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Autor: Sebastian von Allwörden

Wir suchen Verstärkung! Rechtsanwalt (m/w/d)

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt zwei Rechtsanwältinnen oder einen Rechtsanwälte (m/w/d) in Voll- oder Teilzeit für unsere Kanzlei in Stade (bei Hamburg) mit oder ohne Berufserfahrung.

Wer wir sind und was wir bieten

Wir sind eine im Jahre 2019 von erfahrenen Anwälten neu gegründete und stark wachsende Kanzlei mit Sitz im niedersächsischen Stade (bei Hamburg). Unsere Beratungsschwerpunkte liegen im wirtschaftsrechtlichen Bereich (Gesellschafts- und Handelsrecht, Allgemeines Zivil- und Zivilprozessrecht, Arbeitsrecht) sowie im Bankrecht und Medienrecht.

Zu unseren Mandanten gehören regionale und überregionale Unternehmen, Startups, öffentliche Einrichtung und Privatpersonen.

Bei uns erwartet Sie eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit direktem Mandantenkontakt und ein modernes, flexibles Arbeitsumfeld inkl. Homeoffice-Möglichkeit. Wir begegnen Ihnen von Anfang an auf Augenhöhe und verstehen uns als Team. Wir bieten Ihnen exzellente Entwicklungsperspektiven und die Möglichkeit einer fachlichen Spezialisierung.

Unsere Kanzlei ist auch von Hamburg aus per S-Bahn oder mit dem Auto gut zu erreichen.

Wen wir suchen

Wir suchen echte Persönlichkeiten, die in unser aufgeschlossenes, modernes und serviceorientiertes Beraterteam passen. Wir erwarten ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft und unternehmerischem Denken. Ihre fachlichen Fähigkeiten können Sie durch entsprechende überdurchschnittliche Leistungen belegen. Eine Teilzeittätigkeit und andere flexible Arbeitsmodelle sind ausdrücklich möglich.

Berufserfahrung in einem unserer juristischen Kernbereiche ist wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Eine fachliche Fokussierung ist in jedem Fall vorgesehen und wird durch uns aktiv gefördert.

Wir freuen uns, Sie kennenzulernen!

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Störerhaftung im Urheberrecht: Wer ist verantwortlich?

Die allgemeinen Grundsätze der Störerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen am Beispiel der Haftung eines Domain-Registrars

Das Urheberrecht ist gekennzeichnet von einer Vielzahl von Akteuren und Interessen: Angefangen bei den Urhebern selbst und den Nutzungsberechtigten über Verwertungsgesellschaften, Verlagshäuser und Plattformbetreiber bis hin zu den Inhabern von Internetseiten, Zugangsvermittlern und den Nutzern. Da eine Inanspruchnahme derjenigen, die Inhalte in rechtswidriger Weise verbreiten, oftmals nicht möglich oder erfolgsversprechend ist, hat die Rechtsprechung die sogenannte Störerhaftung entwickelt. Diese ermöglicht unter gewissen Voraussetzungen, auch mittelbar an einer Rechtsverletzung Beteiligte in Anspruch zu nehmen – so in etwa den Plattformbetreiber (Host-Provider) oder den Zugangsvermittler (Access-Provider).

Der nachfolgende Beitrag setzt sich in Anlehnung an eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit den Voraussetzungen der Störerhaftung am Beispiel eines Domain-Registrars auseinander (BGH, Urt. v. 15.10.2020I ZR 13/19).

Worum ging es?

 Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Domain-Registrar für Urheberrechtsverletzungen auf einer von ihm vermittelten Domain in Anspruch genommen wurde. Über die Website hinter der Domain wurden Musikwerke rechtswidrig im Wege des Filesharings angeboten.

Eine Domain ist letztlich eine Webadresse, hinter der die IP-Adresse des Inhabers gespeichert wird. Während die DENIC die sogenannte „top-level“-Domain „.de“ vergibt, unterstützt ein Registrar bei der administrativen Abwicklung der Anmeldung einer sogenannten „sub-level“-Domain, also dem, was zwischen „www…“ und „…com“ oder „„.de“ steht. Ein Registrar hat die Möglichkeit, die von ihm vergebene Domain zu sperren, worauf er im Rechtsstreit von der Klägerin in Anspruch genommen wurde. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Domain-Registrar Störer im Zusammenhang mit einer Urheberrechtsverletzung (oder anderen Rechtsverletzungen) ist.

