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Autor: L2019_45_ac

GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Geschäftsführer einer GmbH keine Arbeitnehmer. Als Organe der Gesellschaft gelten für sie nicht die besonderen Vorschriften des Arbeitsrechts. Das Bundesarbeitsgericht stuft GmbH-Geschäftsführer hingegen zumindest dann als Arbeitnehmer ein, wenn eine weisungsabhängige Tätigkeit ausgeübt wird. Dies wird in der Regel selbst bei Fremdgeschäftsführern, die keine oder nur sehr geringe Gesellschaftsanteile an einer GmbH halten, nicht der Fall sein.

Mit neuerem Urteil stellte der Bundesgerichtshof (Urteil v. 26.03.2019 – II ZR 244/17) nun fest, dass GmbH-Geschäftsführer zumindest als Arbeitnehmer im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gelten, wenn sie sich einer Kündigung auf Grundlage einer diskriminierenden Vertragsgestaltung ausgesetzt sehen. Diese Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs sei im Lichte des Europarechts erforderlich. Die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie könne nur wirksam umgesetzt werden, wenn dass AGG auch für Leitungsorgane einer Kapitalgesellschaft, also auch für die Geschäftsführung einer GmbH, gelte.

Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff ist weiter gefasst als der Arbeitnehmerbegriff in der deutschen Rechtsprechung. Denn durch die Möglichkeit, einen Geschäftsführer abzuberufen, und durch die Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter auf die Geschäftsführung liege ein Unterordnungsverhältnis vor. Dies soll nach unionsrechtlichen Maßstäben – anders als nach der deutschen Rechtsprechung – ausreichen, um Arbeitnehmer zu sein.

Geklagt hatte der Geschäftsführer einer GmbH. Ihm wurde aufgrund einer vertraglichen Regelung die Kündigung ausgesprochen. Der Gesellschaft sollte nach der Vertragsklausel bei Erreichung eines bestimmten Lebensalters des Geschäftsführers die Kündigung des Anstellungsverhältnisses möglich sein. Der Kläger berief sich auf eine unzulässige Altersdiskriminierung und hatte in letzter Instanz Erfolg. Der Bundesgerichtshof sah in der vertraglichen Kündigungsmöglichkeit eine von dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG umfasste Entlassungsbedingung. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG Hamm zurückverwiesen. Wegen einer altersbedingten Benachteiligung zu Lasten des Geschäftsführers ist zu erwarten, dass die vertragliche Regelung und damit einhergehend die ausgesprochene Kündigung für unwirksam befunden wird.

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„Bild“ zu sechsstelliger Entschädigung verurteilt

Das Landgericht Frankfurt a.M. hat den für die Bild-Zeitung verantwortlichen Springer-Verlag in mehreren Verfahren zur Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe von insgesamt EUR 110.000 verurteilt (u.a. Urteil vom 16.05.2019 – Az. 2.03 O 184/17). Das Gericht sprach einem leitenden Angestellten einer hessischen Gemeindeverwaltung einen Anspruch auf immateriellen Schadenersatz („Schmerzensgeld“) wegen besonders schwerwiegenden Verletzungen seiner Persönlichkeitsrechte zu.

Die Bild-Zeitung berichtete in einer vierteiligen Artikelserie über angebliches „Sex-Mobbing“, „Nazi-Vorwürfe“ und angebliche „Suff-Exzesse im Rathaus“, die es nach der Überzeugung des Gerichts nicht in der dargestellten Form gegeben hat. Der Kläger setzte außerdem gegen verschiedene Äußerungen und Bildnisveröffentlichungen Unterlassungsansprüche gegenüber dem Verlag durch.

Grundlage der Presseberichterstattungen war das „Mobbing-Tagebuch“ einer ehemaligen Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung, in der auch der Kläger tätig war. Das Tagebuch wurde zuvor in einen Arbeitsgerichtsprozess gegen die Gemeindeverwaltung eingebracht. Der von den heftigen Vorwürfen betroffene Kläger wurde in der Berichterstattung namentlich genannt. Das Gericht wertete es als besonders schwerwiegende Verletzungen der journalistischen Sorgfaltspflichten, dass die Autorin des Tagebuches nicht zu den Vorwürfen befragt wurde und dem Kläger keine Möglichkeit geboten wurde, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Die angegriffenen Äußerungen in den Presseberichten wurden seitens des Gerichts größtenteils nicht als Meinungsäußerungen, sondern als Tatsachenbehauptungen eingestuft, also als Äußerungen, die dem Beweis zugänglich sind. Den Wahrheitsgehalt hatte der Verlag der Bild-Zeitung darzulegen und zu beweisen. Nach Auffassung des Gerichts ist dies nicht gelungen. Die Zeugin des Verlages, also das vermeintliche Mobbingopfer, wurde für unglaubwürdig befunden, nachdem mehrere Zeugen des Klägers die veröffentlichten Behauptungen widerlegen konnten.

