Niedrig verzinstes Darlehen für Familienmitglieder: Achtung Schenkungssteuer
Der BFH konkretisiert die Bewertung von Zinsvorteilen als freigiebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
BFH, Urt. vom 31. Juli 2024 (Az. II R 20/22)
Ihr Experte für Steuerrecht klärt auf:
Darlehen, die Familienmitgliedern gewährt werden, kommen in der steuerlichen Gestaltungspraxis regelmäßig vor. Oftmals werden dabei Zinssätze vereinbart, die deutlich unter dem marktüblichen Niveau liegen, beispielsweise 1 % pro Jahr. Achtung, das birgt schenkungssteuerrechtliche Risiken, wie der BFH in seinem Urteil vom 31. Juli 2024 (Az. II R 20/22) nun klarstellt:
Sachverhalt:
In dem zugrundeliegenden Fall hatte eine Schwester ihrem Bruder ein Darlehen über 1,875 Mio. € zu einem Zinssatz von 1 % p.a. gewährt. Nach den damaligen Statistiken der Deutschen Bundesbank lag der marktübliche Zinssatz für vergleichbare Darlehen bei 2,81 %. Das Finanzamt sah darin eine gemischte Schenkung in Höhe der eingesparten Zinsen. Dieser Einschätzung schloss sich der BFH an.
Kernaussagen des BFH in seinem Urteil:
- Die Darlehensgewährung zu Zinskonditionen, die unter dem marktüblichen Niveau liegen, stellt eine gemischte Schenkung dar (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Der entgeltliche Teil sei das tatsächlich gezahlte Entgelt (1 % Zinsen), der unentgeltliche Teil bestehe im Verzicht auf den marktüblichen Zins – hier konkret die Differenz von 1,81 % p.a.
- Der Zinsvorteil sei jährlich zu ermitteln und als laufende freigebige Zuwendung zu behandeln. Die Berechnung habe auf Basis eines konkreten, objektiv nachweisbaren Marktzinses zu erfolgen.
- Der pauschale Zinssatz von 5,5 % nach § 15 Abs. 1 BewG sei nicht heranzuziehen, wenn ein individueller Marktzins feststellbar Die pauschale Bewertungsmethode sei auf den Fall nicht anwendbar, da sie für andere Bewertungszwecke konzipiert sei.
Beratungs- und Gestaltungshinweise für Darlehen zu Sonderkonditionen:
Das aktuelle Urteil des BFH macht deutlich, dass die steuerliche Behandlung von niedrig verzinsten Darlehen innerhalb der Familie besondere Sorgfalt erfordert. Um schenkungssteuerliche Risiken zu vermeiden, sollten Darlehensverträge so gestaltet sein, dass sie einem Fremdvergleich standhalten.
- Marktzins dokumentieren:
Um der Schenkungsteuer zu entgehen, sollte der vereinbarte Zinssatz dem Marktniveau entsprechen. Der Marktzins kann beispielsweise durch statistische Angaben der Deutschen Bundesbank oder durch die Konditionen marktüblicher Bankdarlehen belegt werden. - Vertraglich klar regeln:
Darüber hinaus sollte der Darlehensvertrag sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile enthalten – insbesondere Zinsvereinbarung, Laufzeit, Tilgungsmodalitäten sowie gegebenenfalls Besicherungen. Nur so kann im Falle einer steuerlichen Überprüfung nachgewiesen werden, dass das Darlehen fremdüblich ausgestaltet wurde. - Zinsvorteil im Blick haben:
Kommt es dennoch zu einem Zinsvorteil, ist dieser als Schenkung anzusehen und kann Freibeträge gemäß § 16 ErbStG belasten. Beispielsweise steht Kindern ein Freibetrag von 400.000 € alle zehn Jahre zu. - Anzeige ans Finanzamt nicht vergessen (§ 30 ErbStG):
Auch bei (vermeintlich) geringfügigen Zinsvorteilen ist die Schenkung dem Finanzamt anzuzeigen. Eine Mitteilung ist selbst dann erforderlich, wenn die Zuwendung innerhalb der Freibeträge liegt und keine Steuer festgesetzt wird!
Fazit unseres Experten für Steuerrecht:
Der BFH konkretisiert mit seinem Urteil die schenkungssteuerliche Behandlung niedrig verzinster Darlehen innerhalb der Familie. Eine sorgfältige Gestaltung und Dokumentation der Darlehenskonditionen ist unerlässlich. Bereits geringfügige Zinsdifferenzen können insbesondere bei hohen Beträgen erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.