Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter und Arbeitnehmer

Was sind Wettbewerbsverbote?

Ein Wettbewerbsverbot ist die Beschränkung einer Person in ihrer beruflichen Tätigkeit zugunsten anderer Unternehmer derselben Fachrichtung. Das bedeutet, die Person darf für die Dauer ihrer Dienstzeit ohne Einwilligung ihres Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in einem gleichen Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte betreiben. Dies bezieht sich immer nur auf den Geschäftsbereich des Arbeitgebers. Außerhalb des Geschäftsbereichs des Arbeitgebers ist dem Arbeitnehmer eine gewerbliche Tätigkeit erlaubt, wenn sie die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt.

Bei Wettbewerbsverboten ist zu unterscheiden zwischen denen im bestehenden Arbeitsverhältnis und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten.

Die Leistungen unserer Kanzlei:

  • Wir gestalten effiziente und interessengerechte Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote
  • Wir prüfen bestehende Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote, damit Sie Ihr Risiko einschätzen können
  • Wir setzen erforderlichenfalls Ihre Ansprüche aus Wettbewerbsverboten für Sie durch

Für wen gelten Wettbewerbsverbote?

Ein gesetzliches Wettbewerbsverbot besteht für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, für Geschäftsführer einer GmbH, Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft, für Handelsvertreter und auch für alle Arbeitnehmer. Insbesondere Wettbewerbsbeschränkungen von Arbeitnehmern und Handelsvertretern haben in der Praxis hohe Bedeutung. Bei den weiteren Personengruppen funktionieren die Wettbewerbsverbote allerdings in vergleichbarer Weise.

Wer ist Handelsvertreter?

Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte gegen Provision zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er unterscheidet sich vom kaufmännischen Angestellten durch seine Selbständigkeit. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Handelsvertreter sind in der Regel Kaufleute. Handelsvertreter können zum Beispiel Abonnenten-Verkäufer, Versicherungsvertreter, Reisevermittler oder Produktverkäufer sein. Die gesetzlichen Vorschriften zum Handelsvertreter sind in den §§ 84 ff. HGB enthalten.

Wettbewerb im Arbeitsverhältnis

Solange das Arbeitsverhältnis besteht, unterliegen sowohl Arbeitnehmer als auch Handelsvertreter einem umfassenden Wettbewerbsverbot. Ein solches muss nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart werden. Denn es ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§§ 60, 86 HGB für Handelsvertreter bzw. § 242 BGB für Arbeitnehmer). Eine vertragliche Ausgestaltung und Konkretisierung eines arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverbotes kann gleichwohl sinnvoll sein. Denn Nebentätigkeiten, die nicht die Interessen des Arbeitsgebers beeinträchtigen, sind im Grundsatz zulässig.

Das Wettbewerbsverbot gilt ab dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit für den Arbeitgeber aufgenommen wird und endet mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses wirkt das Wettbewerbsverbot bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fort. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt wurde. Bei einer außerordentlichen Kündigung endet es mit Zugang der schriftlichen Kündigung, da diese das Arbeitsverhältnis – sofern die Kündigung wirksam ist – mit sofortiger Wirkung beendet.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung. Für eine wirksame Vereinbarung ist die Schriftform inklusive eigenhändiger Unterschrift erforderlich. Zudem muss der Arbeitgeber auf eine ordnungsgemäße Vertretung seines Unternehmens achten. Schließlich ist dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter eine Vertragsurkunde mit der Originalunterschrift des Arbeitgebers auszuhändigen. Die Vereinbarung eines wirksamen und effizienten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist mit zahlreichen rechtlichen Problemen behaftet. Eine anwaltliche Gestaltung oder Prüfung ist daher in aller Regel dringend geboten.

Welche Anforderungen gelten für nachvertragliche Wettbewerbsverbote?

Die Vereinbarung muss eine Zusage über eine vom Arbeitgeber zu zahlende Entschädigung, eine sogenannte Karenzentschädigung, enthalten. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte seiner zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen hat. Fehlt die Entschädigungszusage, ist das Wettbewerbsverbot unwirksam. Bei einer zu geringen Entschädigungszusage wird das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Das heißt, dass der Arbeitnehmer oder Handelsvertreter wählen kann, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und die zu geringe Entschädigung annimmt oder ob er zum Arbeitgeber in Wettbewerb tritt.

Gilt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unbegrenzt?

