Arbeitnehmer und Quarantäne
Was passiert, wenn Arbeitnehmer sich durch behördliche Anordnung in Quarantäne begeben müssen? Muss ein Arbeitnehmer arbeiten, wenn er in Quarantäne ist? Kann Quarantäne ein Arbeitsverhältnis gefährden? Und was passiert, wenn die Quarantäne sich mit dem Erholungsurlaub überschneidet?
Ein Überblick über die relevantesten Fragen im Zusammenhang mit Quarantäne:
Kündigung oder Abmahnung wegen Quarantäne
Eine behördlich angeordnete Quarantäne berechtigt Arbeitgeber grundsätzlich nicht zu einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung. Das Arbeitsgericht Köln befand die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen behördlich angeordneter Quarantäne sogar für willkürlich und nach § 138 BGB und § 242 BGB rechtsunwirksam, obwohl diesem Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG zukam (ArbG Köln, Urteil vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20).
Pflichtverstöße von Arbeitnehmern können vor allem dann rechtliche Konsequenzen hervorrufen, wenn Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis betroffen sind. In der Gestaltung von Urlaub und Freizeit sind Arbeitnehmer daher im Grundsatz nicht durch ihr Arbeitsverhältnis eingeschränkt. Allerdings kann unter Umständen auch die Urlaubsplanung oder die Freizeitgestaltung von Arbeitnehmern negativen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis haben. Nach dem vertraglichen Rücksichtnahmegebot und wegen der vertraglichen Nebenpflichten kann eine Urlaubs- oder Freizeitgestaltung daher unter Umständen einen Pflichtverstoß begründen und eine Abmahnung rechtfertigen. Eine Pflichtverletzung könnte zumindest angenommen werden, wenn Arbeitnehmer trotz entgegenstehender Reiseempfehlungen der Behörden in Risikogebiete reisen und damit bewusst die Anordnung einer Quarantäne provozieren.
Arbeit trotz Quarantäne
Ob während einer behördlich nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) angeordneten Quarantäne gearbeitet werden muss, hängt von der Tätigkeit und der faktischen Möglichkeit einer Verrichtung der Arbeit ab. Wenn der Arbeitnehmer trotz Quarantäne – beispielsweise aus dem Homeoffice heraus – in der Lage ist, seine Arbeiten zu verrichten, bleibt die Verpflichtung zu Arbeitsleistung grundsätzlich bestehen.
Ist eine Arbeit in der Quarantäne hingegen nicht möglich – so in etwa bei Mitarbeitern im Einzelhandel oder im produzierenden Gewerbe –, greift § 56 IfSG. Danach kann der betroffene Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe seines Nettoentgelts für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen erhalten. Der Arbeitgeber bleibt währenddessen nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ aus § 614 BGB von der Lohnzahlung befreit.
Urlaubstage bei Quarantäne
Sogenannte „Ansteckungsverdächtigte“ werden wegen der Corona-Pandemie regelmäßig – z.B. nach der Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt – durch die Gesundheitsämter in eine angeordnete Absonderung gezwungen. Die Anordnung einer Quarantäne richtet sich nach § 30 IfSG.
Quarantäne ist allerdings keine Krankheit. Das hat das Arbeitsgericht Halle in einer neueren Entscheidung festgestellt (Urteil vom 23.06.2021 – 4 Ca 285/21). Das Arbeitsgericht Neumünster vertritt mit einer aktuellen Entscheidung dieselbe Auffassung (Urteil v. 03.08.2021, 3 Ca 362 b/21). Demnach soll die Regelung aus § 9 BUrlG, wonach ärztlich attestierte Krankheitstage während des Urlaubes nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen sind, keine Anwendung finden, wenn Arbeitnehmer während des Urlaubes in behördlich angeordneter Quarantäne und zugleich arbeitsfähig sind.
Quarantäne soll begrifflich und nach dem Gesetzeszweck nach einer Arbeitsunfähigkeit nicht gleichstehen, da der Gesetzgeber mit § 9 BUrlG bewusst nur den besonderen Fall der Urlaubsstörung durch Krankheit für Arbeitnehmer privilegieren wollte. Das Risiko eines gestörten Urlaubes wegen Quarantäne liegt damit allein beim betroffenen Arbeitnehmer.
Nehmen Sie gern unverbindlich Kontakt mit unseren auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälten auf.
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht