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Arbeitsrecht: Die Änderungskündigung

BAG Urteil vom 18.05.2017 (BAG – 2 AZR 606/16)

18.04.2025

Was ist eine Änderungskündigung?


Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht klärt auf:

Es ist dem Arbeitgeber nicht möglich, separate Teile eines Arbeitsvertrages einseitig zu ändern. Möchte dieser unvorteilhafte Vertragsteile neu gestalten, aber an dem übrigen Vertrag festhalten, braucht er das Einverständnis des Vertragspartners. Kann zwischen den beiden Vertragsparteien keine Einigung erzielt werden, besteht für den Arbeitgeber eine weitere Möglichkeit: Er kündigt den bestehenden Vertrag und bietet dem Arbeitnehmer einen ­– nach den Vorstellungen des Arbeitgebers angepassten ­­­­­­– Vertrag an. Eine solche Vorgehensweise nennt sich Änderungskündigung. Wird dieser neue Vertrag mit den abgeänderten Bedingungen durch den Arbeitnehmer nicht angenommen, bleibt es bei der Kündigung des vorigen Arbeitsverhältnisses.

Änderungskündigung erhalten?  Das ist jetzt zu tun:


Ist der Arbeitnehmer mit der Änderung der Vertragsbedingungen einverstanden, kann er die Änderungskündigung annehmen.

Alternativ besteht die Möglichkeit, das Angebot auf eine Änderungskündigung vollumfänglich abzulehnen. Dann bleibt die Kündigung zurück, das Arbeitsverhältnis endet. Mit Hilfe einer Kündigungsschutzklage kann sodann die Kündigung auf ihre Wirksamkeit hin rechtlich überprüft werden. Stellt sich dabei heraus, dass die Kündigung unwirksam war, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Dieses Vorgehen ist aber riskant:  Hat die Kündigungsschutzklage nämlich keinen Erfolg, sodass die Kündigung wirksam ist, besteht oftmals nicht mehr die Möglichkeit, das zuvor abgelehnte Angebot zur Änderung des Arbeitsvertrages nachträglich doch noch anzunehmen, da dieses nicht mehr rechtlich bindend ist. Damit stünde der Arbeitnehmer im schlimmsten Fall nun nicht nur mit einem nachteilig abgeänderten, sondern ohne jeglichen Arbeitsvertrag da.

Dem Arbeitnehmer ist stattdessen zu empfehlen, eine Änderungskündigung unter dem Vorbehalt anzunehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen „sozial ungerechtfertigt“ im Sinne des KSchG ist. Dadurch bleibt der Arbeitnehmer zunächst weiter beschäftigt, allerdings zu den neuen Vertragskonditionen, kann aber parallel vom Arbeitsgericht im Rahmen einer Kündigungsschutzklage prüfen lassen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war. Kommt das Gericht zu dem Entschluss, dass die Kündigung unwirksam ist, besteht das Arbeitsverhältnis zu den alten Konditionen fort. Sofern das Gericht die Kündigung für wirksam hält, besteht das Arbeitsverhältnis zu den neuen Arbeitsbedingungen fort. In vie­len Fällen bietet die Kündigungsschutzklage die Chan­ce, die Ver­schlech­te­rung von Ver­trags­be­din­gun­gen ab­zu­weh­ren.  

Zu beachten ist, dass die Annahme unter Vorbehalt innerhalb der Kündigungsfrist, also spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung, geschehen muss, vgl. § 2 S. 2 KSchG.

PRAXISTIPP: Die An­nah­me un­ter Vor­be­halt soll­ten Sie in Text­form, z.B. per E-Mail, erklären und wie folgt for­mu­lie­ren:

„[Da­tum, An­re­de]

hier­mit neh­me ich Ihr / Eu­er / Dein Ände­rungs­an­ge­bot, das mit der Kündi­gung vom TT.MM.JJJJ ver­bun­den war, un­ter dem Vor­be­halt an, dass die Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen nicht so­zi­al un­ge­recht­fer­tigt ist.

Bit­te bestäti­gen Sie / bestätigt mir / bestäti­ge mir den Er­halt die­ses Schrei­bens.

[Grußfor­mel]“

Welche Kündigungsgründe rechtfertigen eine Änderungskündigung?