Das Wettbewerbsverbot ist nach der Rechtsprechung auf eine Höchstdauer von zwei Jahren begrenzt. Im Einzelfall können aber zwei Jahre schon unangemessen lang sein. Ein Wettbewerbsverbot, dass dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter das berufliche Fortkommen in unbilliger Weise erschwert, ist nicht bindend. Dabei sind die gewährte Karenzentschädigung sowie die Kriterien Ort, Dauer und Gegenstand zu berücksichtigen. Es kommt also auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles an. Bedingte Wettbewerbsverbote sind unverbindlich. Solche liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber die Entscheidung über das spätere Inkrafttreten des schon vereinbarten Wettbewerbsverbots vorbehält.

Kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entfallen?

Ein nachträgliches Entfallen eines vereinbarten Wettbewerbsverbotes ist in folgenden Fällen möglich: Der Arbeitgeber kann auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Dies setzt eine schriftliche Erklärung voraus. Zeitlich begrenzt ist dies noch im Laufe der Kündigungsfrist möglich. Danach oder nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist der Verzicht ausgeschlossen.

Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter hat ein Recht, sich vom Wettbewerbsverbot zu lösen, sofern er selbst das Arbeitsverhältnis außerordentlich aus einem wichtigen Grund kündigt. Dafür hat er einen Monat Zeit, nachdem die Kündigung dem Arbeitgeber zugegangen ist. Auch wenn der Arbeitgeber kündigt, hat der Arbeitnehmer ein Lösungsrecht, sofern er keinen erheblichen Anlass zur Kündigung gegeben hat. Der Arbeitgeber hat ebenfalls ein Lösungsrecht, wenn er das Arbeitsverhältnis aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers kündigt. Schließlich kann die Beendigung und Aufhebung des Wettbewerbsverbotes jederzeit einvernehmlich vereinbart werden.

Werden neue Einkünfte auf die Karenzentschädigung angerechnet?

Ja, dies sieht das Gesetz vor. Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter muss sich insbesondere die Einkünfte aus seiner Folgebeschäftigung in der Regel anrechnen lassen. Bei einer selbständigen Tätigkeit sind die erzielten Gewinne anzurechnen. Auch die Anrechnung ist begrenzt. Sie erfolgt nur, soweit der anderweitige Erwerb zusammengerechnet mit der Karenzentschädigung 110 % der bisherigen vertragsgemäßen Gesamtvergütung übersteigt. Wenn der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter für die neue Tätigkeit seinen Wohnsitz verlegen musste, erhöht sich die Grenze auf 125 %. Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter hat gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Auskunftspflicht hinsichtlich der Höhe seines anderweitigen Erwerbs und muss dies ggf. hinreichend belegen.

Ist eine Karenzentschädigung Arbeitsentgelt?

Lohnsteuerrechtlich stellt die Karenzentschädigung Arbeitslohn dar. Dies hat zur Folge, dass auf die Entschädigung Lohnsteuer erhoben wird. Im Sozialversicherungsrecht gehört die Karenzentschädigung hingegen nicht zum Arbeitsentgelt, sodass dafür keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Auf das Arbeitslosengeld wird die Karenzentschädigung nicht angerechnet, da es sich dabei nicht um Einkünfte aus einer Beschäftigung handelt.

Welche Folgen hat ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot?

Verstößt der Arbeitnehmer oder Handelsvertreter gegen das Wettbewerbsverbot, kann der Arbeitgeber in der Regel Schadensersatz verlangen. An die vertragliche Ausgestaltung von Schadenersatz stellen die Gerichte hohe Anforderungen. 

Darüber hinaus hat er ein Eintrittsrecht, wodurch er vom ehemaligen Arbeitnehmer unter Umständen verlangen kann, so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft selbst getätigt. Das führt nicht zu einem Wechsel der Vertragsparteien. Vielmehr kann der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer so den erzielten wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen. Der Arbeitgeber kann zwischen dem Schadensersatz und dem Eintrittsrecht wählen. Schließlich kann der Arbeitgeber den ehemaligen Arbeitnehmer auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Zu nachvertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtungen

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Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers: Bedeutung und Abgrenzung zur Organstellung

Anstellungsvertrag: Abgrenzung zur Organstellung und anderen Regelwerken

Die Organstellung des Geschäftsführers und seine Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis sind von dem Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers abzugrenzen, welches die persönliche Rechtsbeziehung zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer regelt (Innenverhältnis). Eine Bestellung zum Geschäftsführer im gesellschaftsrechtlichen Sinne ist daher grundsätzlich auch ohne Anstellungsvertrag möglich.

Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in Bedeutung, Abschluss und Inhalt des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags, der eine Art “Arbeitsvertrag” des Geschäftsführers darstellt.

Anstellungsverhältnis und Anstellungsvertrag

Das Anstellungsverhältnis bildet die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Übernahme der Geschäftsführertätigkeit. Regelmäßig handelt es sich bei dem Dienstverhältnis des Geschäftsführers um ein freies Dienstverhältnis (§ 611 ff. BGB). Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ist aufgrund seiner unternehmerischen Freiheit daher regelmäßig kein Arbeitsvertrag im Rechtssinne. Mit dem Begriff Anstellungsvertrag synonym wird auch Geschäftsführervertrag oder Geschäftsführer-Dienstvertrag verwendet.

Was genau regelt der Anstellungsvertrag?

Der Anstellungsvertrag trifft Regelungen über den Inhalt und die Dauer der Tätigkeit des Geschäftsführers für die GmbH. In diesem werden vor allem Regelungen über den Aufgabenbereich des Geschäftsführers, die Vergütung (Geschäftsführer-Gehalt), den Urlaubsanspruch, etwaige Wettbewerbsverbote oder Kündigungs- und Abfindungsvoraussetzungen verschriftlicht.

Wie entsteht das Anstellungsverhältnis?

Das Anstellungsverhältnis wird mit dem Abschluss eines sogenannten schuldrechtlichen Vertrages (Anstellungsvertrag) zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH begründet. Grundsätzlich bestehen keine besonderen Formerfordernisse für den Anstellungsvertrag. Es genügt ein mündlicher Vertragsabschluss. Allerdings stellt ein mündlicher Anstellungsvertrag als Grundlage für die Tätigkeit eines Geschäftsführers ein Risiko dar und sollte dieser aus Gründen der Rechtssicherheit verschriftlicht werden. Für einzelne Vertragsbestandteile kann allerdings ein Formerfordernis bestehen. Ist der Geschäftsführer auch Gesellschafter, muss im Hinblick auf das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung jedenfalls die Vergütung schriftlich aufgenommen werden.

Wer ist zuständig für den Vertragsschluss?

Für den Vertragsabschluss ist in aller Regel die Gesellschafterversammlung zuständig. Dadurch soll die ordnungsgemäße Willensbildung in der GmbH gesichert werden. Ausnahmsweise kann der Gesellschaftsvertrag (Satzung) eine Zuständigkeit des Aufsichtsrats begründen, der jedoch bei der GmbH als Organ optional ist.

Besteht die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung, ist ein ordnungsgemäßer Beschluss zu fassen, durch den eine bestimmte Person vertraglich als Geschäftsführer gebunden werden soll.

Was passiert bei einem unwirksamen oder fehlenden Gesellschafterbeschluss?

Der wirksame Beschluss der Gesellschafterversammlung sollte in der Praxis nicht unterschätzt werden, da ohne diesen ein Abschlussfehler vorliegen kann. Liegt ein unwirksamer Beschluss vor, kann das abgeschlossene Rechtsgeschäft regelmäßig durch eine unkomplizierte Abstandsnahmeerklärung für die Zukunft beendet werden. Unter Umständen kann ein Abschlussfehler zwar nachträglich geheilt werden. Das setzt aber voraus, dass ein Scheitern des Vertrages aufgrund eines formellen Mangels zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde.

Der Vertrag kann trotz des Formfehlers außerdem wirksam sein, sofern beide Parteien den Vertrag über Jahre als Grundlage ihrer Rechtsbeziehung angesehen haben. Die Umsetzung des Vertrages durch die Aufnahme der Tätigkeit des Geschäftsführers in Kenntnis der Gesellschafterversammlung heilt den Formfehler nicht. Insofern bestehen hohe Anforderungen, um den Formfehler nachträglich zu heilen. Dies unterstreicht die Relevanz eines ordnungsgemäßen Beschlusses für die Praxis.

Wie wird das Anstellungsverhältnis aufgehoben?

Das Verhältnis kann durch Kündigung, Aufhebungsvertrag, Beendigung der GmbH oder mit dem Ableben des Geschäftsführers beendet werden. Es kann aber auch mit dem Eintritt einer vereinbarten Bedingung beendet werden (z.B. Erreichen einer bestimmten Altersgrenze). Die Vereinbarung muss dann allerdings Bestandteil des Anstellungsvertrages sein. Weiterhin besteht die gesetzlich geregelte Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen eines wichtigen Grundes (§ 648a BGB). Im Anstellungsvertrag können auch Gründe aufgenommen und einvernehmlich bestimmt werden, die ein außerordentliches Kündigungsrecht begründen

Mit der Beendigung des Anstellungsvertrages entfallen für den Geschäftsführer alle darin geregelten zukünftigen Vergütungsansprüche. Die Beendigung des Anstellungsverhältnisses muss von dem Widerruf der Bestellung (§ 38 GmbHG) abgegrenzt werden (Widerruf der Organstellung).

