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Autor: Sebastian von Allwörden

Kurzarbeit – Ein Überblick

Neben vielen weiteren arbeitsrechtlichen Themen kommt der Kurzarbeit eine ganz besondere Relevanz während der Corona-Pandemie zu. Der folgende Beitrag informiert über die wichtigsten Fakten im Zusammenhang mit Kurzarbeit.

Hintergrund

Kurzarbeit ist ein Instrument zur Sicherung von Arbeitsplätzen in konjunkturschwachen Wirtschaftsphasen. Entfallen in Betrieben Aufträge oder Absatzmöglichkeiten, geht damit ein Einbruch der benötigten Arbeitsleistung einher. Bei angeordneter Kurzarbeit wird der Arbeitnehmer zeitweise von seiner Arbeitspflicht ganz oder teilweise befreit. Dafür entfällt im Gegenzug ganz oder teilweise die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohnes. Der Arbeitnehmer erhält – über seinen Arbeitgeber – eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit. Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten 60%, Arbeitnehmer mit Kindern 67% des entgangenen Nettolohnes. Der Sozialversicherungsschutz bleibt bestehen.

Um Arbeitsplätze vorerst zu sichern, kann Kurzarbeit unter Umständen eine sehr sinnvolle Alternative zum betriebsbedingten Stellenabbau sein. Betroffene Arbeitnehmer behalten ihren Job und die Arbeitgeber können, wenn die Auftragslage sich verbessert, sofort wieder auf die bewährten Arbeitskräfte zugreifen. Kurzarbeit kann für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten beantragt werden.

Wer ist antragsberechtigt?

Grundsätzlich haben nach den §§ 95 ff. SGB III alle sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist deshalb unabhängig von Betriebsgröße oder Branche jedem Arbeitgeber mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten möglich. Allerdings darf das monatliche Bruttoeinkommen des betroffenen Arbeitnehmers nach Verkürzung der Arbeitszeit und des Entgelts EUR 6.900,00 (West) bzw. EUR 6.450,00 (Ost) nicht überschreiten.

Welche Voraussetzungen müssen für Kurzarbeit erfüllt sein?

Die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit setzt voraus, dass der Arbeitsausfall im betroffenen Unternehmen unvermeidbar ist. Daraus folgt, dass Überstunden, Zeitguthaben und Resturlaub in der Regel zunächst „abgebaut“ werden müssen, bevor ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld entstehen kann.

Der Arbeitsausfall mit Entgeltausfall beim Arbeitnehmer muss zudem „erheblich“ sein und auf wirtschaftlichen Gründen beruhen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn eine vorübergehende und nicht vermeidbare „Veränderung der betrieblichen Strukturen“ vorliegt, die durch die „allgemeine wirtschaftliche Entwicklung“ bedingt ist. Sind bestimmte Industriezweige durch einen Einbruch der Wirtschaft und einen dadurch bedingten Rückgang der Auftragslage betroffen, dürften diese Voraussetzungen regelmäßig erfüllt sein. Gleiches gilt für einen Wirtschaftseinbruch infolge von Pandemien. Die wirtschaftlichen Gründe sind im Antrag glaubhaft darzulegen.

Es besteht grundsätzlich kein Recht des Arbeitgebers, Kurzarbeit einseitig anzuordnen. Dazu bedarf es vielmehr einer Rechtsgrundlage, die sich aus Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben kann. Wurde kein Anordnungsrecht des Arbeitgebers vereinbart, bedarf es einer Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so bestimmt dieser bei der Anordnung von Kurzarbeit grundsätzlich mit.

Durch das im März 2020 in Kraft getretene Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld soll es Unternehmen vereinfacht werden, Zugang zum Kurzarbeitergeld zu erhalten. Ist mindestens ein Zehntel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen, soll dies ausreichen. In „normalen Zeiten“ müsste mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein. Arbeitgeber erhalten Sozialversicherungsbeiträge nun vollumfänglich erstattet. Außerdem soll es nicht erforderlich sein, dass die betroffenen Arbeitnehmer zuvor Minusstunden angesammelt haben. Kurzarbeitergeld kann nun außerdem auch für Leiharbeitnehmer beantragt werden.

Was passiert mit Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit?

