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Gericht kippt Löschfristen der SCHUFA

15. Juli 2021

Das Oberlandesgericht Schleswig erklärte mit einer aktuellen Entscheidung eine weit verbreitete Praxis der Bonitäts-Auskunfteien für rechtswidrig (Urteil v. 02.07.2021 – 17 U 15/21). Geklagt hatte ein Unternehmer, dem nach einer Privatinsolvenz eine amtsgerichtliche Restschuldbefreiung erteilt wurde. Die SCHUFA Holding AG hielt die Information der Restschuldbefreiung unter Nennung des Datums in Ihrer Datenbank zum Zwecke eines Abrufes durch Dritte vor. Der Kläger berief sich darauf, dass ihm wegen der Datenverbreitung durch die SCHUFA eine uneingeschränkte Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht möglich sei. Als der Löschungsanspruch geltend gemacht wurde, lag die Rechtskraft des Beschlusses über die Restschuldbefreiung bereits mehr als sechs Monate zurück. Dem Löschungsanspruch wurde stattgegeben, da das Gericht keine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung erkennen konnte.

Warum wurde dem Löschungsanspruch stattgegeben?

Das Oberlandesgericht prüfte alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung, die dem geltend gemachten Löschungsanspruch des Klägers hätten entgegenstehen können. Die potentiellen Rechtfertigungsgründe wurden insgesamt verneint.

Welche Rechtsgrundlagen kommen für die Datenverarbeitung in Betracht?

Eine Einwilligung des Klägers in die Datenverarbeitung lag nicht vor. Als Rechtsgrundlage konnte auch kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien herangezogen werden. Die Ausübung „öffentlicher Gewalt“ wurde dem privatrechtlichen Unternehmen erneut abgesprochen (so auch LG Frankfurt, Urteil v. 20.12.2018 – 2-05 O 151/18). Darüber hinaus verneinte das Gericht auch eine Datenverarbeitung „im öffentlichen Interesse“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e) DSGVO. Zwar komme Auskunfteien im Grundsatz eine Funktion im Wirtschaftsleben zu, die öffentliche Interessen befriedigt. Gleichwohl sei diese spezifische Datenverarbeitung und die Dauer der Verarbeitung kein „Erfordernis“, um die Funktion der Auskunfteien zu erfüllen.

Wann liegt ein berechtigtes Interesse vor?

Interessen, die eine Datenverarbeitung legitimieren, können zudem nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e) DSGVO in den berechtigten Interessen des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen oder in den Interessen Dritter liegen. Beides verneinte das Oberlandesgericht nach umfassender Prüfung.

Die Interessen der Auskunftei selbst können nach überzeugender Auffassung des Gerichts nicht zu einer Berechtigung der Datenverarbeitung führen, da sie im Widerspruch zu den Wertungen des Gesetzgebers stehen. In § 3 InsoBekV (Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren) ist geregelt, dass spätestens sechs Monate nach der Rechtskraft eines Beschlusses über eine Restschuldbefreiung die veröffentlichten Daten gelöscht werden. Nach Ablauf dieses Zeitraumes besteht kein berechtigtes Interesse mehr von Auskunfteien, die veröffentlichten Daten zu verbreiten.

Zudem wurde mit der Entscheidung auch klargestellt, dass keine Interessen Dritter zu einer Berechtigung der Datenverarbeitung führen können, da es sich bloß um abstrakte Interessen möglicher künftiger Vertragspartner des Betroffenen handelt. Eine Befriedigung dieser abstrakten Interessen stünde ebenfalls im Widerspruch zu § 3 InsoBekV.

Bemerkenswert an der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist die deutliche Absage an die Verhaltensregeln der Auskunfteien, die von dem Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.“ erstellt wurden und eine Löschung von Informationen über Restschuldbefreiungen nach drei Jahren vorgesehen haben. In diversen von unserer Sozietät geführten Verfahren haben sich verschiedene Auskunfteien stets darauf berufen, im Einklang mit diesen Verhaltensregeln zu handeln, die von der Datenschutzaufsichtsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen sogar für rechtmäßig befunden wurde. Den Verhaltensregeln und damit der Datenschutzaufsichtsbehörde stellte sich das Oberlandesgericht nun ausdrücklich entgegen.

Wann sind SCHUFA-Einträge rechtswidrig?

Ob und unter welchen Voraussetzungen negative Einträge in Auskunfteien rechtswidrig sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Von Vertragspartnern der Auskunfteien (z.B. Banken oder Mobilfunkanbietern) mitgeteilte Informationen werden rechtlich anders bewertet als Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Vollstreckungsportalen.

Gern überprüfen wir für Sie, ob Sie betreffende Einträge in Bonitäts-Auskunfteien rechtmäßig sind.

Ihre Ansprechpartner
Benjamin von Allwörden
Rechtsanwalt | Partner | Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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