Wie lässt sich die zeitliche Dauer des Anstellungsvertrages regeln?

Die Vertragslaufzeit des Anstellungsvertrages kann grundsätzlich durch die Parteien frei verhandelt werden. Der Vertrag kann daher befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. Im Rahmen eines unbefristeten Vertrages empfiehlt sich die Verschriftlichung einer Regelung zur Kündigungsfrist, um Rechtssicherheit zu erhalten. Abgesehen von der vertraglichen Kündigungsfrist besteht für den Geschäftsführer eine gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen gemäß § 622 BGB.

Ergeben sich die Pflichten für den Geschäftsführer erst aus dem Anstellungsvertrag?

Unabhängig von dem Anstellungsvertrag ergeben sich die Pflichten für den Geschäftsführer bereits aus seiner Stellung als Organ der GmbH. Der Geschäftsführer verpflichtet sich mit Abschluss des Anstellungsvertrages, die Organstellung zu übernehmen und für einen festgelegten Zeitraum zu behalten. Regelmäßig wird vertraglich eine Verschwiegenheitspflicht, ein Zustimmungsvorbehalt bei Nebentätigkeit oder ein Wettbewerbsverbot geregelt. Der Geschäftsführer muss der GmbH grundsätzlich seine vollständige Arbeitskraft zur Verfügung stellen, wobei er nicht an feste Arbeitszeiten gebunden ist. Der Anstellungsvertrag kann eine Vereinbarung enthalten, die eine nebenberufliche Amtstätigkeit des Geschäftsführers regelt und an eine bestimmte Arbeitszeit geknüpft ist. Der Anstellungsvertrag kann dem Geschäftsführer also weitergehende Pflichten auferlegen als das Gesetz oder die Satzung dies tun.

Als Inhaltsbestandteil des Anstellungsvertrages können allerdings auch organschaftliche Pflichten aufgenommen werden. Häufig verpflichtet sich der Geschäftsführer zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung, die dem Gesetz, der Satzung und (eventuell) der Geschäftsordnung entspricht – dies gilt aber auch ohne Anstellungsvertrag. Bei Verletzung der Pflichten aus dem Anstellungsvertrag mach der Geschäftsführer sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.

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Podcast: Rechtliches 1×1 der Startup-Gründung

Business & People Podcast zur Startup-Gründung

Im Podcast des Wirtschaftsmagazins Business & People spricht unser Partner Dr. Sebastian von Allwörden über die rechtlichen Grundlagen der Startup-Gründung. Was muss beachtet werden? Welche Gesellschaftsform ist sinnvoll?

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Informationsrecht des Gesellschafters in der GmbH

Informationsrecht nach § 51a GmbH-Gesetz:
Wer ist berechtigt und wie wird das Informationsrecht ausgeübt?

Gesellschafter einer GmbH sind zwar Inhaber von Rechten und Pflichten, jedoch oftmals nicht an dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb beteiligt. Die täglichen kaufmännischen Entscheidungen werden innerhalb der GmbH durch den Geschäftsführer getroffen. Nur im Einzelfall ist, je nach vertraglicher Ausgestaltung, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich.

Mindestens einmal im Jahr ist zudem eine „ordentliche“ Gesellschafterversammlung erforderlich, auf der insbesondere der vergangene Jahresabschluss von der Geschäftsführung vorgestellt und von den Gesellschaftern festgestellt – also „abgesegnet“ – werden muss.

Vor allem, wenn der Gesellschafter nicht Teil der Geschäftsführung ist, kann allerdings das Bedürfnis nach weitergehenden Informationen betreffend den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft entstehen. So kann es z.B. ein besonderes Bedürfnis nach einer Prüfung bestimmter Vorgänge geben oder etwa die Notwendigkeit einer unterjährigen Einsichtnahme in die geschäftlichen Zahlen und Parameter. Der Informationsfluss zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist von großer Bedeutung, um als Gesellschafter seine Aufgaben erfüllen und sachgerechte Entscheidungen treffen zu können.  Auch im Fall eines Gesellschafterstreits können Informationen bedeutsam sein.

