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Sexuelle Belästigung einer Kollegin während Betriebsfeier: Außerordentliche Kündigung gerechtfertigt?

ArbG Siegburg: Urt. v. 24.07.2024, Az. 3 Ca 387/24

09.05.2025
Außerordentliche Kündigung wegen sexueller Belästigung während Betriebsfeier

Die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses

Eine außerordentliche Kündigung stellet ein besonders scharfes arbeitsrechtliches Mittel dar, mit dem ein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden kann. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB ist sie nur dann zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei muss das Verhalten oder der Umstand, der die Kündigung rechtfertigt, „an sich“ geeignet sein, eine solche Maßnahme zu tragen, und es bedarf zusätzlich einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall. Bemerkenswert an dem nachfolgend besprochenen Urteil ist, dass das Fehlverhalten des Arbeitnehmers, das seine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, während einer Betriebsfeier stattfand, also nicht während der regulären Arbeitszeit. Das Arbeitsgericht erachtete diesen Umstand als unerheblich:

Zum Sachverhalt:


Der gekündigte Mitarbeiter arbeitete seit einem Jahr bei dem beklagten Arbeitgeber und war während dieser Anstellung bereits wiederholt negativ aufgefallen, woraufhin er in der Vergangenheit abgemahnt wurde. Auf einer Betriebsfeier in lockerer Atmosphäre fasste er einer Kollegin sodann an den Hintern. Als sie signalisierte, dies nicht zu wollen, hielt er sie am Arm fest und äußerte ihr gegenüber, sie solle dies als Kompliment verstehen. Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter daraufhin außerordentlich fristlos, wogegen er sich per Kündigungsschutzklage wehrte, die im Ergebnis jedoch erfolglos blieb.

Die Entscheidung des ArbG Siegburg:


Das Arbeitsgericht Siegburg bestätigt in seinem Urteil die Wirksamkeit der Kündigung. Der Umstand, dass das sexuell belästigende Verhalten während einer Betriebsfeier stattfand und nicht während der regulären Arbeitszeit, erachtete das Gericht als unerheblich. Der Schlag auf den Po und das Festhalten gegen ihren Willen seien sexuelle Belästigungen im Sinne von § 3 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und stellen damit nach § 7 Absatz 3 AGG eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die das Vertrauen des Arbeitgebers in seinen Mitarbeiter nachhaltig erschüttere und es ihm unzumutbar mache, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten. Die Interessenabwägung fällt insbesondere deshalb so eindeutig zugunsten des Arbeitgebers aus, weil er nach § 2 Abs. 1 BeschSchG gesetzlich verpflichtet war, wirksame Maßnahmen zum Schutz seiner Mitarbeiter – auch vorbeugend – zu treffen. Weil die arbeitnehmerseitige Pflichtverletzung derart schwerwiegend war, bedurfte es einer vorherigen Abmahnung nicht. Die Kammer betont dabei, dass der Arbeitnehmer damit rechnen musste, dass sein Arbeitgeber ein derartiges Verhalten nicht dulden würde.

Praxishinweis:


Außerordentlich fristlose Kündigungen sind immer Einzelfallabwägungen. Die Entscheidung, auch wenn sie im vorliegenden Fall naheliegend ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Immer ist zu erwägen, ob vor Ausspruch der Kündigung zunächst eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht kommt. Dazu sollte der Arbeitgeber den Sachverhalt sorgfältig ergründen, Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern führen, Zeugen zum Hergang des Geschehens befragen und alles sorgfältig dokumentieren. Sexuelle Belästigung stellt regelmäßig eine schwere Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers dar, die in vielen Fällen eine Abmahnung entbehrlich macht – auch wenn dieses Fehlverhalten auf einer Betriebsfeier in lockerer Atmosphäre und unter Alkoholeinfluss stattfindet.

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Anwalt für Arbeitsrecht Benjamin von Allwörden
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