Wann ist man urheberrechtlicher Störer?

Nach ständiger Rechtsprechung kann als Störer in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden kann, setzt die Haftung des Störers zusätzlich aber noch die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus, die anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen sind.

Wie entschied der Bundesgerichtshof?

Nach der Entscheidung des BGH soll für den Registrar, der immerhin bei der administrativen Abwicklung der Einrichtung eines Domain-Zugangs mitwirkt, keine Haftungsprivilegierung nach § 8 TMG (Telemediengesetz) für Zugangsvermittler (Access-Provider) gelten.

Allerdings erklärte der BGH dieselben Haftungsmaßstäbe wie bei Zugangsvermittlern für anwendbar. Das Gericht bejahte also einen mittelbaren Beitrag zur Urheberrechtsverletzung durch die Domain-Vermittlung, weil kaum ein Nutzer direkt auf die IP-Adresse zurückgreife, sondern stets die Domains nutze. Prüfpflichten sah der BGH allerdings nicht verletzt, obwohl der Registrar trotz genauer Darlegung der Urheberrechtsverstöße durch die Klägerin die Seite nicht sperrte.

Da die Haftung des Registrars ebenso wie diejenige eines Internetzugangsvermittlers „ultima ratio“ sei, müsse der Anspruchsteller nämlich weiterhin darlegen, dass er erfolglos den Verletzer oder dessen Host-Provider in Anspruch genommen habe. Anders als noch die Berufungsinstanz zum Ausdruck brachte, stehe der Zugangsvermittler oder der Registrar nämlich nicht im Lager des täterschaftlichen Verletzers, sondern sei neutral. Außerdem müsse für die Sperrung der Domain (Dekonnektierung) feststehen, dass die darunter veröffentlichten Inhalte „weit überwiegend illegal“ seien. An diesen beiden Voraussetzungen scheiterte letztlich der Anspruch der Klägerin. Der BGH entschied zudem, dass grundsätzlich keine anlasslosen allgemeinen Prüf- und Überwachungspflichten der Seiteninhalte seitens des Domain-Registrars bestehen.

Was bedeutet dies für die Praxis?

Auch wenn das Urteil nicht zu Gunsten der Rechteinhaber ausfiel, so dürfte die Rechtsposition der Urheber und verwandten Schutzrechteinhaber dadurch gestärkt worden sein, dass künftig auch der Domain-Registrar als Anspruchsgegner in Betracht kommt. Zwar ist dessen Haftung stets subsidiär, doch dürfte die Inanspruchnahme der Nutzer und ihrer Host-Provider häufig nicht gelingen. In diesen Konstellationen kommt als letzte Möglichkeit also die Erwirkung der Dekonnektierung der Domain in Betracht. Erforderlich ist dafür jedoch, dass die Inhalte unter der Domain „weit überwiegend illegal“ sind, wobei die Voraussetzungen hierfür noch nicht höchstrichterlich definiert sind.

Urheberrecht bei VON ALLWÖRDEN

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PODCAST: Benjamin von Allwörden über 3 Jahre Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

Das Wirtschaftsmagazin Business & People hat unseren Partner Benjamin von Allwörden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, zum Thema Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) interviewt. Dabei geht es unter anderem um Datenschutz im Arbeitsrecht und Auswirkungen des Datenschutzes auf das Homeoffice.

Hören Sie sich den Podcast in voller Länge hier an:

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Wann sind nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen rechtmäßig?

AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen

Arbeitsverhältnisse werden in der Regel unter Verwendung von vorformulierten Verträgen abgeschlossen. Dabei stellt meistens der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vertraglichen Bestimmungen. Die Nutzung solcher Vertragsklauseln ist grundsätzlich von der Vertragsfreiheit gedeckt, unterliegt aber einer sogenannten AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Dies hat zur Folge, dass bestimmte Klauseln per se unzulässig sind und eine strenge gerichtliche Überprüfung einzelner Regelungen durchgeführt werden kann. Insbesondere können intransparent gestaltete Klauseln oder Klauseln, die eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers beinhalten, AGB-rechtlich unzulässig und damit unwirksam sein.

Was sind AGB?