1. Wer kann das Recht ausüben?

Anknüpfungspunkt ist die rechtliche Stellung als Gesellschafter, sodass ausgeschiedene Gesellschafter keinen Anspruch mehr aus § 51a GmbH-Gesetz herleiten können.

Das Informationsrecht unterstützt den Gesellschafter bei der Wahrnehmung anderer Rechte, wobei insbesondere das Stimmrecht in der Gesellschaftsversammlung hervorzuheben ist. Es kann jedoch auch jederzeit unabhängig vom Stimmrecht ausgeübt werden. Es stellt daher ein elementares Recht des Gesellschafters dar, das nicht ausgeschlossen oder weitreichend eingeschränkt werden kann.

2. Wie kann ein Gesellschafter das Recht ausüben? Muss die Anfrage schriftlich gestellt werden?

Zur Ausübung des Rechts ist ein entsprechendes Informationsverlangen des Gesellschafters notwendig, das sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Der Anspruch auf Information kann dabei zu jeder Zeit und an jedem beliebigen Ort eingefordert werden, also sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Gesellschafterversammlung. Anspruchsgegnerin des Informationsverlangens ist die Gesellschaft, es ist daher an sie zu adressieren. Daran werden jedoch keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Geschäftsführer die Anfrage als Informationsverlangen gegen die durch ihn vertretene Gesellschaft werten kann.

Eine Begründung muss die Ausübung des Informationsrechts nicht enthalten.

3. Muss die Geschäftsführung inhaltlich antworten oder dem Gesellschafter nur Zugang zu Informationen gewähren?

Gemäß § 51a Absatz 1 GmbHG haben die Geschäftsführer „jedem Gesellschafter auf Verlangen unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben und die Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten.“ Unter „unverzüglich“ versteht man ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern.

Das Informationsrecht gliedert sich nach dem Wortlaut des § 51a GmbH-Gesetz in ein Auskunfts- und ein Einsichtsrecht des Gesellschafters. Daher muss dieser in seinem Informationsverlangen zum Ausdruck bringen, welches der beiden Rechte aus § 51a GmbH-Gesetz geltend gemacht werden soll.

Die Informationsmittel der Auskunft und Einsicht stehen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Sie können jeweils einzeln, aber auch in Kombination geltend gemacht werden.

a. Einsichtsrecht: Was ist davon erfasst? Wo und wann kann der Gesellschafter Einsicht nehmen? Gibt es einen Anspruch auf Übersendung von Kopien?

Über das Einsichtsrecht erhält der Gesellschafter das Recht auf Zugang zu den Büchern und „Schriften“ (also Unterlagen) der Gesellschaft, sofern er es verlangt.  Unter Bücher und Schriften fallen sämtliche Geschäftsunterlagen der eigenen GmbH, worunter sowohl in Papierform als auch durch elektronische Medien gespeicherte Daten gefasst sind.

Die GmbH ist grundsätzlich verpflichtet, die Einsichtnahme in ihren Geschäftsräumen zu gewähren. Im Einverständnis aller Beteiligten kann sie aber auch in einer Zweigniederlassung, einem Rechenzentrum oder in den Büroräumen eines Steuerberaters erfolgen, sofern sich die gegenständlichen Unterlagen dort befinden. Der Gesellschafter kann jedoch nicht verlangen, dass die jeweiligen Unterlagen zu seiner Privat- oder Gewerbeadresse übersendet werden.

In zeitlicher Hinsicht schreibt das Gesetz eine „unverzügliche“ Gestattung der Einsicht durch den Geschäftsführer vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gewährung der Einsicht unter Umständen den täglichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft beeinträchtigen kann. In der Regel ist daher eine vorherige Ankündigung des Gesellschafters sowie eine Terminvereinbarung mit den Geschäftsführern angezeigt.

Einer Begründung für die Einsichtnahme bedarf es grundsätzlich nicht. Insbesondere muss das Einsichtsbegehren nicht sachlich konkretisiert werden.

