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Ersetzt KI bald die anwaltliche Beratung?

ChatGPT in der Rechtsberatung:

Vor den Amtsgerichten sowie Arbeits- und Finanzgerichten herrscht kein Anwaltszwang, was bedeutet, dass jede Person eigenständig vor Gericht auftreten und ihre Interessen ohne anwaltliche Vertretung wahrnehmen kann. In Zeiten von künstlicher Intelligenz ersetzen immer mehr Menschen die professionelle anwaltliche Beratung durch Tools wie Chat GPT und Co. Mittlerweile bietet das Unternehmen Open AI mit dem Tool Anwalt GPT sogar explizite juristische Beratung für deutsches Recht an. Dessen Benutzung kann fatale Folgen haben, weiß unser Rechtsanwalt Enno von Helldorff aus der Beratungspraxis und dem Arbeitsalltag vor Gericht: „Immer öfter entstehen skurrile Situationen, wenn Parteien ohne fachkundige juristische Begleitung versuchen, ihre Ansprüche gerichtlich durchzusetzen und sich dabei lieber auf künstliche Intelligenz verlassen als auf einen Anwalt.“

Fragt man ChatGPT, ob künstliche Intelligenz die individuelle Rechtsberatung beim Anwalt ersetzen kann, erhält man folgende erstaunlich selbstreflektierte Antwort:

„Was KI (noch) nicht ersetzen kann:

  1. Individuelle Rechtsberatung:
    Jeder Fall ist anders. Eine fundierte juristische Einschätzung erfordert Kontext, strategisches Denken und das Abwägen von Risiken – das kann derzeit nur ein Mensch leisten.
  2. Verhandlungsführung & Strategie:
    Ob im Strafrecht, Familienrecht oder Wirtschaftsrecht: Taktik, Menschenkenntnis und Erfahrung sind entscheidend – das ist keine rein datenbasierte Aufgabe.
  3. Empathie & Vertrauensverhältnis:
    Besonders in sensiblen Bereichen (z. B. Sorgerecht, Strafverteidigung) ist die menschliche Komponente zentral.
  4. Haftung & Verantwortung:
    Ein Anwalt haftet für seine Beratung – eine KI nicht. Bei falscher Beratung durch KI ist die Rechtsdurchsetzung problematisch.“


Gefahr von Halluzinationen: Das Erfinden von Fakten, die in Wahrheit nicht existieren

Fragt ein juristischer Laie Chat GPT nach der Lösung für ein rechtliches Problem, erhält der Anwender komplexe Antworten und die dazugehörigen Quellen in Sekundenschnelle. Eine Leistung, für die ein Anwalt einige Zeit benötigt, weil er Vergleichsrechtsprechung recherchiert, Gerichtsurteile liest und Parallelen ausmacht. Auf den ersten Blick eine großartige Leistung, die Chat GPT in einem Bruchteil der Zeit vollbringt und mit der Angabe von Quellen vermeintliche Sicherheit bietet. Wenn die KI quellenbasierte Antworten gibt, wird wohl stimmen, was als Lösung präsentiert wird – könnte man meinen. Aber genau dort liegt ein großes Problem. Chat GPT erfindet juristische Quellen und bezieht sich auf Gerichtsurteile, die es gar nicht gibt. Dieses Vorgehen nennt man im Kontext von KI Halluzination. Ein juristischer Laie kann diese täuschend echte Zitierung nur schwer erkennen, weil er den zur Verifizierung notwendigen Zugriff auf die oftmals dazu erforderlichen juristischen Datenbanken nicht besitzt.


KI: Kein Zugriff auf juristische Datenbanken oder die anhängige Akte bei Gericht

Anwalt GPT soll was die Halluzination von Gerichtsurteilen und Quellen angeht optimiert sein und keine falschen Zitierungen mehr auswerfen. Verifiziert ist diese Verbesserung allerdings bisher noch nicht vollumfänglich. Genauso wie der juristische Laie hat aber auch Anwalt GPT keinen Zugriff auf die juristischen Datenbanken wie beck-online und juris, die der Anwalt für die Recherche von vergleichsweise heranzuziehender Rechtsprechung verwendet. Anwalt GPT kann lediglich öffentlich zugängliche Gerichtsurteile auswerten, die nur einen Bruchteil der ergangenen Urteile darstellen. Damit tun sich eklatante Wissenslücken für die künstliche Intelligenz auf, die weitreichende Folgen haben kann: Der Anwalt GPT-Verwender vertraut der ungenauen Einschätzung der künstlichen Intelligenz und kann mitunter mit unerwarteten Konsequenzen konfrontiert werden, weil die AI nicht alle Folgen im Blick hat. Ebenso ist es der AI nicht möglich, Akteneinsicht bei Gericht zu verlangen. Dies ist dem Anwalt vorbehalten und kann auch nicht durch den Mandanten selbst geschehen. Alleine dafür lohnt sich der Gang zum juristischen Experten.  


