlossen ist?

Das UKIPO erstellt von Amts wegen nur eine nationale Handelsmarke, wenn das Anmeldeverfahren der betreffenden Unionsmarke vor dem 01. Januar 2021 abgeschlossen wurde. Ist das Verfahren noch anhängig, so kann der Inhaber der Unionsmarke prioritätswahrend bis einschließlich zum 30. September 2021 dieselbe Marke im Vereinigten Königreich anmelden. 

Wer eine Marke bei der EUIPO angemeldet hat und auch im Vereinigten Königreich sein geistiges Eigentum schützen möchte, sollte bei der Anmeldung unbedingt den Bezug zur Unionsmarkenanmeldung angeben und den Schutz in den entsprechenden Klassen beantragen, um die frühere Priorität zu erhalten. Anmelder sollten beachten, dass der Bezug zu der Anmeldung bei der EUIPO unbedingt herzustellen ist, da bei einer nationalen Anmeldung die Seniorität gilt. Ohne Herstellung des Bezuges könnte sich andernfalls ein Dritter die Marke national schützen lassen, ohne dass es hierbei auf das Anmeldedatum bei der EUIPO ankäme.

Die Anmeldegebühr beträgt 170 Pfund und umfasst eine Klasse. Für jede weitere Schutzklasse werden 50 Pfund fällig.

Was muss ich veranlassen, um eine neue Marke zukünftig europaweit schützen zu lassen?

Da das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil der europäischen Union ist, ist geistiges Eigentum durch Unionsmarken nicht mehr geschützt. Für künftige Anmeldungen ist die Marke daher sowohl bei der EUIPO, als auch bei dem IPO im Vereinigten Königreich nach nationalem Markenrecht anzumelden. Hierfür werden dann auch gesonderte Gebühren fällig. Die Dauer des Markenschutzes beträgt jeweils zehn Jahre.

Brauche ich einen Anwalt, um eine Marke beim UKIPO anzumelden?

Zur Vermeidung von Kollisionsrisiken und zur bestmöglichen strategischen Platzierung einer Marke kann die Hinzuziehung anwaltlicher Beratung hilfreich sein. Ein Anwaltszwang herrscht für Markenangelegenheiten im Vereinigten Königreich jedoch nicht.

 Zusammenfassung

Der Schutzstatus, den Unionsmarken- und Designinhaber im Vereinigten Königreich nach dem 01. Januar 2021 genießen, hängt vom Einzelfall ab. Wer Inhaber einer vor dem 31. Dezember 2020 eingetragenen Marke ist, sollte in jedem Fall beachten, dass die Verlängerung des Schutzes künftig sowohl bei der EUIPO als auch bei dem UKIPO zu beantragen ist.

Wer erst kürzlich eine Markenanmeldung bei der EUIPO beantragt hat, sollte sicherstellen, dass das Anmeldeverfahren vor dem Jahreswechsel abgeschlossen wurde. Andernfalls wird das UKIPO von sich aus keine Anmeldung einer nationalen Marke vornehmen. Markenrechte wären unter Umständen im Vereinigten Königreich schutzlos.  

Weitergehende Informationen des EUIPO finden Sie hier: Hinweise EUIPO.

Informationen der britischen Regierung zu den Folgend es Brexits für geistige Eigentumsrechte können Sie hier abrufen: Hinweise Vereinigtes Königreich.

Praxishinweis

Inhaber einer Unionsmarke sollten im eigenen Interesse prüfen, ob das UKIPO ordnungsgemäß eine Marke nach nationalem Recht erstellt hat und die Unionsmarke sich im nationalen Markenregister des Vereinigten Königreichs „spiegelt“.

Ferner sollte die nationale Marke zu Verlängerungszwecken gesondert überwacht werden, da die Erneuerung losgelöst von der Unionsmarke zu beantragen ist.

Wer zukünftig in Europa geistiges Eigentum schützen möchte sollte beachten, dass er sowohl bei der EUIPO als auch bei dem UKIPO gesonderte Marken anmelden und höhere Gebühren in Kauf nehmen muss.  

 

Markenrecht bei VON ALLWÖRDEN

Leitfaden Markenanmeldung

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Das neue Wettbewerbsrecht für 2021

Das deutsche Wettbewerbsrecht wurde durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs umfassend reformiert. Der erste Gesetzesentwurf der Bundesregierung wurde schon 2019 vorgestellt. Die Gesetzesänderungen traten im Dezember 2020 in Kraft. Von den Änderungen betroffen sind u.a. das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und das Urheberrechtsgesetz (UrhG). Vorrangiger Zweck der Gesetzesreform ist die Eindämmung rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen, die insbesondere im Zusammenhang mit Internethandel in den vergangenen Jahren ein großes Ausmaß angenommen haben.

Der folgende Beitrag verschafft einen Überblick über die wesentlichsten Veränderungen im Wettbewerbsrecht:

Wer darf künftig noch abmahnen?