Die Kosten der Einsichtnahme trägt die GmbH, da sie zur Gewährung der Einsicht gesetzlich verpflichtet ist. Das Recht auf Einsicht soll eine effektive Kontrolle gewährleisten. Es ist dem Gesellschafter daher in der Regel erlaubt, Abschriften zu nehmen oder Notizen abzufertigen. Zusätzlich ist ihm auch das Anfertigen von Kopien auf eigene Kosten gestattet.

b. Auskunftsrecht: Umfang und Art der Auskunft

Das Auskunftsrecht bezieht sich auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft. Es umfasst sämtliche unternehmerischen und sonstigen Tätigkeiten der Gesellschaft, ihre Beziehungen zu Dritten, aber auch solche Informationen, die mit der Beteiligung des Gesellschafters in Verbindung stehen. Lediglich rein persönliche Angelegenheiten des Geschäftsführers oder der Mitgesellschafter sind nicht von dem Recht umfasst.

Die Auskunft kann sowohl mündlich als auch schriftlich erteilt werden.  Grundsätzlich liegt es im Ermessen des Geschäftsführers, ob das Auskunftsverlangen schriftlich oder mündlich beantwortet wird. Die Form richtet sich jedoch auch nach dem Informationsbedürfnis des Gesellschafters im Einzelfall. Daher ist eine schriftliche Auskunft zu erteilen, sofern eine Antwort in mündlicher Form das Auskunftsverlangen des Gesellschafters nicht mehr zweckgerecht befriedigen kann.

Wie ausführlich die Antwort auf das Auskunftsverlangen erfolgen muss, hängt von der Genauigkeit der Frage ab. Ist das Auskunftsverlangen allgemein gehalten, so kann auch die Antwort darauf allgemein bleiben.

Die Geschäftsführer sind jedenfalls dazu verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte zu erteilen. Für das Vollständigkeitskriterium muss die Antwort auf das Informationsbegehren inhaltlich nicht nur dem Wortlaut, sondern auch dem Sinn und Zweck der Frage gerecht werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass gerade der uninformierte Gesellschafter seine Frage aufgrund des Informationsdefizits oft unpräzise formuliert.

In der Praxis bezieht sich das Auskunftsverlangen häufig auf die Planrechnungen der Geschäftsführung, die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH oder auch auf Gehälter von Mitarbeitern und Geschäftsführern. Es muss im Gegensatz zu dem Einsichtsverlangen von dem Gesellschafter sachlich konkretisiert werden.

Hinsichtlich der Kostenfrage ist zu differenzieren. Die Kosten für die Anfrage trägt der Gesellschafter selbst. Die Gesellschaft muss jedoch für die Kosten aufkommen, welche durch die Auskunftserteilung entstehen.

4. Schranken des Informationsrechts: In welchen Fällen kann die Geschäftsführung die Auskunft verweigern? Muss sie dafür einen Gesellschafterbeschluss einholen?

Unter bestimmten Umständen kann das Informationsrecht jedoch eingeschränkt werden. Gemäß § 51a Absatz 2 Satz 1 GmbH-Gesetz darf der Geschäftsführer die Auskunft und die Einsicht verweigern, wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird. Für die Verweigerung bedarf es eines Beschlusses der Gesellschafter (§ 51a Absatz 2 Satz 2 GmbH-Gesetz).

Ein gesellschaftsfremder Zweck ist anzunehmen, sofern der verfolgte Zweck nicht den mitgliedschaftlichen Interessen des Gesellschafters oder der Förderung des Unternehmensinteresses dient. In der Praxis stellen oftmals die Wahrnehmung des Informationsrechts für Strafanzeigen gegen den Geschäftsführer oder einen Gesellschafter, das Weitergeben von Informationen an die Presse oder zum Zwecke von Konkurrenzinteressen gesellschaftsfremde Zwecke dar.

Die nach dem Gesetz erforderliche Besorgnis liegt vor, wenn eine zweckwidrige Informationsverwendung unter vernünftigen Abwägungen wahrscheinlich erscheint. Jedoch ist die unverzügliche Einholung eines Gesellschafterbeschlusses für eine rechtmäßige Verweigerung unabdingbar. Der Geschäftsführer muss sich seine Verweigerung also durch Gesellschafterbeschluss bestätigen lassen. Das Fehlen eines Gesellschafterbeschlusses führt daher immer zu einer rechtswidrigen Verweigerung.

5. Rechtliche Folgen einer unzulässigen Verweigerung

Aus einer unrechtmäßigen Verweigerung von Auskunft oder Einsicht gegenüber Gesellschaftern können sich für die Beteiligten Konsequenzen ergeben. Eine Verweigerung des Informationsersuchens ohne Einholung eines Gesellschafterbeschlusses kann eine schwere Pflichtverletzung des Geschäftsführers darstellen und ggf. zu einer außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags und einer Abberufung als Geschäftsführer führen. Es kann unter Umständen ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer entstehen.