Unwirksamkeit von „Catch-All-Klauseln“

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer einen Vertrag mit einer sogenannten „Catch-All-Klausel“ geschlossen hatten (LAG Köln, Urt. v. 02.12.2019, 2 SaGa 20/19). Diese Klausel sah eine Verpflichtung des Arbeitnehmers vor, über rechtmäßig im Betrieb erlangte Kenntnisse ohne sachliche oder zeitliche Beschränkung Verschwiegenheit wahren zu müssen.  Das Landesarbeitsgericht befand die Klausel für unwirksam, da sie das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Ausübung der Berufsfreiheit zu stark beeinträchtige. Als gesetzliche Stütze zog das Gericht die Regelung aus § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB heran. Diese Vorschrift sieht als längst mögliche Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für kaufmännische Angestellte in Handelsgewerben (Handelsgehilfen) von zwei Jahren vor. Dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist zudem an eine Vielzahl weiterer Bedingungen geknüpft.

In der Möglichkeit, eine nachvertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung bezüglich rechtmäßig erlangter Informationen auf zwei Jahre zu begrenzen, sah das Landesarbeitsgericht ausreichenden Schutz für den Arbeitgeber. Die Vereinbarung einer lebenslangen Verschwiegenheitspflicht stelle daher eine wesentliche Abweichung von gesetzgeberischen Grundgedanken dar und sei unwirksam. Der Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers wurde daher in der zweiten Instanz zurückgewiesen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist rechtskräftig.  

Das Urteil des LAG Köln im Volltext

Was geschieht mit unzulässigen AGB-Klauseln?

Eine nur teilweise Unwirksamkeit oder richterliche Anpassung von einzelnen Vertragsklauseln kommt nicht in Betracht.  Aus Gründen der Missbrauchsvorbeugung gilt im AGB-Recht ein sogenanntes Verbot geltungserhaltender Reduktion. Eine unwirksame Klausel ist damit insgesamt unwirksam. Es gilt folglich ausschließlich die Gesetzeslage.

Weitere Informationen zum AGB-Recht

Welche Voraussetzungen müssen arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklauseln erfüllen?

Der Fall zeigt, dass gesetzliche Vorgaben zum Wettbewerbsverbot aus §§ 74 ff. HGB zumindest mittelbar Berücksichtigung in der AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen finden können. Auch wenn der Arbeitnehmer nur ausnahmsweise Handelsgehilfe im Sinne des Handelsgesetzbuches sein dürfte, können gesetzgeberische Vorgaben aus diesem Bereich auch die gerichtliche Wertung einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers beeinflussen. Verschwiegenheitsvereinbarungen in AGB sind nur unter der Bedingung rechtmäßig, dass sie keine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers beinhalten. Nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen von mehr als zwei Jahren Dauer dürften daher – solange keine finanzielle Kompensation gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgt – in der Regel unzulässig sein.

Noch strengere Anforderungen sind an nachvertragliche Wettbewerbsverbote in AGB zu stellen. Denn mit Wettbewerbsverboten geht eine noch größere Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit einher als mit Verschwiegenheitsverpflichtungen.

Weitere Informationen zum Arbeitsrecht

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Bundesarbeitsgericht zum Verbot sachgrundloser Befristung bei Vorbeschäftigung

Im deutschen Arbeitsrecht sind Befristungen von Arbeitsverträgen nur in engen Grenzen zulässig. Zu unterscheiden ist insbesondere danach, ob es einen Sachgrund für eine Befristung gibt oder eine Befristung sachgrundlos erfolgt.

Ist eine Befristung unwirksam, so gilt nach § 16 S. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Dies hat in der Praxis u.a. für die Anwendbarkeit der Regeln des Kündigungsschutzgesetzes erhebliche Bedeutung.

Der nachfolgende Beitrag nimmt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil v. 16.9.20207 AZR 552/19) zum Anlass, die Anforderungen an einen Sachgrund für eine wirksame Befristung darzustellen sowie die Bedingungen und Ausnahmen der sachgrundlosen Befristung zu erörtern.

Wann liegt ein Sachgrund für eine Befristung vor?