Seitens der Bundesagentur für Arbeit wird nicht verlangt, dass der Jahresurlaub aus dem laufenden Kalenderjahr bis zum 31. Dezember 2020 zur Vermeidung oder Reduzierung von Kurzarbeit „eingesetzt“ wird. Gleichwohl kann der Jahresurlaub im Verhältnis zur Kürzung der Arbeitszeit reduziert werden.

Wird während angeordneter Kurzarbeit Urlaub genommen, haben Arbeitnehmer ihren normalen Anspruch auf volles Urlaubsentgelt. Eine Kürzung des Urlaubsentgelts im Verhältnis zur Kürzung des Arbeitsentgelts findet nicht statt. Möglich ist hingegen eine Kürzung der Anzahl der Urlaubstage. Ob eine Verringerung des Anspruchs auf Erholungsurlaub automatisch eintritt oder eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung erforderlich ist, wurde bis dato nicht abschließend gerichtlich geklärt.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten von Kurzarbeit betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gern in arbeitsrechtlichen Fragen.

Vorübergehende Gesetzesänderung wegen Corona-Pandemie

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur COVID-19-Pandemie sieht weitreichende Übergangsregelungen in den Bereichen Zivilrecht, Mietrecht, Darlehensrecht und Insolvenzrecht vor.

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf veröffentlich, der zahlreiche vorübergehende Änderungen (überwiegend vorläufig bis 30.09.2020) vorsieht. Es handelt sich zunächst um einen Entwurf, der noch durch den Gesetzgeber beschlossen werden muss.

Der Entwurf sieht nach erster Auswertung folgende zentrale Regelungen vor:

  • Für vor dem 8. März 2020 geschlossene Verträge gilt ein weitereichendes Leistungsverweigerungsrecht für Schuldner, die aufgrund der Corona-Pandemie ihre Leistungen nicht erbringen können. Es gibt hier im Entwurf jedoch ein komplexes Reglement mit Ausnahmen und Rückausnahmen.
  • Vermieter können wegen auf der Corona-Pandemie beruhenden Zahlungsausfällen ihrer Mieter bis 30.09.2020 keine außerordentlichen Kündigungen wegen Zahlungsverzugs mehr aussprechen. Die Zahlungsverpflichtungen bleiben jedoch ausdrücklich bestehen.
  • Darlehensnehmer, die aufgrund der Corona-Pandemie ihren Zahlungsverpflichtungen aus vor dem 08. März 2020 geschlossenen Kreditverträgen nicht mehr nachkommen können, können die Zahlungen aussetzen, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen. Die Zahlungen werden jedoch nur gestundet.
  • Die Insolvenzantragspflicht ist bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.
  •  Hauptversammlungen und Vereinssitzungen können vorläufig per Fernkommunikationsmitteln durchgeführt werden (virtuell)

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu den anstehenden Änderungen und den Auswirkungen auf Ihre Vertragsverhältnisse. Wir sind in der Lage, Mandate vollständig digital zu bearbeiten und auch mit Gerichten und Behörden digital zu kommunizieren. Auch können wir Telefonkonferenzräume für Besprechungen zur Verfügung stellen.

Sie erreichen uns per Telefon (04141 80299 20) oder E-Mail (office@va-ra.com).

Der Gesetzentwurf im Download 

Arbeitsrecht in der „Corona-Krise“

Arbeitsrecht in der Corona-Krise

Die aktuelle Krise durch die Corona-Pandemie wirft vielfältige juristische Fragestellungen auf. Einen besonders stark betroffenen Bereich stellt das Arbeitsrecht dar. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen in dieser Ausnahmezeit vor großen Herausforderungen. Im Folgenden informieren wir über einige grundlegende arbeitsrechtliche Fragen, wobei wir uns auf das aus unserer Sicht momentan Relevanteste konzentriert haben.

Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die grundsätzlichen Pflichten des Arbeitgebers zur Lohnzahlung und des Arbeitnehmers zur Verrichtung der ihm übertragenen Tätigkeiten bleiben von der Corona-Krise zunächst vollkommen unberührt. Weder kann ein Arbeitgeber seine Beschäftigten unter Berufung auf die Epidemie ohne Lohnzahlung „nach Hause“ schicken noch können Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung verweigern und gleichzeitig Lohnzahlung verlangen. Die bloße Befürchtung, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, begründet kein Recht der Arbeitnehmer, von der Betriebsstätte fern zu bleiben. Bleiben Arbeitnehmer gleichwohl fern, könnte dieses Verhalten Arbeitgeber zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bewegen.