Bei dem aktuellen Urteil des Landgerichts Frankfurt handelt es sich um eine vergleichsweise hohe Entschädigungssumme, der eine außergewöhnlich schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung zugrunde gelegen haben soll. Das OLG Köln (Urt. v. 12.07.2016, Az. 15 U 175/15 und 176/15) hatte vor einigen Jahren dem bekannten Wettermoderator Jörg Kachelmann eine Geldentschädigung in Höhe von EUR 395.000 gegen den Verlag der Bild-Zeitung wegen systematischer Falschdarstellungen und Missachtungen der Grundsätze zulässiger Verdachtsberichterstattung zugesprochen. Der Fernsehmoderator klagte seinerzeit auch gegen andere Verlagshäuser erfolgreich Entschädigungen ein. Derart hohe Summen bilden aber seltene Ausnahmen in der deutschen Rechtsprechung.

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DSGVO: Eine Zwischenbilanz

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) trat am 25.05.2018 nach Ablauf einer zweijährigen Übergangsfrist endgültig in Kraft. Die DSGVO regelt innerhalb der Europäischen Union die Verarbeitung, Speicherung und Weitergabe von personenbezogenen Daten durch private Unternehmen und öffentliche Stellen. Sie dient dem Schutz natürlicher Personen und enthält eine ganze Reihe an neuen Regelungen. Insbesondere gelten für öffentliche Stellen und Unternehmen verschärfte Regeln für die Erhebung und den Umgang mit personenbezogenen Daten. Von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen stehen durch die DSGVO erheblich weitreichendere Rechte zu.

Das einjährige Jubiläum des neuen Datenschutzrechts wurde vielseits zum Anlass genommen, Bilanz zu ziehen. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Während Konzernriesen wie Amazon, Facebook und Google mit hohen Budgets die Umstellungen – zumindest dem Anschein nach – ordentlich bewältigen konnten, sind mittelständische und kleinere Unternehmen sowie Vereine nach wie vor vielen offenen Fragen und Unsicherheiten ausgesetzt.

Staatliche Sanktionen
Da der Bußgeldkatalog aus Art. 83 der DSGVO in bestimmten Fällen „Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro oder von bis zu 4% des gesamten Jahresumsatzes“ vorsieht, wurden drakonische Strafgelder befürchtet. Behördliche Bußgelder in Millionenhöhe sind in Deutschland bislang zwar ausgeblieben. Die französische Datenschutzbehörde verhängte jedoch gegen den Google-Konzern ein Bußgeld in Höhe von EUR 50 Millionen. Dem Internetkonzern wurde vorgeworfen, datenschutzrelevante Informationen auf zu kompliziertem Wege zugänglich gemacht und auf zu viele Unterseiten und Erklärungen aufgeteilt zu haben. Einige Formulierungen in den Informationen seien überdies unklar. Google geht aktuell gegen das Bußgeld vor. Der Verfahrensausgang ist ungewiss.

In Deutschland wurden im ersten Geltungsjahr der DSGVO insgesamt Bußgelder in Höhe von „nur“ knapp einer halben Million Euro verhängt. Niedersachsen befindet sich nicht unter den sechs Bundesländern, die Strafgelder festsetzten. Das höchste Bußgeld wurde von der Baden-Württembergischen Datenschutzbehörde verhängt. Ein Unternehmen musste EUR 80.000 zahlen, weil es die Veröffentlichung von Gesundheitsdaten im Internet zu verantworten hatte. In einigen Bundesländern wurden einzelne Verstöße gegen die DSGVO mit deutlich unter EUR 1.000 geahndet.

Die erwartete „Abmahnwelle“
Neben behördlichen Bußgeldern wurden vor Inkrafttreten der DSGVO vor allem zivilrechtliche Abmahnungen wegen etwaiger Wettbewerbsverstöße befürchtet. Eine „Abmahnwelle“ wegen unzureichender Umsetzung der DSGVO – insbesondere im Zusammenhang mit Internetseiten – ist bislang allerdings ausgeblieben.

Vereinzelt hatten sich einige Gerichte aber schon mit der Kernfrage zu beschäftigen, ob es sich bei den Vorschriften der DSGVO um sogenannte Marktverhaltensregelungen handelt. Denn nur wenn dies bejaht wird, besteht überhaupt die Möglichkeit, Mitbewerber bei mangelhafter Umsetzung der DSGVO wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht abzumahnen und zur Unterlassung aufzufordern.

Das Landgericht Bochum (Urteil vom 07.08.2018 – I-12 O 85/18) verneinte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen einer nicht DSGVO-konform gestalteten Website. Nach Auffassung der Bochumer Richter sind die in der DSGVO enthaltenen Sanktionen abschließend. Ein Vorgehen aus wettbewerbsrechtlichen Vorschriften soll deshalb bei Verstößen gegen die DSGVO ausgeschlossen sein.