14 Abs. 1 TzBfG zählt einige Gründe für eine Befristung auf. Ein Sachgrund besteht in der Praxis vor allem für die sogenannte „Probezeit“ sowie für Vertretungen, insbesondere von Arbeitnehmerinnen im Mutterschutz oder Arbeitnehmern in Elternzeit. Weiterhin kann eine Befristung auch durch die Art der Tätigkeit selbst bedingt sein. Einstellungen für Projekte, saisonales Geschäft oder Großaufträge, bei denen die geschuldete Leistung des Arbeitnehmers schon der Sache nach nur befristet erbracht werden kann, können gerechtfertigt sein. Weiterhin kann es auch Gründe in der Person des Arbeitnehmers geben, zum Beispiel einen geplanten Umzug. Trotz Vorliegens eines Sachgrundes wird der Arbeitsvertrag in aller Regel einer AGB-Kontrolle unterliegen, da Arbeitsverträge meistens als arbeitgeberseitige Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert werden.

Wann ist eine sachgrundlose Befristung zulässig?

Eine sachgrundlose Befristung bedarf hingegen keiner Angabe von Gründen seitens des Arbeitgebers und ist grundsätzlich auf höchstens zwei Jahre beschränkt. Dabei ist zu beachten, dass zuvor kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden haben darf (zu den Ausnahmen später). Auf die Dauer des vergangenen Arbeitsverhältnisses kommt es dabei nicht an, sodass auch wenige Tage ausreichen können. Innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums kann eine kürzere Beschäftigungsdauer aber bis zu drei Mal verlängert werden. Dabei ist Vorsicht geboten! War die erstmalige Befristung unwirksam, weil zum Beispiel nicht die gesetzliche Schriftform eingehalten wurde, so ist dadurch schon ein früheres unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden, das einer sachgrundlosen Befristung entgegensteht.

Spezialfälle von sachgrundloser Befristung bestehen für neugegründete Unternehmen innerhalb der ersten vier Jahre und für Personen, die das 52. Lebensjahr schon beendet haben und seit 4 Monaten beschäftigungslos sind. Im ersten Fall darf dann sachgrundlos bis zu vier Jahre, im zweiten Fall bis zu fünf Jahren befristet werden.

Ein Tarifvertrag kann u.U. vom Gesetz abweichende Regeln vorsehen.

Ist eine sachgrundlose Befristung trotz Vorbeschäftigung möglich?

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) gilt das Verbot der sachgrundlosen Befristung wegen einer Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber nicht unbeschränkt. Nach Auffassung der Richter des 7. Senates müsse unter Zugrundelegung der bindenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes dieses Prinzip eine Einschränkung erfahren, wenn eine unbefristete Einstellung für die Parteien unzumutbar ist. Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung ist dies insbesondere anzunehmen, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Das soll bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit gegeben sein, aber auch bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht. Für den Begriff „sehr lang“ reichen nach BAG-Rechtsprechung acht Jahre jedenfalls nicht. „Sehr kurze Dauer“ ist bei zwei Jahren Beschäftigung jedenfalls auch nicht mehr gegeben.

Im Verfahren über eine Befristungskontrollklage befand das BAG mit Urteil vom 16.09.2020, dass die zwischenzeitige Aufnahme eines Hochschulstudiums, das erstmalig Zugang zu einer Referentenstelle im öffentlichen Dienst schuf, den Anforderungen an die Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht, nicht entsprach. Der Kläger war zuvor schon in unterschiedlicher Funktion als Sachbearbeiter bei der Dienstherrin tätig. Das BAG betonte, dass es vor allem auf den inhaltlichen Bruch in der Erwerbsbiographie ankomme. Maßgeblich dafür, dass eine Beschäftigung „ganz anders geartet“ ist, sei, ob wesentlich andere Kenntnisse und Fähigkeiten benötigt würden als in der vorherigen Beschäftigung. Das Absolvieren eines Studiums mit wirtschaftlichem Schwerpunkt an einer Verwaltungshochschule stelle trotz juristischen Einschlags keinen Bruch der Erwerbsbiographie eines Objektingenieurs dar.

Zum Urteil des Bundearbeitsgerichts im Volltext

Praxistipp

Ob eine Befristung wirksam vereinbart wurde, hat insbesondere für die Frage nach einem Kündigungsschutz des betroffenen Arbeitnehmers Bedeutung. Sofern keine tarifvertraglichen Regelungen gelten, sind Ausnahmen von gesetzlichen Regeln nur in engen Grenzen und mit Zurückhaltung anzunehmen. Vorbeschäftigungen im Betrieb dürften damit grundsätzlich berücksichtigungspflichtig sein, auch, wenn der Arbeitnehmer zur Qualifizierung für höhere Stellen außerbetriebliche Bildungsmaßnahmen unternimmt. Das BAG stellt in diesem Zusammenhang vor allem auf inhaltliche und weniger auf zeitliche Unterbrechungen ab. Fünf Jahre und zwei Monate der Erwerbsunterbrechung haben hier jedenfalls nicht ausgereicht.

