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E-Commerce: Zur Haftung von Onlinehändlern

19. August 2021

Die Betreiber eines Onlineshops sind einer Vielzahl von Haftungsrisiken ausgesetzt. Insbesondere Markenrechte Dritter und wettbewerbsrechtliche Vorschriften können den Verantwortlichen schnell zum Verhängnis werden. Ob Rechtsverletzungen wissentlich verübt wurden, spielt dabei meistens keine Rolle.

Auf Marktplätzen und Verkaufsplattformen wie Amazon oder Ebay haften die Inhaber eines Shops im Grundsatz vorrangig für Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit ihren Verkaufsangeboten. Die Betreiber der Marktplätze gelten insofern medienrechtlich als Hostprovider – sie haften nur unter engen Voraussetzungen direkt für Rechtsverletzungen und in der Regel erst, nachdem sie von einer Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurden.

Wann haftet ein Shop für eigene Inhalte?

Für eigene Inhalte haftet stets der Betreiber eines Shops. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 1 TMG (Telemediengesetz). Diese nach außen gerichtete Haftung besteht unabhängig davon, ob Rechte Dritter oder wettbewerbsrechtliche Vorschriften wissentlich oder gar mit Absicht verletzt wurden. Handlungen der eigenen Mitarbeiter, engagierter Freiberufler oder beauftragter Agenturen stehen dieser „Außenhaftung“ in aller Regel nicht entgegen. Anwaltliche Abmahnschreiben wegen Rechtsverletzungen lösen vor diesem Hintergrund oft einen „Aha-Moment“ bei den Verantwortlichen aus, die zuvor oft keine Kenntnis von einer möglichen Rechtsverletzung hatten.

Wann haftet ein Onlinehändler als Störer?

Bei einer Verletzung absoluter Rechte – wie beispielsweise fremder Markenrechte – kann als Störer in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht zu stark auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die Rechtsverletzung vorgenommen haben, setzt die Störerhaftung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Verletzung von Prüfpflichten voraus (siehe dazu beispielhaft BGH, Urteil v. 15.08.2013 – I ZR 80/12 und BGH, Urteil v. 26.11.2015 – I ZR 174/14).

Bietet ein Marktplatz die Möglichkeit, dass andere Händler und Verkäufer die Beschreibung eines Produktes nachträglich verändern oder ergänzen, besteht wegen der gefahrerhöhenden Wirkung durch diese Möglichkeit eine besondere Überwachungs- und Prüfpflicht der eigens eingestellten Beschreibung. Denn Händler müssen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in diesem Fall damit rechnen, dass die eigenen Texte durch Dritte manipuliert werden (BGH, Urteil v. 03.03.2016 – I ZR 140/14).

Dieser Verpflichtung zur Prüfung und Überwachung der Händler steht es nicht entgegen, dass Nutzungsbedingungen des Betreibers der Plattform eine nachträgliche Veränderung untersagen, solange faktisch eine technische Möglichkeit der Veränderung besteht (so OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 05.12.2019 – 6 U 182/18). Welche konkreten Überwachungs- und Prüfungsmaßnahmen erforderlich und zumutbar sind, hängt vom Einzelfall ab. Der Bundesgerichthof befand eine Prüfung erst fünf Wochen nach Einstellung eines Verkaufsangebots für unzureichend (BGH, Urteil v. 03.03.2016 – I ZR 140/14). Die Prüfungen und Überwachungsmaßnahmen müssen nachweisbar sein.

Haftet ein Händler für Algorithmen einer Verkaufsplattform?

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat die Grundsätze der Störerhaftung mit einer aktuellen Entscheidung weiterentwickelt (Beschluss v. 18.03.2021 – 6 W 8/18). Danach sollen Betreiber eines Onlineshops bei einer Verletzung von Prüfpflichten haften, wenn ein Algorithmus der Verkaufsplattform einem angebotenen Produkt ein anderes Produktfoto zuweist. Das Angebot einer Händlerin wurde für wettbewerbswidrig befunden, da das eigens verwendete Produktfoto durch einen Algorithmus der Plattform gegen ein anderes Bild ausgetauscht wurde. Auf dem neuen Foto war ein originalverpackter Artikel zu sehen, obwohl unverpackte Ware angeboten wurde. Darin lag ein wettbewerbswidriges Verhalten, was wegen einer Verletzung der Prüfungs- und Überwachungspflichten nach den Grundsätzen der Störerhaftung zu verantworten war.

Muss ich meinen Shop überwachen?

Ob Überwachungspflichten bestehen, hängt von den technischen Funktionen der genutzten Verkaufsplattform und von der Frage ab, ob Dritte (z.B. andere Händler) Einwirkungsmöglichkeiten auf einzelne Angebote haben. Die technischen Funktionen von Verkaufsplattformen sollten jedem dort tätigen Onlinehändler bekannt sein. Auch sollten die Nutzungsbedingungen des Plattformbetreibers bekannt sein. Erforderlichenfalls können Haftungsrisiken durch standardisierte und dokumentierte Überwachungsmaßnahmen verringert werden.

Sie wurden abgemahnt? Oder Sie möchten Ihren Shop überprüfen lassen? Treten Sie gern unverbindlich mit uns in Kontakt.

Ihre Ansprechpartner
Benjamin von Allwörden
Rechtsanwalt | Partner | Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Rechtsanwalt | Partner | Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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