Das OLG Hamburg (Urteil vom 25.10.2018 – 3 U 66/17) bejahte hingegen grundsätzlich die Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts neben der DSGVO. Allerdings stellen die Hamburger Richter im Einzelfall erhöhte Anforderungen an die Prüfung, ob eine konkrete Vorschrift der DSGVO, die missachtet wurde, auch tatsächlich das Marktverhalten regeln soll. Nur wenn dies der Fall ist, sollen wettbewerbsrechtliche Ansprüche zwischen Mitbewerbern bestehen.

Das Land Bayern hat in diesem Zusammenhang im Juli 2018 einen Gesetzesentwurf eingebracht, mit welchem das Unterlassungsklagengesetz dahingehend geändert werden soll, dass Verstöße gegen die DSGVO grundsätzlich nicht dem Wettbewerbsrecht unterfallen. Damit soll wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verstößen gegen die DSGVO die Grundlage entzogen werden.

Die Frage nach möglichen wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen wegen Verstößen gegen die DSGVO ist damit nach wie vor ungeklärt. Möglicherweise wird der Gesetzgeber eine Regelung treffen. Andernfalls wird sich mit der Gretchen-Frage nach der Einstufung der DSGVO-Vorschriften als Marktverhaltensregeln in nächster Zeit wohl der Bundesgerichtshof beschäftigen und hoffentlich Rechtssicherheit schaffen.

Deutsche Rechtsprechung zur DSGVO
Veröffentlichungen von Entscheidungen deutscher Gerichte zur DSGVO werden nach wie vor mit Spannung erwartet. Denn die DSGVO enthält eine ganze Reihe sogenannter „unbestimmter Rechtsbegriffe“, deren Konkretisierung im Einzelfall zunächst den deutschen Gerichten – und bei Auslegungsfragen erforderlichenfalls später dem Europäischen Gerichtshof – obliegt.

Auszugsweise sind einige Gerichtsentscheidungen im Folgenden kurz dargestellt:

Das OLG Köln (Beschluss vom 18.6.2018 – 15 W 27/18) hat entschieden, dass neben der DSGVO zumindest im journalistischen Bereich das Kunsturhebergesetz, welches die Rechte am eigenen Bild und Ausnahmen für eine Bildnisveröffentlichung ohne eine Einwilligung der betroffenen Person regelt, anwendbar bleibt. Die Vorschriften des Kunsturhebergesetzes seien im Rahmen von Art. 85 DSGVO nach wie vor trotz der DSGVO anwendbar, da die DSGVO gerade im Hinblick auf die Informations- und Meinungsfreiheiten abweichende Sondervorschriften in den Mitgliedsstaaten gestatte.

Das OLG München (Teilurteil vom 24.10.2018 – 3 U 1551/17) entschied im Zusammenhang mit einem Auskunftsanspruch, dass der Begriff der „berechtigten Interessen“, durch welche eine Datenverarbeitung nach Art. 6 DSGVO legitimiert wird, weit zu verstehen ist. Jedenfalls bei Auskunftsansprüchen im Rahmen vertraglicher Beziehungen kann die DSGVO in der Regel nicht zur Verweigerung einer Auskunft herangezogen werden. Im Einzelfall ist aber eine Interessenabwägung vorzunehmen. Die Art der Daten und der Anlass der Datenerhebung spielen dabei eine Rolle. Der Entscheidung des OLG München lag eine Auseinandersetzung zwischen einem Hersteller und einem Vertragshändler zugrunde. Der Vertragshändler verweigerte unter Berufung auf die DSGVO die Herausgabe von Kundendaten, die zur Bemessung von Schadenersatzforderungen benötigt wurden.

Das OLG Hamburg (Urteil v. 25.10.2018 – 3 U 66/17) hat entschieden, dass Sanktionen nach der DSGVO keinen Ausschließlichkeitscharakter haben. Ansprüche wegen Datenschutzverletzungen können damit nach wie vor auf andere Rechtsvorschriften – etwa das Lauterkeitsrecht – gestützt werden (s.o.).

Auch das Verwaltungsgericht Stade musste sich schon mit der DSGVO beschäftigen (Beschluss vom 9.10.2018 – 1 B 1918/18). Die Stader Richter haben – wenig überraschend – entschieden, dass ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung personenbezogener Daten aus Art. 18 DSGVO nicht durch einfaches Bestreiten der Richtigkeit der Daten erfolgen kann. Vielmehr müssen Betroffene substantiiert gegenüber dem Verantwortlichen darlegen, woraus sich eine Unrichtigkeit der Daten ergeben soll. Ein Asylsuchender ging gegen die Angabe seiner guineischen Staatsangehörigkeit in seiner behördlichen Duldung vor.

Neu ist im Übrigen auch, dass unmittelbar aus der DSGVO Schadenersatzansprüche hergeleitet werden können. Der Umgang deutscher Gerichte mit Schadenersatzansprüchen wegen Verstößen gegen die DSGVO ist noch unklar. Art. 82 DSGVO sieht Ersatzansprüche wegen materieller und immaterieller Schäden, die auf einem Verstoß gegen die Verordnung beruhen, ausdrücklich vor. Bei Ersatzleistungen wegen immaterieller Schäden handelt es sich um eine Art „Schmerzensgeld“.

Das Amtsgericht Dietz in Rheinland-Pfalz (Urteil vom 7.11.2018 – 8 C 130/18) wies eine Klage ab, mit der ein (immaterieller) Schadenersatz von mehr als EUR 50,00 für den Erhalt eines Newsletters ohne Einwilligung gefordert wurde. Das Gericht hielt einen Betrag von mehr als den seitens der Beklagten anerkannten EUR 50,00 für unangemessen. Es stellte fest, dass bloße Verstöße gegen die DSGVO nicht automatisch einen Schadenersatzanspruch begründen. Bagatellverstöße lösen also keine Haftung aus. Eine schwere Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten ist zwar nicht erforderlich. Allerdings bedarf es schon eines objektiv nachvollziehbaren und spürbaren Nachteils für die betroffenen Person.

Zu immateriellen Schadenersatzansprüchen nach der DSGVO ist in den kommenden Jahren eine Fülle an neuer Rechtsprechung zu erwarten, wodurch die genauen Voraussetzungen und die ungefähr zu erwartende Höhe von Schadensersatzansprüchen hoffentlich weiter konkretisiert werden.

Veränderungen in Niedersachsen
Für Unternehmen und öffentliche Stellen im Landkreis Stade ist die Landesbeauftragte für den Datenschutz in Niedersachsen zuständige Aufsichtsbehörde. Im März 2019 legte die niedersächsische Landesbehörde einen Tätigkeitsbericht für die Jahre 2017 und 2018 vor. Danach haben sich an die Behörde gerichtete Anfragen nach Inkrafttreten der DSGVO mehr als verdoppelt. Bei der Landesbeauftragten sind mehr als 1000 Beschwerden eingegangen, mit denen vermeintliche Verstöße gegen die DSGVO gerügt wurden. Außerdem wurden der Behörde über 350 sogenannte „Datenpannen“ im Sinne der DSGVO gemeldet. Damit sind verantwortliche Stellen ihrer Verpflichtung aus Art. 33 DSGVO nachgekommen, erfolgte Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten der zuständigen Aufsichtsbehörde proaktiv mitzuteilen.

Die Datenschutzbehörde leitete im Jahr 2018 nach eigenen Angaben erste Prüfungen ein. Es wurden Fragebögen an insgesamt 50 große und mittelgroße Unternehmen mit Hauptsitz in Niedersachsen verschickt. Es ist anzunehmen, dass diesen „ersten“ Prüfungen weitere Verfahren folgen werden. Ob es bei dem Versenden behördlicher Fragebögen bleibt, ist unklar. Der Landesbeauftragten für den Datenschutz in Niedersachsen stehen jedenfalls erheblich weitreichendere Befugnisse zu. Nach Art. 58 der DSGVO ist es den Aufsichtsbehörden gestattet, Informationen (wie Verträge oder Verarbeitungsverzeichnisse) anzufordern und Untersuchungen (auch vor Ort im Unternehmen) durchzuführen.

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Kein Kostenersatz für irrtümliche Modernisierungsmaßnahmen in der WEG

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Juni 2019 (Az. V ZR 254/17) entschieden, dass ein Wohnungseigentümer, der Modernisierungsmaßnahmen in der irrigen Annahme vornimmt, dies sei seine und keine gemeinschaftliche Aufgabe, keinen Anspruch auf Kostenersatz gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft hat.

Der klagende Wohnungseigentümer ließ 2005 die einfach verglasten Holzfenster durch Kunststofffenster mit Dreifachisolierglas austauschen. Andere Wohnungseigentümer hatten zuvor ebenfalls Kunststofffenster auf eigene Kosten erneuert. Bei Vornahme der Modernisierungsmaßnahmen ging der Kläger aufgrund einer fehlerhaft ausgelegten Regelung in der Teilungserklärung irrtümlich davon aus, dass er als Wohnungseigentümer selbst die Kosten tragen müsse und es sich nicht um eine Gemeinschaftsaufgabe handele.

Mit seiner Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft unterlag der Kläger in erster und zweiter Instanz und nun auch vor dem Bundesgerichtshof. Dem Kläger stünden keine Ansprüche gegen die gem. § 10 Abs. 6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Erstattungsansprüche aus den gesetzlichen Schuldverhältnissen – namentlich der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Bereicherungsrecht – seien durch die vorrangigen Regelungen des WEG gesperrt.

Gemäß § 21 Absatz 4 und Absatz 5 WEG entscheiden die Wohnungseigentümer über Instandhaltungsmaßnahmen. Dies gelte auch für zwingende Modernisierungsmaßnahmen. Nur in Fällen, in denen ein Handeln zur Abwendung eines dem gemeinschaftlichen Eigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig ist, ist ein Wohnungseigentümer gemäß § 21 Absatz 2 WEG berechtigt, ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (sog. Notgeschäftsführung). Eine solcher Fall der Notgeschäftsführung lag jedoch nicht vor.

Der Umstand, dass der klagende Wohnungseigentümer irrtümlich davon ausging, die Fenstermodernisierung sei keine Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft, begründe ebenfalls keinen Erstattungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung. Der Bundesgerichtshof begründete dies mit den vorrangigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer. Als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft müsse jeder Wohnungseigentümer zwar mit außerplanmäßigen Kosten für das Gemeinschaftseigentum rechnen. Allerdings sei es nicht zumutbar, die eigene Finanzplanung auch darauf auszurichten, rückwirkend für bereits abgeschossene Modernisierungsmaßnahmen in Anspruch genommen zu werden. Auf solche Maßnahmen konnten die anderen Wohnungseigentümer keinen Einfluss nehmen. Der Bundesgerichtshof berücksichtigte außerdem den Umstand, dass in der Vergangenheit auch andere Wohnungseigentümer Modernisierungsmaßnahmen irrtümlich auf eigene Kosten durchgeführt hatten und es daher bei Bejahung von Erstattungsansprüchen zu einem mit hohem Ermittlungs- und Berechnungsaufwand verbundenen Ausgleich zwischen den Wohnungseigentümern kommen würde. Der damit verbundene „Hin- und Her-Ausgleich“ führe nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht zwangsläufig zu einem als „gerecht“ empfundenen Ergebnis.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern in wohnungseigentumsrechtlichen Fragestellungen.

Neues Urteil im VW-Abgas-Skandal

Der fünfte Zivilsenat des OLG Koblenz hat mit Urteil vom 12. Juni 2019 (Az. 5 U 1318/18) den Schadensersatzanspruch eines VW-Käufers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen die Volkswagen AG bejaht.

Der Kläger hatte im Januar 2014 ein Diesel-Fahrzeug der Marke VW als Gebrauchtwagen gekauft. Der in dem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor der Baureihe EA 189 enthält nach der Ansicht des Kraftfahrtbundesamtes eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Der Kläger verklagte die Volkswagen AG als Herstellerin des Fahrzeugs und des Motors auf Schadensersatz. Der Kläger stützte seinen Anspruch unter anderem darauf, dass die Volkswagen AG mit dem Ziel der Gewinnmaximierung bewusst getäuscht und ihn in der Folge vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe.

Nachdem das Landgericht die Haftung der wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verneint und die Klage abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Koblenz der Klage nun teilweise statt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprogrammierung stelle eine Täuschung über die Eignung des Fahrzeugs für den uneingeschränkten Einsatz im Straßenverkehr dar.

Das Inverkehrbringen beinhalte die Aussage, dass der Pkw nicht nur fahren könne, sondern auch fahren dürfe. Wegen der Steuerungssoftware bestehe jedoch die Gefahr der Betriebsuntersagung und Fahrzeugstilllegung. Die Täuschung durch den Hersteller des Fahrzeugs wirke auch beim Gebrauchtwagenkauf fort, weil auch hier die Herstellerangaben ein wesentlicher Aspekt für seien. Das Vorgehen der VW AG sei dabei sittenwidrig, denn staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher seien in großer Zahl systematisch zur Profitmaximierung getäuscht worden. Das Bestreben des Käufers, einen möglichst umweltschonendes Fahrzeug zu erwerben, sei gezielt unterlaufen worden. Angesichts der großen Zahl der manipulierten Fahrzeuge hielten es die Richter des OLG Koblenz auch für ausgeschlossen, dass Mitarbeiter der Volkswagen AG in leitender Stellung keine Kenntnis von den Manipulationen hatten. Diese Kenntnis müsse sich die VW AG zurechnen lassen.

Den Schaden des Klägers sah das OLG Koblenz darin, dass er beeinflusst durch die Täuschung, den Gebrauchtwagenkaufvertrag geschlossen habe und damit eine „ungewollte“ Verbindlichkeit eingegangen sei. Außerdem sei durch die drohende Stilllegung des Fahrzeugs die uneingeschränkte Nutzung in Frage gestellt.
Der Kläger obsiegte gleichwohl nicht in vollem Umfang, denn der Kläger muss sich den Nutzungsvorteil des Fahrzeugs anrechnen lassen.