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Der Auskunftsanspruch vor dem Bundesarbeitsgericht

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ging es um die Reichweite des Auskunftsanspruchs eines ausgeschiedenen Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO (BAG, Urteil v. 27. April 2021 – 2 AZR 342/20). Der Arbeitnehmer verlangte u.a. die Erteilung von Datenkopien der ihn betreffenden E-Mails, in denen sein Name vorkam. Zuvor verlangte der aus dem Angestelltenverhältnis ausscheidende Wirtschaftsjurist Auskunft über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch die Arbeitgeberin. Diese Auskunft wurde ihm erteilt.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht wies die auf Erteilung von Datenkopien gerichtete Klage des ehemaligen Arbeitnehmers wegen mangelnder Bestimmtheit im Sinne des § 253 Abs. 2 ZPO zurück. Aus Sicht des Gerichtes war es der Klage nicht mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen, von welchen E-Mails der Kläger Datenkopien herausverlangte. Eine Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist daher nicht ergangen.

In der Vorinstanz gab das niedersächsische Landesarbeitsgericht der Klage zwar teilweise statt, lehnte den geltend gemachten Herausgabeanspruch hinsichtlich der E-Mails jedoch ab (LAG Hannover, Urt. v. 09.06.2020 – 9 Sa 608/19). Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind durchaus wegweisend: Der Anspruch nach § 15 Abs. 3 DSGVO soll auf die Erteilung einer Kopie der Daten beschränkt sein, die auch Gegenstand der nach § 15 Abs. 1 DSGVO begehrten Auskunft sein können. Der Schutzzweck der Norm sei gerade darauf ausgerichtet, dass der Auskunftsersuchende eine Überprüfung der ihn betreffenden Datenverarbeitungen vornehmen könne. E-Mails, die der Auskunftsersuchende selbst empfangen oder versendet hat, seien ihm ohnehin schon bekannt und daher nicht vom Anspruch umfasst. 

Zur Pressemitteilung des BAG – Erteilung einer Datenkopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO

Die Entscheidung des LAG Hannover im Volltext

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Zur kommerziellen Nutzung von Persönlichkeitsrechten

Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Nutzung von Bildern prominenter Personen ohne deren Zustimmung in der Presse, der Werbung oder den sozialen Medien sind keine Seltenheit. Ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse kann eine Nutzung unter Umständen rechtfertigen. Auch kann eine Nutzung im Rahmen journalistischer Arbeit von der Pressefreiheit gedeckt sein. Steht allerdings der kommerzielle Zweck einer Nutzung von Persönlichkeitsrechten und Bildern im Mittelpunkt, kann die Grenze zu einer rechtswidrigen Beeinträchtigung dieser Rechte überschritten sein.

Welcher Schutz kommt dem Recht am eigenen Bild zu?

Im Grundsatz gilt: Bildnisse einer Person dürfen nur mit Zustimmung veröffentlicht werden. Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und genießt gesetzlichen Schutz nach System der §§ 22, 23 des Kunsturhebergesetzes.

Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz im Bereich der sogenannten Zeitgeschichte. Der Begriff der Zeitgeschichte ist nach ständiger Rechtsprechung weit zu verstehen und muss vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit her bestimmt werden. Es sind alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse umfasst. Liegt die Veröffentlichung eines Bildnisses nach diesen – grob skizzierten – Maßstäben im öffentlichen Interesse, so sind Rechte des Abgebildeten – wie z.B. der Schutz der Privatsphäre und die kommerzielle Verwertbarkeit des eigenen Bildes – demgegenüber abzuwägen.

Die Veröffentlichung von Bildnissen prominenter Personen ohne deren Einwilligung ist daher stets rechtswidrig, wenn die Veröffentlichung bloß eine kommerzielle Nutzung zu Werbe- und Imagezwecken zum Ziel hat. Dies ist beispielsweise bei einer ungefragten Nutzung in der Werbung der Fall.

Im Folgenden werden drei aktuelle Entscheidungen vorgestellt, die sich mit der Thematik einer kommerziellen Nutzung von Persönlichkeitsrechten befassen:

Was hat der Bundesgerichtshof entschieden?