Die Befolgung einer Weisung des Arbeitgebers, eine bestimmte Tätigkeit an einem bestimmten Ort zu verrichten oder sich auf eine Geschäftsreise zu begeben, kann nur bei konkreter Gesundheitsgefährdung verweigert werden. Ob eine solche Gesundheitsgefährdung gegeben ist, muss im Einzelfall bewertet werden. Allein der Umstand, dass bestimmte Orte oder Tätigkeiten mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden sind, begründet wohl noch keine konkrete Gesundheitsgefährdung. Anders mag dies im Einzelfall zu beurteilen sein, wenn Arbeitnehmer z.B. unter einer Vorerkrankung leiden, die sie als Risikoperson qualifizieren.

Sind bestimmte Tätigkeiten mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden, greift die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Arbeitsort und -tätigkeit sind nach Möglichkeit so zu gestalten, dass Risiken minimiert werden. Pauschale Definitionen, was ein Arbeitgeber in welcher Situation tun muss, sind jedoch nicht möglich, da die denkbaren Sachverhalte hier zu vielgestaltig sind.

Kommt der Verdacht auf, dass einzelne Arbeitnehmer mit dem Virus infiziert sind, können Arbeitgeber diese Beschäftigten unter Lohnfortzahlung freistellen, wenn andernfalls eine mutmaßliche Gesundheitsgefährdung anderer Mitarbeiter oder der Kunden besteht.

Es gilt die auch von Seiten der Politik kommunizierte Devise, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in dieser Krisenzeit gemeinsam nach einvernehmlichen Lösungen suchen sollten.

Heimarbeit und Kinderbetreuung

Ein Anspruch auf Heimarbeit besteht auch in Zeiten der Corona-Epidemie grundsätzlich nicht, wenn nicht arbeits- oder tarifvertraglich etwas Abweichendes vereinbart ist. Dies gilt sowohl aus Perspektive des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann Home-Office nicht einseitig anordnen, da er sonst die Privatwohnung seiner Beschäftigten zur Betriebsstätte „umwandeln“ würde. Arbeitnehmer haben demgegenüber keinen gesetzlichen Anspruch darauf, von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Heimarbeit muss folglich im Einvernehmen erfolgen.

Für erwerbstätige Eltern stellen die mit der Corona-Epidemie zusammenhängenden Schließungen von Schulen und Kindergärten eine ganz besondere Herausforderung dar. Kinderbetreuung ist grundsätzlich Sache der Eltern. Ist die persönliche Kinderbetreuung erforderlich, kann darin ein Grund für eine unverschuldete Verhinderung des Arbeitnehmers liegen. Das Gesetz sieht für diesen Fall vor, dass der Vergütungsanspruch bestehen bleibt. Allerdings greift die Regelung aus § 616 BGB nur, wenn es sich um eine „nicht erhebliche Zeit“ handelt. Die Gerichte gehen in der Regel von höchstens einer Woche aus. Jedenfalls muss dem Arbeitgeber die Verhinderung sofort mitgeteilt werden.

Insbesondere bei angestellten Eltern betreuungsbedürftiger Kinder setzt die Politik deshalb auf einvernehmliche und konstruktive Lösungen, beispielsweise durch die Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle oder die Einführung von Heimarbeit.

Urlaubssperre, Zwangsurlaub und Urlaubsstornierung

Arbeitgeber können nach dem Bundesurlaubsgesetz Urlaubssperren verhängen, wenn dies wegen „dringlicher betrieblicher Belange“ erforderlich ist. Sind beispielsweise viele der Beschäftigten arbeitsunfähig oder in Quarantäne, könnte dies eine Urlaubssperre für die gesunden Arbeitnehmer zur Aufrechterhaltung des Betriebs rechtfertigen. Gibt es einen Betriebsrat, so muss dieser einer Urlaubssperre zustimmen.

Verlangsamt sich der Betrieb – etwa, weil Aufträge ausbleiben – trägt der Arbeitgeber grundsätzlich das Risiko, keine Beschäftigung mehr für seine Arbeitnehmer zu haben. Die Anordnung von „Zwangsurlaub“ ohne Lohnzahlung ist vor diesem Hintergrund nicht ohne weiteres möglich.