Da die Revision zugelassen wurde und eine Einlegung durch die Volkswage AG wahrscheinlich ist, bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof das Urteil bestätigen wird. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu zivilrechtlichen Ansprüchen im VW-Abgas Skandal gibt es bisher nicht und wird mit Spannung erwartet. Bereits zuvor haben das OLG Köln (Beschluss vom 01.03.2019, Az. 16 U 146/18) und das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 05.03.2019, Az. 13 U 142/18) Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung im Zusammenhang mit dem Abgas-Skandal bejaht.

Apotheken-Geschenke teils unzulässig

Nach neuester Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Werbegaben wie beispielsweise Taschentücher, Shampoos o.ä. durch Apotheken immer dann unzulässig, wenn sie dem Kunden im Zusammenhang mit dem Kauf rezeptpflichtiger und preisgebundener Arzneimittel überreicht werden. In solchen Fällen liegen in den Werbegaben der Apotheken Verstöße gegen Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes und des Arzneimittelgesetzes. Da es sich bei diesen Vorschriften um sogenannte Marktverhaltensregelungen handelt, stellt eine Missachtung zugleich einen Wettbewerbsverstoß dar. Wettbewerbsvereine und Mitbewerber können dieses Verhalten deshalb kostenpflichtig abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern.

Der BGH hatte gleich zwei sehr ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden. Zum einen ging es um Brötchen-Gutscheine, die eine hessische Apotheke an ihre Kunden aushändigte (BGH, Urteil v. 06.06.2019 – I ZR 206/17). Zum anderen handelte es sich um Ein-Euro-Gutscheine, die eine Berliner Apotheke ihren Kunden für weitere Einkäufe übergab (BGH, Urteil v. 06.06.2019 – I ZR 60/18). In beiden Fällen wurden die Werbegaben auch bei dem Erwerb rezeptpflichtiger und preisgebundener Arzneimittel ausgehändigt.

Das Heilmittelwerbegesetz gestattet zwar grundsätzlich Geschenke durch Apotheken, wenn es sich um „geringwertige Kleinigkeiten“ handelt. Allerdings müssen dabei nach dem ausdrücklichen Wortlaut des im Jahr 2013 reformierten Heilmittelwerbegesetzes die Preisbindungsvorschriften aus dem Arzneimittelgesetz Beachtung finden, wonach einheitliche Abgabepreise von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu gewährleisten sind. Diese Gesetzesänderung wurde zur Verhinderung eines indirekten Preiswettbewerbs zwischen Apotheken und zur Vermeidung unsachlicher Beeinflussungen der Verbraucher eingeführt. Durch die strenge gesetzliche Preisbindung soll gewährleistet werden, dass die Bevölkerung flächendeckend und gleichmäßig mit Arzneimitteln versorgt werden kann. Eine Verdrängung von Apotheken durch einen Preiswettbewerb – gerade in ländlichen Gebieten – soll unterbunden werden.

Nach Auffassung der Richter sind Werbegaben von konkurrierenden Versandapotheken aus dem EU-Ausland auch bei dem Verkauf verschreibungspflichtiger und preisgebundener Arzneimittel nach wie vor zulässig. Ein in Bezug genommenes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil v. 19.10.2016 – C-148/1) wonach die deutschen Preisbindungsvorschriften wegen eines Verstoßes gegen die innerhalb der EU gewährleistete Warenverkehrsfreiheit nicht für Apotheken im EU-Ausland gelten, soll deutsche Apotheker nicht in unzulässiger Weise diskriminieren. Denn derzeit spielen die ausländischen Apotheken nach Auffassung der Richter des BGH noch eine zu geringe Rolle auf dem deutschen Arzneimittelmarkt. Dies kann sich künftig natürlich ändern – möglicherweise wird in einigen Jahren die Marktstellung von Apotheken aus dem EU-Ausland an Bedeutung gewinnen, wodurch die aktuelle Rechtsprechung wegen dann gegebener Diskriminierung inländischer Apotheker hinfällig werden könnte.

Fraglich bleibt, ob Umgehungen der strengen Preisbindung ebenfalls wettbewerbswidrig sind. So ist es denkbar, dass Apotheken bei gemischten Käufen von verschreibungspflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln und anderen Produkten die Zahlungsvorgänge aufspalten und die Werbegabe ausdrücklich für die nicht verschreibungspflichtigen und preisgebundenen Produkte aushändigen.

Wir beraten Sie gerne in sämtlichen Fragen des Werbe- und Wettbewerbsrechts.