Der BGH hat sich mit der Zulässigkeit des sogenannten „Clickbaiting“ (Klickköderung) beschäftigt. Das Gericht gab Anfang 2021 einer auf Schadenersatz gerichteten Klage eines prominenten Fernsehmoderators statt (BGH, Urteil v. 21.01.2021 – Az. I ZR 120/19). Dessen Abbild wurde zusammen mit drei weiteren Prominenten auf der Facebook-Seite einer TV-Zeitschrift genutzt und war dabei mit der Schlagzeile „Einer dieser TV-Moderatoren muss sich wegen KREBSERKRANKUNG zurückziehen“ betitelt. Der BGH sah darin eine unzulässige Aufmerksamkeitswerbung. Das Bild auf der Facebook-Seite habe die Funktion der Titelseite eines Printmediums erfüllt. Dem liege zwar ein Geschehnis der Zeitgeschichte zugrunde, allerdings sei zu berücksichtigen, dass keinerlei Berichterstattung über den klagenden Moderator, sondern nur über eine andere, tatsächlich von einer Krebserkrankung betroffenen Person, in dem Artikel enthalten war. Damit habe das kommerzielle Interesse der Zeitschrift an einer möglichst hohen Klickzahl im Vordergrund gestanden, ohne, dass ein etwaiges Informationsinteresse in Bezug auf den Moderator befriedigt wurde.

Urteil des BGH im Volltext abrufen

In einem weiteren Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, wurde ein Gewinnspiel mit dem Titel „Urlaubslotto“ durch ein großes Verlagshaus mit einer Bebilderung der Fernsehsendung „Das Traumschiff“ versehen (Urteil v. 21.01.2021 – Az. I ZR 207/19). Auf dem Bild war unter anderem ein prominenter „Traumschiff-Kapitän“ zu sehen. Zwar berücksichtigte das Gericht zugunsten des Verlagshauses, dass der Schauspieler in seiner TV-Rolle und nicht als Privatperson abgebildet war sowie den Umstand, dass der Symbolcharakter der Serie zur Illustration der Urlaubsreise genutzt wurde. Allerdings bestehe insgesamt nur ein sehr geringer Informationswert und die Darstellung sei darüber hinaus nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Die werbende Darstellung des Gewinnspiels unter Verwendung des Bildes wurde daher für rechtswidrig befunden.

Urteil des BGH im Volltext abrufen

Was hat das Oberlandesgericht Köln entschieden?

Das Recht am eigenen Bild könnte auch durch die Darstellung einer nachahmenden jüngeren Doppelgängerin einer prominenten Person in rechtswidriger Weise beeinträchtigt sein. Es ging um die Plakatwerbung für eine Tribute-Show, die von der Doppelgängerin einer weltbekannten Sängerin inszeniert wurde.

Allerdings erkannte das OLG Köln im konkreten Fall keinen Unterlassungsanspruch der Sängerin, da der Plakatwerbung keine berechtigten Interessen der Abgebildeten entgegenstünden (Urt. v. 17.12.2020, Az. 15 U 37/20). Das OLG sah keine Verwechslungsgefahr gegenüber der „echten“ Künstlerin. Ein falscher Eindruck, wonach die prominente Künstlerin an der Show mitwirke, sei nicht erweckt worden. Weiterhin sah es mit der Werbung nicht den kommerziellen Teil des Persönlichkeitsrechts verletzt, da nicht ein kommerzielles Produkt, sondern vornehmlich ein Kunstwerk angepriesen wurde, das dem besonderen grundrechtlichen Schutz der Kunstfreiheit unterfällt. Gegen das Urteil ist derzeit eine Revision beim BGH (Az. I ZR 2/21) anhängig.

Urteil des OLG Köln im Volltext abrufen

Wann darf ein Bildnis genutzt werden?

Eine Nutzung von Abbildungen prominenter Personen zu kommerziellen Zwecken ist, sofern keine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt, nur in sehr engen Grenzen möglich. Der Nutzer muss sich jedenfalls auf ein berechtigtes Interesse berufen können, das über die bloße kommerzielle Verwertung des Bildnisses hinausgeht.

Bilder unbekannter Personen dürfen, sofern nicht aus erkennbarem Anlass ein Informations- und Berichterstattungsinteresse besteht, per se nicht ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht oder kommerziell genutzt werden.