Der Gesellschafter kann unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft geltend machen. Ob solche Ansprüche in Betracht kommen, ist rechtlich allerdings umstritten.

Für den Gesellschafter kommt primär aber die Durchsetzung des Informationsrechts über ein sogenanntes Informationserzwingungsverfahren in Betracht. Dabei kann gemäß § 51b GmbH-Gesetz eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden, sofern die Verweigerung der Information unzulässig war.

Auch kann der Gesellschafter Anfechtungsklage gegen den Verweigerungsbeschluss erheben, sofern ihm die Information unzulässigerweise verweigert wurde und sie für seine Beschlussfassung relevant war.

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Was ändert sich im Gesellschaftsrecht? Zur Reform des Rechts der Personengesellschaften

Änderungen im Gesellschaftsrecht ab 2024 – Anwalt für Gesellschaftsrecht informiert! 

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht (MoPeG) wird das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit Wirkungen ab 2024 umfassend reformiert. Auch im Recht der Personenhandelsgesellschaften – also der offenen Handelsgesellschaft (OHG) und der Kommanditgesellschaft (KG) – ergeben sich Neuerungen. Die neuen Regelungen gelten ab dem 01.01.2024. Informieren Sie sich jetzt über die Änderungen im Gesellschaftsrecht ab 2024 in nachfolgendem Artikel.

Schnell zum Inhalt: Änderungen im Gesellschaftsrecht

  1. Unterscheidung rechtsfähige und nicht rechtsfähige GbR
  2. Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR
  3. GbR und Grundbuchrecht
  4. Inhaltliche Gestaltungsfreiheit
  5. Möglichkeit eines Statuswechsels
  6. Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsanteil
  7. Beschlussfassung und Informationsrechte
  8. Verwaltungssitz und Vertragssitz
  9. Geschäftsführung und Vertretungsmacht
  10. Normierung der Notgeschäftsführungsbefugnis und der Gesellschafterklage
  11. Ausscheiden eines Gesellschafters und Auflösung der GbR
  12. Haftung der GbR-Gesellschafter
  13. Änderungen im Recht der Personengesellschaften – neues Beschlussmängelrecht und neues Wettbewerbsverbot
  14. Anwalt Gesellschaftsrecht hilft: Handlungsbedarf durch die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
  15. Weitere Informationen und Kontakte zu RA für Gesellschaftsrecht

Unterscheidung rechtsfähige und nicht rechtsfähige GbR

Der Gesetzgeber kodifiziert mit der Reform Richterrecht, regelt also ausdrücklich, was durch die Rechtsprechung entwickelt und von der vertragsgestaltenden Praxis ohnehin bereits angewendet wurde. Für den Rechtsanwender schafft dies Klarheit. Zunächst wird die Unterscheidung zwischen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger GbR gesetzlich normiert (§ 705 Abs. 2 BGB n.F.). Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen juristischen Personen (z.B. GmbH, Aktiengesellschaft) und Personengesellschaften (GbR, OHG und KG) bleibt beibehalten. Eine Ein-Personen-GbR ist also weiterhin unzulässig – im Vergleich: bei einer GmbH ist eine Gründung durch eine Person möglich. Mit Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters erlischt die GbR ohne Liquidation, was sich zukünftig aus § 712a BGB n.F. explizit ergibt. Die GbR kann auch keine eigenen Anteile halten (§ 711 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.).

Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR

Der Gesetzgeber führt für die GbR ein besonderes Register, vergleichbar dem Handelsregister (dort werden OHG und KG eingetragen), ein. Dieses neue Register wird von den Amtsgerichten geführt. Hintergrund dieser Einführung ist die bisherige Schwierigkeit, GbRs und ihre Gesellschafter im Rechtsverkehr sicher identifizieren zu können. Nicht jede GbR ist verpflichtet, sich in das neue Register eintragen zu lassen. Wenn die GbR aber grundbuchrechtliche Eigentümerin von Grundstücken ist, Anteile von Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs erwerben möchte oder Inhaberin von Markenrechten ist, muss eine Eintragung ist das neue Register erfolgen.

Die eingetragene Gesellschaft muss den Namenszusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen (§ 707a Abs. 2 S. 1 BGB n.F.). Eine GbR, an der keine natürliche Person als Gesellschafter beteiligt ist, muss in ihrem Namen zudem eine Kennzeichnung über die Haftungsverhältnisse enthalten (§ 707a Abs. 2 S. 2 BGB n.F.). Eine Vergleichbare Pflicht gilt bereits für die Firmierung bei OHG und KG nach § 19 Abs. 2 HGB.