BGH stärkt Vermieterrechte bei Zahlungsverzug

Der BGH hat klargestellt, dass eine fristlose außerordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung verbunden werden kann (BGH, Urteile vom 19.09.2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

Der Vermieter, der wegen Zahlungsverzuges des Mieters außerordentlich fristlos kündigt, bringt mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zum Ausdruck, dass er das Mietverhältnis auch dann beenden möchte, wenn die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges aufgrund einer sogenannten „Schonfristzahlung“ durch den Mieter nachträglich unwirksam wird. Bei der Schonfristzahlung handelt es sich um eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit des Mieters, eine wirksame außerordentliche Kündigung durch den Vermieter abzuwenden, indem er – zumindest teilweise – die ausstehende Miete doch noch zahlt. Der BGH hat ausdrücklich klargestellt, dass eine solche Schonfristzahlung keine Auswirkung auf eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hat.

Mit den Entscheidungen hat der BGH die langjährige Praxis sowie die überwiegende bisherige Instanzrechtsprechung zur Kombination einer außerordentlichen Kündigung mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung bestätigt. Ein Berliner Gericht hatte in der Vorinstanz noch zugunsten des Mieters entschieden, dass die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung unwirksam sei, wenn die außerordentliche Kündigung durch die nachträgliche Zahlung des Mieters ihre Wirksamkeit verliert.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu Kündigungen von Mietverhältnissen und in anderen mietrechtlichen Angelegenheiten.

Verbot der kurzzeitigen Vermietung durch WEG unzulässig

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein nachträgliches Verbot für die kurzzeitige Vermietung von Eigentumswohnungen nicht durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer erfolgen kann, sondern es der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer – also auch des betroffenen Eigentümers – bedarf (BGH, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18).

Geklagt hatte eine Wohnungseigentümerin, die sich gegen einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft wendete, der die kurzzeitige Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Mieter untersagte. Der Beschluss erging aufgrund einer in der Teilungserklärung enthaltenen Klausel, die die Änderung der Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75% ermöglichte.

Der BGH hat hervorgehoben, dass Beschlüsse, die auf Grund einer solchen Änderungsklausel ergehen, zwar grundsätzlich nur dann unzulässig sind, wenn sie willkürlich zur Schädigung eines Miteigentümers gefasst werden. Ausnahmsweise erfolge aber eine weitergehende gerichtliche Kontrolle, wenn unverzichtbare oder unentziehbare Rechte der Sondereigentümer von dem Beschluss betroffen seien. Zu solchen „mehrheitsfesten“ Rechten der Sondereigentümer zählt nach der Auffassung des BGH auch die Zweckbestimmung des Teileigentums. Die Zweckbestimmung – also unter anderem die Frage, ob eine kurzzeitige Vermietung erlaubt ist – darf nach der Entscheidung des BGH nur mit Zustimmung des betroffenen Sondereigentümers geändert oder eingeschränkt werden.

Der Mehrheitsbeschluss über das Verbot einer kurzzeitigen Vermietung des Wohnungseigentums stellt nach Auffassung des BGH eine unzulässige Beschränkung dar. Eine Nutzungsänderung ohne den Willen des betroffenen Wohnungseigentümers würde einen unzulässigen Eingriff in dessen grundrechtlich geschütztes Eigentumsrecht darstellen.

Unerheblich ist es dabei, dass die Teilungserklärung mit der Änderungsklausel die Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss ausdrücklich vorgesehen hat. Eine solche Änderungsklausel kann nach dem BGH nicht als unwiderrufliche vorweggenommene Zustimmung zu allen die Gemeinschaftsordnung abändernden Beschlüssen angesehen werden (BGH, Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18).
Mangels Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers war der Beschluss über das Verbot der kurzzeitigen Vermietung daher nichtig.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern bei wohnungseigentumsrechtlichen Fragestellungen.

Kritische Äußerungen über Mitbewerber – wettbewerbsrechtliche Grundsätze

Im Presse- und Medienrecht haben Äußerungen über Konkurrenten und Mitbewerber hohe praktische Relevanz. Es stehen sich dabei die Rechte des betroffenen Unternehmens, die Meinungsfreiheit des sich äußernden Marktteilnehmers sowie das Informationsinteresse der Adressaten gegenüber. Äußerungen über Konkurrenten und Mitbewerber – nicht nur in den Medien oder in sozialen Netzwerken – können zudem gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen.

Was ist erlaubt, was nicht? Zwei Beispiele aus der Rechtsprechung

Die deutschen Gerichte beschäftigen sich seit Jahrzehnten regelmäßig damit, die widerstreitenden Interessen in einen einzelfallgerechten Ausgleich zu bringen. Der Bundesgerichtshof und das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. haben aktuell in zwei Fällen zu dieser Thematik geurteilt.