Mitbewerber sind nach der neuen Gesetzeslage nur noch zur Abmahnung berechtigt, wenn sie Waren oder Dienstleistungen in nicht nur unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Damit wurden die Anforderungen an die sogenannte Aktivlegitimation deutlich verschärft. Denn zuvor ist es nach dem früheren Gesetzeswortlaut jedem Mitbewerber möglich gewesen, Ansprüche aus dem UWG geltend zu machen. Dies führte in der Praxis nicht selten zu „Scheinhändlern“, die über Plattformen wie Ebay nur dem Anschein nach ein Geschäft betrieben, in Wahrheit aber in Kooperation mit Anwaltskanzleien vornehmlich Einnahmen durch Abmahnungen anderer Händler generierten.

Die Berechtigung rechtsfähiger Verbände, Abmahnungen auszusprechen, wurde ebenfalls deutlich eingeschränkt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sind nur noch Verbände aktivlegitimiert, die in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste ist zur Gewährleistung bestmöglicher Transparenz im Internet veröffentlicht. Verbände müssen nunmehr u.a. mindestens 75 Mitgliedsunternehmen haben, über ein Mindestmaß an personeller, sachlicher und finanzieller Ausstattung verfügen und seit mindestens einem Jahr vor Aufnahme in die Liste eine Verbandstätigkeit tatsächlich ausgeübt haben.

Wann ist eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich?

Schon nach bisheriger Rechtslage konnten Abmahnungen, die ausschließlich im Kosteninteresse ausgesprochen wurden, rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs nun jedoch in § 8c UWG deutlicher definiert und durch die Aufnahme von Fallgruppen in das Gesetz Klarstellungen vorgenommen. So sind nach der Gesetzesänderung beispielsweise Abmahnungen, in denen ein unangemessen hoher Gegenstandswert angesetzt wird, mit denen überhöhte Vertragsstrafen verlangt werden oder mit denen eine Unterlassungsverpflichtung gefordert wird, die offensichtlich über die Rechtsverletzung hinausgeht, per se rechtsmissbräuchlich.

Wo darf noch geklagt werden?

Nach der alten Rechtslage kam der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“ bei Wettbewerbshandlungen im Internet uneingeschränkt zur Anwendung. Denn Abmahnende konnten die Ansprüche aus dem UWG vor jedem Landgericht durchsetzen, in dessen Bezirk die unlautere Handlung begangen wurde. Da eine Werbung oder ein Verkaufsangebot im Internet (Facebook, Amazon, Ebay und Co.) bundesweit abrufbar ist, ist der „Erfolg“ der Handlung im juristischen Sinne stets überall in Deutschland eingetreten. Folglich ist jedes Landgericht gleichermaßen zuständig gewesen, was in der Praxis dazu führte, dass ein Händler aus Köln einen Konkurrenten aus München vor einem Gericht in Hamburg verklagten konnte.

Nach neuer Rechtslage gilt der „fliegende Gerichtsstand“ im Wettbewerbsrecht nicht mehr. So ist nunmehr nach § 14 Abs. 2 UWG das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die beklagte Partei ihren Sitz hat. Eine Ausnahme kann u.U. nur gelten, wenn ein örtlich begrenzter Kreis von potentiellen Kunden angesprochen wird. Dann kann alternativ auch im Bezirk der vorgenommenen Handlungen geklagt werden.

Die Landesregierungen sind nun ermächtigt, Sonderzuständigkeiten in den Bundesländern festzulegen und damit eine Zuständigkeitskonzentration herbeizuführen. So könnten künftig, sofern die Regierungen der Länder von der Ermächtigung Gebrauch machen, eines oder mehrere Landgerichte für mehrere Gerichtsbezirke in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten zuständig sein.

Welche Kosten dürfen mit einer Abmahnung geltend gemacht werden?

Die im Zusammenhang mit Abmahnungen entstehenden Kosten – die bisher bei berechtigten Abmahnungen stets von dem Abgemahnten getragen werden mussten – hängen der Höhe nach von dem zugrundeliegenden Gegenstandswert und – bei Folgeverstößen – auch von der Höhe der verlangten Vertragsstrafe ab. Der Gesetzgeber hat die folgenden grundlegenden Änderungen vorgenommen:

Abmahnkosten können künftig nur noch verlangt werden, wenn die Abmahnung den neuen formellen Anforderungen aus § 13 Abs. 2 UWG entspricht. Nach dem neuen § 13 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von Abmahnkosten eines Mitbewerbers im Bereich des E-Commerce ausgeschlossen, wenn es sich um einen bloßen Verstoß gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten handelt oder, wenn Datenschutzverstöße abgemahnt werden.

Vertragsstrafen von mehr als EUR 1.000 dürfen gegenüber Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern nur noch verlangt werden, wenn es sich um „erhebliche“ Verstöße handelt.

Allgemeine Informationen zum Wettbewerbsrecht finden Sie hier: Wettbewerbsrecht.

Das aktuelle Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb können Sie hier abrufen: UWG.

Unsere Sozietät berät umfassend in wettbewerbs- und werberechtlichen Fragen und vertritt Sie im Bedarfsfall in gerichtlichen Auseinandersetzungen. Sprechen Sie uns gern unverbindlich an.

Ihr Ansprechpartner

Benjamin von Allwörden

Rechtsanwalt | Partner | Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

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