Eine erteilte Einwilligung kann im Übrigen unter Umständen widerrufen werden. Wir empfehlen daher, Werbekooperationen stets vertraglich festzuhalten und gegenseitige Rechte und den Umfang der Nutzung zu definieren.

Bleiben diese Grundsätze unbeachtet, so steht dem Abgebildeten regelmäßig ein Anspruch auf Unterlassung zu. Darüber hinaus kann unter Umständen auch Schadensersatz vom Rechtsverletzer verlangt werden. Bei rechtswidrigen Beeinträchtigungen von Persönlichkeitsrechten sind zudem die Rechtsverfolgungskosten als Schaden erstattungsfähig.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu persönlichkeits- und medienrechtlichen Fragen. Nehmen Sie bei Bedarf gern unverbindlich Kontakt mit uns auf.

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Kündigung eines Arbeitnehmers bei verspäteter Anzeige fortdauernder Arbeitsunfähigkeit

Kündigungsrecht: Verspätete Anzeige einer Fortsetzungserkrankung durch Arbeitnehmer kann verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen

Nach neuer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Kündigungsrecht kann die verhaltensbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers nach nicht unverzüglich erfolgter Mitteilung über eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt sein (BAG, Urteil vom 07.05.2020 – 2 AZR 619/19).

Ein klagender Arbeitnehmer unterlag in letzter Instanz in einem Kündigungsschutzprozess. Er meldete die Fortdauer seiner Arbeitsunfähigkeit (also die Verlängerung seiner Krankschreibung) wiederholt erst nach Beginn der Kernarbeitszeit. Nach erfolgter Abmahnung wegen einer einschlägigen Pflichtverletzung erhielt er eine verhaltensbedingte Kündigung.

Woraus ergibt sich die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung?

Das Bundesarbeitsgericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass sich die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung einer Arbeitsunfähigkeit aus § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes ergibt. Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – mitzuteilen. Die Regelung soll bezwecken, dass sich der Arbeitgeber auf das Fehlen des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers möglichst früh einstellen und erforderliche Maßnahmen ergreifen kann. Dies Grundsatz soll allgemein gelten und nicht in Abhängigkeit zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung stehen. Auf arbeitsvertragliche oder betriebsverfassungsrechtliche Regelungen kam es in diesem Fall daher nicht an.

Gibt es einen Unterschied zwischen Erstbescheinigung und Folgebescheinigung?

Das Bundesarbeitsgericht nimmt bei der Verpflichtung des Arbeitnehmers, seine Arbeitsunfähigkeit unverzüglich gegenüber dem Arbeitgeber anzuzeigen, keine Differenzierung zwischen der ersten Arbeitsunfähigkeit und daran anschließenden Fortsetzungserkrankungen vor. Es könne aus Sicht des Arbeitgebers nicht angenommen werden, dass eine Arbeitsunfähigkeit wahrscheinlich über die genannte voraussichtliche Dauer hinaus fortbestehen wird.

Wann rechtfertigt eine Pflichtverletzung eine Kündigung?

Ob die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten oder Nebenpflichten eine verhaltensbedingte Kündigung begründen kann, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. Es ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Die Pflichtverletzung muss dazu führen, dass eine auf Dauer störungsfreie Erfüllung des Arbeitsvertrages in Zukunft nicht mehr erwartet werden kann. Oft wird es daher aus Arbeitgebersicht angezeigt sein, das Fehlverhalten zunächst abzumahnen.

Unsere erfahrenen Anwälte beraten ständig zu arbeitsrechtlichen Fragen und führen zahlreiche Prozesse vor den Arbeitsgerichten.

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VON ALLWÖRDEN begleiten Schreiber & Tholen Medizintechnik GmbH bei Veräußerung an GAT Group

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte begleiten Veräußerung der Schreiber & Tholen Medizintechnik GmbH an die Global Assistive Technology Group

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte haben die Verkäuferseite bei der Veräußerung der Schreiber & Tholen Medizintechnik GmbH beraten. Die Schreiber & Tholen Medizintechnik GmbH ist spezialisiert auf den Vertrieb medizintechnischer Anlagen und Geräte für den Bereich der Neurologie.

Die Veräußerung erfolgte an die Global Assistive Technology Group (GAT) mit Sitz in Heidelberg und wurde noch im Jahr 2020 vollzogen. Die Käuferseite wurde beraten durch die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Frankfurt.

Hinweis

Sämtliche Mitteilungen über Mandate und Mandanten erfolgen ausschließlich nach Absprache mit den Betroffenen.