Der Bundesgerichtshof entschied über eine Auseinandersetzung zwischen zwei Konkurrenten, die Bioprodukte für die Medizinbranche herstellen, und wies den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zurück (Urteil v. 07.03.2019 – Az. I ZR 254/16). Gegenstand der Entscheidung war eine Behauptung, wonach der Mitbewerber in der Vergangenheit Produkte unter widerrechtlicher Nutzung von Rezepturen und Betriebsgeheimnissen entwickelt und hergestellt hat. Die Widerrechtlichkeit dieses Verhaltens im Wettbewerb wurde zuvor gerichtlich festgestellt. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch anders als das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht und verneinte einen Unterlassungsanspruch gegen diese Behauptung. Eine unzulässige vergleichende Werbung im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb liege nicht vor, da es an einer Herabsetzung des Mitbewerbers fehle. Ob in einer Behauptung eine Herabsetzung liegt, ist im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei müssen der Inhalt und die Form ebenso wie Kontext und Anlass der Äußerung Berücksichtigung finden. Auch ist einzubeziehen, wie die Behauptung auf den durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten wirkt. Besonderes Gewicht haben die Richter des Bundesgerichtshofs dem Interesse des Beklagten daran beigemessen, seine potentiellen Kunden über den Konkurrenten zu informieren. Und zwar insbesondere darüber, dass die Marktstellung des Konkurrenten im Wettbewerb maßgeblich durch eine gerichtlich festgestellte widerrechtliche Verwertung von Betriebsgeheimnissen erlangt wurde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (Urteil v. 28.03.2019 – Az. 6 U 203/18) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitbewerber äußerte, sein Konkurrent habe noch „eine ganze Reihe vertraglicher Pflichten“ zu erfüllen. Die Äußerung folgte als Reaktion auf den Vorwurf, man habe seinerseits vertragliche Pflichten verletzt. Das Oberlandesgericht stufte die Äußerung als Meinungsäußerung und nicht als Tatsachenbehauptung ein, da der Schwerpunkt der Äußerung im wertenden Bereich liege. Nach einer Gesamtgüterabwägung erklärten die Richter die Äußerung für eine zulässige kritische Meinungsäußerung im Wettbewerb. Besonderes Gewicht wurde dabei dem Umstand beigemessen, dass der betroffene Konkurrent seinerseits zuerst den Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens gegenüber Dritten erhoben hat.

Pauschale Aussagen über die Zulässigkeit von kritischen Äußerungen im Wettbewerb können auch mit Blick auf diese neueren Gerichtsentscheidungen nicht getroffen werden. Eine rechtliche Überprüfung kann im Einzelfall Klarheit schaffen.

Wir beraten Sie gern in Fragen des Presse- und Äußerungsrechts.

Zusatzentgelt für Zahlungen per PayPal und Sofortüberweisung unzulässig

Seit Januar 2018 gilt gemäß § 270a BGB ein umfassendes sogenanntes „Surcharge“-Verbot. Während früher – zum Beispiel in Onlineshops – lediglich eine (zumutbare) kostenlose Zahlungsmethode gegenüber Verbrauchern angeboten werden musste, sind seit 2018 sämtliche Zahlungsaufschläge für Zahlungen durch Überweisung, Lastschrift oder Zahlungskarte unwirksam.

Das Landgericht München hat nun in einem Urteil vom 13.12.2018 (Az. 17 HKO 7439/18) entschieden, dass von diesem Verbot von Entgeltaufschlägen auch Zahlungen per PayPal erfasst sind. Dasselbe gilt für die Nutzung des Dienstes „Sofortüberweisung“. Das Landgericht München begründet diese Entscheidung damit, dass es auch bei der Nutzung des Dienstes Sofortüberweisung letztlich zu einer SEPA-Überweisung komme, die vom Anwendungsbereich des Verbotes erfasst ist. Auch bei PayPal sei zwar ein Online-Bezahldienst „zwischengeschaltet“, der auf den ersten Blick nicht den Kategorien „Überweisung“, „Lastschrift“ oder „Kartenzahlung“ zuzuordnen sei. Letztlich werde das PayPal-Konto jedoch auch bei dieser Zahlungsmethode in den allermeisten Fällen durch Kartenzahlung oder Lastschrift ausgeglichen, sodass das „Surcharge“-Verbot des § 270a BGB auch hier gilt.

Für Betreiber von Online-Shops, die bisher für die Zahlungsmethoden PayPal und Sofortüberweisung eine Gebühr verlangt haben, besteht daher akuter Handlungsbedarf. Denn in der Veranschlagung unwirksamer Zahlungsentgelte liegt ein Wettbewerbsverstoß, der von Verbänden oder Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden könnte.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten Sie gern zu Inhalt und Reichweite der im BGB enthaltenen Zahlungsentgelt-Verbote und sonstigen bankrechtlichen Fragen.

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