Zunächst einmal kann der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht grundlos kündigen. Dabei gelten für die Änderungskündigung die gleichen Grundsätze wie für eine „normale“ Kündigung: Fällt das Arbeitsverhältnis unter die Kündigungsschutzvorschriften im KschG, braucht der Arbeitgeber einen gewichtigen Grund zur Kündigung seines Angestellten. Damit das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutzgesetz unterliegt, müssen in dem Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer tätig sein und der gekündigte Mitarbeiter muss länger als 6 Monate in Beschäftigung stehen. Liegen diese zwei Voraussetzungen vor, findet das KSchG Anwendung und die Kündigung bedarf eines der drei Kündigungsgründe, die das KSchG vorsieht. Eine Kündigung kann entweder aus verhaltensbedingten, aus betriebsbedingten oder personenbedingten Gründen „sozial gerechtfertigt“ sein (§ 1 KSchG). Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, nach erfolgter (Änderungs-) Kündigung im Rahmen der Kündigungsschutzklage überprüfen zu lassen, ob ein solcher Grund vorgelegen hat. Er lässt damit rechtlich klären, ob die Kündigung wirksam war, oder nicht. Da eine Änderungskündigung nichts anderes ist, als eine Kündigung mit einem darauffolgenden Arbeitsangebot, gelten hier dieselben Grundsätze. Eine Ver­tragsände­rung ist im Ver­gleich zu ei­ner Be­en­di­gung des Arbeitsverhältnisses aber im­mer das mil­de­re Mit­tel, daher las­sen sich Ände­rungskündi­gun­gen ten­den­zi­ell leich­ter be­gründen als „normale“ Kündigungen.

BAG: Eine betriebsbedingte Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt und verhältnismäßig sein, Urteil vom 18.05.2017 (BAG – 2 AZR 606/16)


Trotzdem betonte das BAG in seinem Urteil vom 18.05.2017 (BAG – 2 AZR 606/16, Rn. 11) erneut, wie wichtig eine über die reine Sozialauswahl hinausgehende Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch bei Änderungskündigungen ist: „Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 2 KSchG, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist.“

Außerordentlich (fristlose) Änderungskündigung: Stets eine Einzelfallabwägung


Besondere Begründung bedarf das Aussprechen einer außerordentlichen (fristlosen) Änderungskündigung, die dann aber nicht mehr auf das KSchG, sondern auf den § 626 I BGB gestützt wird. Für eine außerordentliche Kündigung muss folglich ein „wichtiger Grund“ im Sinne des § 626 I BGB vorliegen, der so gewichtig sein muss, dass er die Einhaltung der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar macht.

Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht – kompetente Unterstützung in allen arbeitsrechtlichen Fragen.

Wir unterstützen Sie nach dem Erhalt einer (Änderungs-) Kündigung und prüfen die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage für Sie. Melden Sie sich dazu schnellstmöglich bei Ihrem Fachanwalt für Arbeitsrecht, um die Frist zur Klageerhebung, die drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung beträgt, nicht zu verpassen!

Wel­che Fris­ten muss ich als Ar­beit­neh­mer bei Er­halt ei­ner Ände­rungskündi­gung im Blick haben?


1. Frist von drei Wo­chen ab Erhalt des Kündigungsschreibens zur Er­he­bung ei­ner Kündi­gungs­schutz­kla­ge bzw. Ände­rungs­schutz­kla­ge

Für die Erhebung der Kündigungsschutzklage gegen eine Ände­rungskündi­gung hat der betroffene Arbeitnehmer gemäß § 4 Satz 1 KSchG drei Wo­chen Zeit, ge­rech­net ab dem Zu­gang der Kündi­gung. Die Drei­wo­chen­frist wird ausschließlich durch Ein­gang der Kla­ge­schrift bei Ge­richt gewahrt.

2. Frist von drei Wo­chen für die Erklärung des Vor­be­halts gemäß § 2 KSchG

Auch die Annahme unter Vorbehalt muss fristgerecht erfolgen. Die Erklärung des Vor­be­halts muss gemäß § 2 Satz 2 KSchG in­ner­halb der Kündi­gungs­frist, spätes­tens aber drei Wo­chen nach Zu­gang der Kündi­gung erklärt werden.

3. Vom Ar­beit­ge­ber ge­setz­te Frist für die An­nah­me des Ände­rungs­an­ge­bots

Viele Arbeitgeber setzen selbst eine Annahmefrist im Ände­rungs­an­ge­bot, die meist im Text der Ände­rungskündi­gung ent­hal­ten ist. Dieses Vorgehen ist zwar grundsätzlich zulässig, allerdings darf die An­nah­me­frist nicht kürzer als die dreiwöchi­ge ge­setz­li­che Frist für die Erklärung des Vor­be­halts sein. Legt der Ar­beit­ge­ber dennoch ei­ne kürze­re An­nah­me­frist für sein An­ge­bot fest, wird trotz­dem (recht­lich ge­se­hen) ei­ne dreiwöchi­ge An­nah­me­frist (BAG, Ur­teil vom 18.05.2006, 2 AZR 230/05BAG, Ur­teil vom 01.02.2007, 2 AZR 44/06) fingiert.

Die Kanzlei VON ALLWÖRDEN in Stade und Hamburg erbringt rechtliche Leistungen für Arbeitnehmer, Geschäftsführer und Unternehmer


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Fachanwalt für Arbeitsrecht
Anwalt für Arbeitsrecht Benjamin von Allwörden
Rechtsanwalt | Partner | Fachanwalt für Arbeitsrecht
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