Datenschutzrechtliche Herausforderungen: Vorsicht beim Teilen sensibler Informationen

Jegliche Informationen, die Chat GPT zugeführt werden, landen automatisch auf Servern in den USA, die von Open AI, der Firma hinter Chat GPT, mitgelesen werden können und dort enthaltene Informationen zur Weiterentwicklung ihrer Dienste nutzen darf. Das birgt die Gefahr, dass sich die vom Verwender eingespeisten Informationen in den Antworten anderer Nutzer wiederfinden. Denn genau so funktioniert die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz: Chat GPT wird fortwährend auf der Basis der eingeführten umfangreichen Datenmengen trainiert, sodass es in seinen Antworten die Informationen anderer Nutzer potenziell reproduziert. Das wird dann problematisch, wenn Chat GPT sensible personenbezogene Informationen zugeführt oder Geschäftsgeheimnisse geteilt werden.

Unser Tipp: Personenbezug vermeiden

Nutzen Sie Chat GPT für die Bewertung eines tatsächlichen Sachverhaltes, sollten Sie unbedingt darauf achten, keine sensiblen Daten, wie beispielsweise vollständige Namen, mit einzuführen.


Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant

Zwar kann es dem Mandanten einen ersten hilfreichen Überblick bieten, wenn er sein juristisches Anliegen zunächst mit der künstlichen Intelligenz bespricht und darüber Informationen einholt. Gleichzeitig bietet dieses Vorgehen die Gefahr, das Vertrauensverhältnis zum später konsultierten Anwalt zu belasten, wenn der Mandant auf die Lösungsansätze der künstlichen Intelligenz vertraut und von ihrer juristischen Korrektheit überzeugt ist. Dabei ist das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant aber besonders sensibel. Der Anwalt muss sich darauf verlassen können, dass der Mandant offen über alle relevanten Informationen eines Sachverhaltes spricht, während der Mandant darauf vertrauen muss, dass sein Anliegen mit fachlicher Kompetenz, Diskretion und in seinem besten Interesse vertreten wird. Wird dieses Verhältnis durch vorgefasste Meinungen oder falsche Erwartungen gestört, kann dies nicht nur die Qualität der anwaltlichen Beratung beeinträchtigen, sondern auch die Effizienz und Effektivität der Mandatsbearbeitung negativ beeinflussen. Es ist daher von großer Bedeutung, dass Mandanten frühzeitig erkennen, dass künstliche Intelligenz zwar unterstützend wirken kann, jedoch keine individuelle, verantwortungsbewusste Rechtsberatung durch einen qualifizierten Volljuristen ersetzen kann.


Unser Fazit:

Schnell wird deutlich, dass Künstliche Intelligenz ein Hilfsmittel sein kann, den Gang zum Anwalt jedoch keinesfalls ersetzt. Die von KI generierten Ergebnisse bedürfen stets einer kritischen Prüfung, was für juristische Laien ohne Fachkenntnisse kaum zu leisten ist. Insbesondere die Kombination aus rechtlicher Expertise, strategischem Urteilsvermögen und persönlicher Verantwortung bleibt unersetzbar. Der Anwaltsberuf ist, zumindest gegenwärtig, nicht durch KI ersetzbar. Wie sich die Technologie künftig entwickelt, bleibt mit Spannung zu beobachten. Bis dahin bleibt es bei dem altbekannten und bewährten Vorgehen: Check, re-check, double-check.

Vertrauen Sie lieber unserer langjährigen Expertise im Umgang mit rechtlichen Fragestellungen. Wir unterstützen Sie fundiert, persönlich und mit dem nötigen Fingerspitzengefühl für die individuelle Situation Ihres Anliegens. Unsere anwaltliche Beratung basiert nicht auf Algorithmen, sondern auf Erfahrung, juristischer Präzision und dem Anspruch, Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten und durchzusetzen.

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