Arbeitnehmer, die ihren bereits gebuchten Urlaub nun infolge der Reisebeschränkungen nicht mehr antreten können, haben hingegen dieses Risiko zu tragen. Erholung im Sinne des Bundesurlaubsgesetztes ist auch in der privaten Wohnung möglich. Genommener Urlaub kann nicht einseitig durch einen Arbeitnehmer „storniert“ werden.

Verordnete Quarantäne und Arbeitsunfähigkeit

Es gilt der einfache Satz: Arbeitsunfähigkeit ist Arbeitsunfähigkeit. Daran und an der möglicherweise im Arbeitsvertrag konkretisierten Verpflichtung, sich arbeitsunfähig zu melden und ein ärztliches Attest vorzulegen, hat die Corona-Krise nichts geändert. Die Attestpflicht könnte durch die Belastungen des Gesundheitssystems jedoch praktisch aufgehoben werden, wenn es Arbeitnehmern nicht mehr möglich ist, eine Krankschreibung einzuholen.

Nach dem Infektionsschutzgesetz erhalten Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer, die sich in behördlich verordneter Quarantäne befinden, eine staatliche Entschädigung. Arbeitgeber zahlen – wie auch bei anderen Formen der Arbeitsunfähigkeit – sechs Woche den Lohn fort. Eine Entschädigung in Höhe der ausgezahlten Beträge kann im Nachgang von der zuständigen Behörde (in der Regel das örtlich zuständige Versorgungs- oder Gesundheitsamt) verlangt werden.

Entschädigungen für eine verordnete Quarantäne erhalten nach dem Infektionsschutzgesetz im Übrigen auch Selbstständige.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu arbeitsrechtlichen Themen. Bei Fragen stehen wir Ihnen auch telefonisch (04141 80 299 20) und per E-Mail (office@va-ra.com) gern zur Verfügung.

Zur Wirksamkeit von AGB-Änderungen via „Pop-Up“-Fenster

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat in einem nun veröffentlichten Beschluss aus November 2019 (Beschluss v. 19.11.2019 – Aktenzeichen: 4 U 1471/19) bestätigt, dass eine Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) auch dann wirksam sein kann, wenn die Änderung dem Vertragspartner (Kunden) via „Pop-Up“-Fenster in dessen Internet-Browser mitgeteilt und von diesem durch Anklicken („Bestätigungs-Button“) akzeptiert wird.

Der Entscheidung lag ein Streit zwischen einer bekannten Social-Media-Plattform und einem Nutzer zugrunde, dessen Nutzerkonto von der Plattform wegen rassistischer Äußerungen gesperrt wurde. Die Plattform verwies im Zusammenhang mit der Sperrung unter anderem auf die aktuelle Fassung der Nutzungsbedingungen (AGB), deren letzte Änderung der Nutzer durch einen Bestätigungs-Klick in einem Pop-Up-Fenster akzeptiert hatte. Der Nutzer argumentierte, die AGB-Änderung sei nicht wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Plattform einbezogen worden, da eine Bestätigung per Klick in einem Pop-Up-Fenster nicht ausreiche. Dieser Argumentation folgte das OLG Dresden jedoch nicht: Änderungen von AGB seien – wie jeder andere Vertragsschluss und jede Vertragsänderung auch – durch entsprechende übereinstimmende Willenserklärung der Parteien möglich. Der Nutzer habe die geänderten AGB in dem Pop-Up-Fenster zur Kenntnis nehmen können und es habe ihm freigestanden, die Änderungen entweder zu akzeptieren oder abzulehnen.

Daher kam es auch auf die in den AGB der Plattform enthaltene Möglichkeit, die AGB „einseitig“ zu ändern, nicht an. Solche einseitigen Anpassungsmöglichkeiten sind nach deutschem Recht zwar problematisch und häufig unwirksam – da der Nutzer die Änderung aber ausdrücklich durch Anklicken akzeptiert hatte, lag eine einseitige Änderung gerade nicht vor, sondern eine beiderseitige einvernehmliche Änderung.

Auch folgte das Gericht der Argumentation des Nutzers nicht, dass eine Ablehnung zur Schließung seines Kontos geführt hätte und er sich deshalb in einer „Friss-oder-Stirb“-Situation befunden habe, in der keine ernsthafte Möglichkeit bestanden habe, die AGB-Änderung abzulehnen. Das Gericht sah in den AGB der Klägerin, die eine Kontosperrung im Falle von Hassreden und sonstigen menschenverachtenden Äußerungen auf der Plattform vorsehen, keine unzulässige Diskriminierung des Nutzers.

