Das Gesellschafterdarlehen:
Risiken, steuerrechtliche Stolperfallen und Gestaltungsoptionen
Gesellschafterdarlehen sind in der Praxis ein häufig genutztes Mittel zur Finanzierung der eigenen Gesellschaft – insbesondere in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Doch wer als Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewährt, sollte die rechtlichen und steuerlichen Konsequenzen genau kennen.
Worauf ist bei einem Gesellschafterdarlehen zu achten?
Unser Steuerrechtsexperte Titus Wolf klärt auf:
1.Rangrücktritt
Ein Rangrücktritt ist insbesondere bei krisenbehafteten Gesellschaften wichtig. Der Gesellschafter erklärt hierbei, dass sein Rückzahlungsanspruch hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurücktritt. Das kann entscheidend sein, um eine bilanzielle Überschuldung zu vermeiden. Der Rangrücktritt muss dabei rechtssicher formuliert sein und sollte auch Zinsansprüche umfassen, um insolvenzrechtlich anerkannt zu werden. Im Gegensatz zu einem echten Forderungsverzicht führt ein Rangrücktritt grundsätzlich nicht zur Umqualifizierung der Darlehensforderung von Fremd- in Eigenkapital. Er bleibt daher steuerlich neutral. Damit diese Steuerneutralität gewährleistet ist, fordert der Bundesfinanzhof jedoch, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht ausschließlich davon abhängig gemacht wird, ob die Gesellschaft künftig Gewinne erzielt oder bei einer Liquidation ein Überschuss verbleibt. Andernfalls sieht das Finanzamt keine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung mehr, wodurch die Verbindlichkeit in der Steuerbilanz gewinnwirksam aufzulösen wäre – ein steuerpflichtiger Ertrag entsteht, obwohl tatsächlich kein Geldzufluss erfolgt. Um dies zu vermeiden, muss der Rangrücktritt zusätzlich vorsehen, dass die Rückzahlung auch aus sonstigem freiem Vermögen der Gesellschaft erfolgen kann. Nur dann bleibt die Verbindlichkeit bilanziell bestehen, und die steuerliche Neutralität ist gesichert. Daher ist bei der Formulierung eines Rangrücktritts größte Sorgfalt geboten, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
2. Steuerliche Auswirkungen bei Unverzinslichkeit
Gewährt ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ein unverzinsliches Darlehen, hat dies steuerlich entscheidende Konsequenzen. Da keine Zinsen verlangt werden, fehlt in der Regel die Einkünfteerzielungsabsicht. Das bedeutet: Der Gesellschafter strebt mit dem Darlehen keinen steuerpflichtigen Ertrag an.
Kommt es später zum Ausfall des Darlehens – etwa durch Insolvenz der Gesellschaft –, kann der Verlust steuerlich nicht berücksichtigt werden. Denn ohne die Absicht, Einkünfte zu erzielen, fehlt die Grundlage für die Anerkennung eines steuerlich relevanten Verlusts im Bereich der Kapitaleinkünfte.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist es daher empfehlenswert, bei Gesellschafterdarlehen zumindest eine marktübliche Verzinsung zu vereinbaren. Nur so besteht die Möglichkeit, spätere Verluste steuerlich geltend zu machen.
Was passiert bei einem Ausfall des Darlehens durch Insolvenz?
FG Düsseldorf Urteil vom 27.09.2024 (AZ: 3 K 3054/20 E) und BFH Urteil vom 27.10.2020 (AZ: X R 5/20)
Fällt ein Darlehen infolge der Insolvenz des Schuldners endgültig aus, kann der Darlehensgeber den Verlust grundsätzlich steuerlich geltend machen – allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der Bundesfinanzhof (BFH) erkennt solche Verluste nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG an, sofern feststeht, dass keine Rückzahlungen mehr zu erwarten sind. Dies ist in der Regel erst der Fall, wenn das Insolvenzverfahren abgeschlossen oder die Forderung als wertlos eingestuft wurde.
Entscheidend ist jedoch, ob das Darlehen mit der Absicht vergeben wurde, Einkünfte zu erzielen. Diese sogenannte Einkünfteerzielungsabsicht wird bei verzinslichen Darlehen grundsätzlich vermutet, kann aber bei unverzinslichen oder eigenkapitalähnlichen Darlehen widerlegt werden. Besonders streng wird dies bei mittelbaren Beteiligungen gehandhabt, wie das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 27.09.2024 (3 K 3054/20 E) klarstellt: Dort wurde der Verlust aus einem unverzinslichen Gesellschafterdarlehen bei mittelbarer Beteiligung nicht anerkannt, da keine Einkünfteerzielungsabsicht erkennbar war. Auch ein Gesamtbetrachtungsansatz, der andere Einkunftsquellen wie Dividenden einbezieht, wurde abgelehnt.
Fazit: Bei einem Darlehensausfall infolge Insolvenz ist der steuerliche Abzug möglich, aber nur, wenn das Darlehen auf Gewinnerzielung angelegt war. Unverzinsliche Darlehen – insbesondere bei mittelbaren Beteiligungen – bergen hier ein hohes steuerliches Risiko.
Verzicht oder Debt-to-Equity Swap?
Ein einfacher Forderungsverzicht kann helfen, die Bilanz der Gesellschaft zu entlasten – steuerlich hat dies jedoch nur dann Vorteile, wenn er mit einem Rangrücktritt kombiniert wird oder im Einzelfall als Einlage gewertet wird.
Eine Alternative zum endgültigen Verzicht ist der sogenannte Dept-to-Equity Swap (Schuldenbeteiligungstausch): Dabei wird das Darlehen in Eigenkapital umgewandelt, also z.B. in eine Kapitalerhöhung eingebracht. Die Vorteile dessen sind die Stärkung der Eigenkapitalbasis sowie bessere Außenwirkung gegenüber Kreditgebern.
Fazit: Ohne rechtliche und steuerliche Beratung riskant
Gesellschafterdarlehen sind nicht per se problematisch – aber rechtlich und steuerlich sensibel. Ob Verzinsung, Rangrücktritt, steuerliche Behandlung oder Sanierungsinstrumente wie ein Debt-to-Equity Swap: Die Risiken sind vielfältig.
Unser Rat: Bevor ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt, sollte er sich unbedingt anwaltlich und steuerlich beraten lassen. Nur so lässt sich vermeiden, dass aus einer gut gemeinten Finanzierung ein steuerliches oder insolvenzrechtliches Risiko wird.