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Mängelbeseitigungskosten beim Immobilienkauf – BGH bestätigt Ersatzfähigkeit auch ohne Durchführung der Mängelbeseitigung

Schadensersatz beim Immobilienkauf

Aktuelle Entscheidung des BGH vom 12.03.2021 – Immobilienkäufer können weiterhin fiktive Mängelbeseitigungskosten einklagen

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Immobilienkaufverträgen zuständige V. Zivilsenat des BGH hat heute entschieden, dass Käufer von Häusern oder Wohnungen bei Mängeln an der Immobilie weiterhin ihren Schadensersatz anhand der voraussichtlich entstehenden (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten berechnen können (Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19). Dies bedeutet, dass der Käufer eines Grundstücks im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung den Ersatz der für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Kosten verlangen kann, unabhängig davon, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. Vorausgegangen war dieser Entscheidung eine divergierende Rechtsprechung zwischen verschiedenen Senaten des BGH zur Frage, ob fiktive, also bislang nicht aufgewendete Mängelbeseitigungskosten im Wege des Schadensersatzes eingeklagt werden können oder Mängelbeseitigungskosten erst eingeklagt werden können, wenn sie tatsächlich angefallen sind.

Die Vorgeschichte – Divergierende Rechtsprechung des V. und VII. Zivilsenats des BGH

Der VII. Zivilsenat des BGH hatte eine fiktive Schadensberechnung im Werk- und Architektenrecht mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 (Urteil vom 22. Februar 2018 – VI ZR 46/17) für das Werkvertragsrecht abgelehnt. Für (Immobilien-)Kaufverträge gingen die Rechtsprechung und auch der V. Zivilsenat des BGH hingegen bereits zuvor davon aus, dass der Käufer einer Immobilie fiktive Mängelbeseitigungskosten unabhängig davon einklagen kann, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird. An dieser Rechtsprechung hat der V. Zivilsenat festgehalten.

Der Sachverhalt

Die Kläger hatten von dem Beklagten eine Eigentumswohnung erworben. Da es vor dem Verkauf Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung gab, die dem Verkäufer bekannt waren, wurde im notariellen Kaufvertrag aufgenommen, dass der Verkäufer verpflichtet ist, erneute Feuchtigkeitsschäden auf seine Kosten zu beheben, wenn es innerhalb eines bestimmten Zeitraums erneut zur Feuchtigkeitsbildung kommen sollte. Nach Übergabe der Wohnung trat dann erneut Feuchtigkeit in der Wohnung auf und die Kläger forderten den Beklagten auf, die Schäden zu beseitigen, was der Beklagte ablehnte. Mit ihrer Klage machten die Kläger voraussichtliche Mängelbeseitigungskosten abzüglich der Umsatzsteuer sowie ihre vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend und wollten zusätzlich festgestellt wissen, dass der Beklagte ihnen weitere, im Zusammenhang mit der Feuchtigkeitsbildung entstehende Schäden ersetzen muss.

Die Entscheidungsgründe

Der V. Zivilsenat des BGH hob in seiner Entscheidung die Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht hervor. Für den Käufer einer Immobilie ist es nach Auffassung des Senats unzumutbar, die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorzufinanzieren, denn anders als im Werkvertragsrecht sieht das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht keinen Vorschussanspruch für den Käufer einer Immobilie vor.

Deshalb kann der Käufer einer Immobilie bereits vor Ausführung der Mängelbeseitigungsarbeiten auch zukünftig seinen Schadensersatzanspruch einklagen – allerdings ohne die Umsatzsteuer. Diese kann als Zahlungsanspruch erst eingeklagt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB). Insoweit kann der Käufer allerdings mit einem Feststellungsantrag gerichtlich feststellen lassen, dass der Verkäufer ihm weitere Schäden aus dem Schadensereignis ersetzen muss.

Die zunächst angedachte Vorlage der Frage, ob fiktive Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz statt der Leistung eingeklagt werden können, an den Großen Zivilsenat des BGH ist nach dem heutigen Urteil nicht mehr erforderlich, da die Divergenz zwischen den beiden Senaten mit den Besonderheiten des Kauf- und Werkvertragsrecht gerechtfertigt werden kann.

Die Entscheidung bringt Klarheit und Rechtssicherheit für die Käufer von Immobilien und ist zu begrüßen.

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