Das OLG Dresden bestätigt im Hinblick auf AGB-Änderungen in Pop-Up-Fenstern, die durch den Vertragspartner akzeptiert werden (Bestätigungs-Klick), die bisherige Rechtsprechung zu dieser Thematik und unterstreicht, dass AGB durchaus auf diese Weise wirksam geändert werden können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie zur rechtssicheren Gestaltung von AGB – sowohl im online- als auch im offline-Bereich.

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Wettbewerbsrecht: Irreführende Werbung für PKW

Werbemaßnahmen für Autos sind regelmäßig Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen. Dabei stellt sich im Wesentlichen die Frage, welche Informationen über das Produkt und den Verkäufer angegeben werden müssen, damit sich der mit der Werbung angesprochene Verbraucher ein vollständiges und zutreffendes Bild von den Eigenschaften des Produkts, den Kosten und seinem möglichen Vertragspartner machen kann.

Im Zusammenhang mit den Verkaufsangeboten von Autohändlern in Portalen für Gebrauchtwagen kommt den Angaben zu den durchschnittlichen Verbrauchswerten und dem CO2-Austoß des angebotenen Fahrzeugs praktisch eine hohe Bedeutung zu. Unterlassene Angaben führen oftmals zu kostspieligen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen.

In jüngerer Zeit entschieden der Bundesgerichtshof (BGH) und das OLG Köln zwei Fälle, in denen es um die lauterkeitsrechtliche Bewertung klassischer Anzeigen in Printmedien ging. Der BGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass ein „Angebot“ im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht voraussetzt, dass alle wesentlichen Merkmale des Produkts angegeben sind (BGH, Urteil v. 18.10.2017 – I ZR 84/16). Eine „Aufforderung zum Kauf“ liege bei europarechtskonformer Auslegung auch dann schon vor, wenn die Merkmale des Produkts und der Preis in der Weise in angemessenem Umfang angegeben werden, dass der Verbraucher in die Lage versetzt wird, eine Kaufentscheidung zu treffen. Anders ist dies bei reiner Image- oder Aufmerksamkeitswerbung, die keine direkte Aufforderung zum Kauf und damit kein Angebot im Sinne des UWG enthält. Für Letztere gelten folglich geringere Anforderungen an Informationspflichten.

Der BGH befand die Zeitungsanzeige eines Händlers der Marke Suzuki für wettbewerbswidrig, da Vor- und Zuname des Einzelkaufmanns, der die Anzeige verantwortete, nicht in der Werbung, die eine Aufforderung zum Kauf beinhaltete, angegeben waren. Nach Auffassung des BGH hätten diese Informationen in der Anzeige angegeben werden müssen, damit sich der angesprochene Verbraucher ein Bild von seinem möglichen Vertragspartner machen kann.

Das OLG Köln entschied, dass bei der Bewerbung verschiedener Ausführungen eines PKW-Modells der Marke Mitsubishi auf einer Abbildung einerseits (Top-Modell) und im Text andererseits (Basis-Modell) auch bei der Preisangabe zwischen den verschiedenen Modellen differenziert werden muss (OLG Köln, Urteil v. 27.02.2019 – 6 U 155/18). Dies folgt daraus, dass die bildliche Darstellung des Top-Modells ein eigenes qualifizierten Angebot, also eine eigenständige Aufforderung zum Kauf beinhalten soll. Dem OLG zufolge ist es deshalb erforderlich, dass der Gesamtpreis des Top-Modells als wesentliche Information angegeben werden muss. Der in der Praxis gebräuchliche Hinweis, das abgebildete Fahrzeug enthalte Sonderausstattungen, kann nach dieser Entscheidung im Einzelfall unzureichend sein, wenn gleichzeitig mit dem Grundpreis für eine Modellreihe geworben wird.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu werberechtlichen Themen. Sprechen Sie uns bei Bedarf gern an.

Kündigung von Sparverträgen – Ein Überblick

Die seit der Finanzkrise 2007/2008 anhaltende Niedrigzinsphase hat einige Finanzinstitute veranlasst, gut verzinsliche Sparverträge zu kündigen oder die Sparer zur Kündigung zu bewegen. Ökonomen prognostizieren, dass die Zeiten niedriger Zinsen noch lange andauern können. Deshalb und bedingt durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus Mai 2019 (BGH XI ZR 345/18) sind weitere „Kündigungswellen“ von lukrativen Sparverträgen zu erwarten. Die Praxis zeigt, dass Banken und Sparkassen hier oft am „längeren Hebel sitzen“.

Ist die Kündigung meines Sparvertrags durch die Sparkasse wirksam?

Der BGH hatte über die Wirksamkeit der Kündigung eines Prämiensparvertrages einer Sparkasse zu entscheiden. Der Kläger hatte im Jahr 1996 einen Sparvertrag – „S-Prämiensparen fexibel“ abgeschlossen. Dieser Prämiensparvertrag, der so oder in ähnlicher Form von vielen Sparkassen verwendet wurde, sah einen monatlichen Sparbetrag von DM 200,00 vor und eine variable Verzinsung der Spareinlage. Ausweislich des Sparvertrages zahlte die Sparkasse außerdem am Ende eines Kalenderjahres eine verzinsliche Sparprämie auf die geleisteten Sparbeiträge, wobei sich die Prämie nach Maßgabe der im Sparvertrag vorgesehenen Prämienstaffel erhöhte. Die im vom BGH zu entscheidenden Fall vereinbarte Prämienstaffel stellte für das 15. Sparjahr die höchste Prämie in Aussicht. Eine feste Laufzeit oder eine Mindestlaufzeit war in dem Sparvertrag hingegen nicht vorgesehen.

Neben der Frage der rechtlichen Einordnung des Prämiensparvertrages – der BGH qualifiziert diesen als unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gem. § 700 BGB – ging es in dem Fall maßgeblich um die Kündigungsrechte der beklagten Sparkasse. Der BGH urteilte, dass bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge bis zu einem bestimmten Sparjahr ansteigen, das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist. Da im zu entscheidenden Fall die höchste Prämienstufe bereits erreicht war und die Laufzeit des Vertrages nicht befristet war, entschied der BGH, dass die Kündigung der beklagten Sparkasse wirksam war.

Ob Finanzinstitute berechtigt sind, Sparverträge zu kündigen, hängt im Einzelfall von der konkreten Ausgestaltung des Sparvertrages ab: Sieht der Vertrag eine bestimmte Laufzeit vor? Sieht der Vertrag eine Prämienstaffel vor? Ist die höchste Prämienstufe bereits erreicht und auch gezahlt worden?

Bedeutet die BGH-Entscheidung, dass jeder Prämiensparvertrag gekündigt werden kann?

Neben der oben zitierten Entscheidung des BGH sind zur Wirksamkeit der Kündigung unterschiedlich ausgestalteter Sparverträge bereits viele gerichtliche Entscheidungen ergangen. So entschied beispielsweise das OLG Dresden (8 U 1770/18), dass bei Prämiensparverträgen, die in den Vertragsbedingungen die Prämienstaffel für einen Zeitraum von 99 Jahren auflisten, eine ordentliche Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen ausgeschlossen ist.

Neben den vertraglich festgelegten Sparbedingungen können im Einzelfall auch Versprechungen der Finanzinstitute aus Werbeflyern und Prospekten relevant werden. Allerdings stellt die Rechtsprechung hieran recht strenge Anforderungen: Der BGH qualifizierte in der oben genannten Entscheidung die im Werbeflyer enthaltene Musterrechnung, die eine Laufzeit von 25 Jahren zugrunde legte, lediglich ein Rechenbeispiel, dem keine verbindliche Aussage zur Vertragslaufzeit entnommen werden könne. Das OLG Dresden (Az. 8 U 52/19) sah in Beispielsrechnungen, die eine Laufzeit von 99 Jahren zugrunde legen, keine verbindliche Vereinbarung der vertraglichen Laufzeit. Darüber hinaus muss ein Sparer darlegen, dass die Angaben in Werbeflyern auch entscheidend für den Vertragsschluss waren. Das OLG Stuttgart (Az. 9 U 31/15) urteilte dagegen, dass die Angaben in einem Werbeflyer unter bestimmten Voraussetzungen Vertragsbestandteil werden können und damit für die Frage der Laufzeit und der Wirksamkeit der Kündigung relevant sein können.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten im Bank- und Kapitalmarktrecht.

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