Mit Eintragung einer GbR sind mit § 15 HGB vergleichbare Publizitätswirkungen verbunden (§ 707a Abs. 3 BGB n.F.). Viele firmenrechtliche Bestimmungen des HGB sind zukünftig auch auf die GbR anzuwenden (§ 707b BGB n.F.). Anmeldungen zum Gesellschaftsregister müssen in öffentlich-beglaubigter Form erfolgen (§ 707b Nr. 2 BGB n.F. i.V.m. § 12 HGB). Mit der hierdurch bedingten Mitwirkung von Notaren bei der Anmeldung gewährleistet der Gesetzgeber zum einen eine Identitätsprüfung der Beteiligten und sichert außerdem die Eintragungsfähigkeit der Anmeldung ab, was ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs auch die Registergerichte entlasten soll.

GbR und Grundbuchrecht

Die Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister ist zukünftig Voraussetzung für den Erwerb und die Verfügung über bestimmte Rechte, insbesondere Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Dies folgt aus der Neufassung von § 47 Abs. 2 Grundbuchordnung (GBO), der in seiner ab 01.01.2024 geltenden Fassung vorsieht, dass grundbuchrechtliche Eintragungen für eine GbR nur erfolgen sollen, wenn diese im Gesellschaftsregister eingetragen ist. § 899a BGB wird dann entfallen.

Da die neuen Regelungen erst zum 01.01.2024 in Kraft treten, sind bei Grundbucheintragungen nach Art. 229 § 21 Abs. 4 S. 1 EGBGB n.F. die bisherigen Regelungen in § 899a BGB sowie § 47 Abs. 2 GBO anzuwenden, wenn die dingliche Einigung und die Bewilligung vor dem 01.01.2024 erklärt und der Antrag auf Grundbucheintragung vor diesem Zeitpunkt gestellt wurde. D.h., insoweit sind auch die Gesellschafter neben der GbR im Grundbuch einzutragen und es gilt die Vermutung aus § 899a BGB zur Gesellschaftereigenschaft. Ist vor dem 01.01.2024 eine Vormerkung eingetragen oder die Eintragung der Vormerkung bewilligt, greifen ebenfalls die bisherigen Regelungen in Ansehung der Rechtsänderung, die durch die Vormerkung gesichert werden soll, Art. 229, § 21 Abs. 4 S. 2 EGBGB n.F.

Inhaltliche Gestaltungsfreiheit

Beibehalten aber nunmehr in § 708 BGB n.F. kodifiziert ist der Grundsatz der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit, d.h., soweit das Gesetz nichts anderes regelt, können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag von den gesetzlichen Regelungen abweichende Regelungen treffen.

Möglichkeit eines Statuswechsels

Mit § 707c BGB n.F. wird mit dem Statuswechsel ein Rechtsformwechsel bei eingetragenen Personengesellschaften eingeführt. Hierdurch wird ein Wechsel zwischen GbR, OHG bzw. KG und Partnerschaftsgesellschaft ermöglicht.

Gesellschaftsvermögen und Gesellschaftsanteil

In Abkehr vom Gesamthandsprinzip (§§ 718, 719 BGB) nimmt das Gesetz bei rechtsfähigen GbRs zukünftig ein Gesellschaftsvermögen an (§ 713 BGB n.F.). Wie auch bisher bedarf die Übertragung eines Geschäftsanteils der Zustimmung der Mitgesellschafter. Dies ergibt sich zukünftig explizit aus § 711 Abs. 1 BGB n.F.

Beschlussfassung und Informationsrechte

Das Gesetz geht auch zukünftig vom Einstimmigkeitsgrundsatz bei der Beschlussfassung aus (§ 714 BGB). Abweichende Regelungen sind im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich möglich und aus Gründen der Praktikabilität häufig auch sinnvoll.

In § 717 BGB n.F. werden die Informationsrechte der Gesellschafter sowie die Informations- und Rechenschaftspflichten der geschäftsführungsbefugten Gesellschafter zukünftig eine gesetzliche Regelung haben. Ein Ausschluss der Pflichten der geschäftsführenden Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag ist nicht möglich.

Verwaltungssitz und Vertragssitz

Neu eingeführt wird mit § 706 BGB n.F. eine Regelung zum Sitz der Gesellschaft. Grundsätzlich ist der Ort, an dem die Geschäfte tatsächlich geführt werden Gesellschaftssitz – also der Verwaltungssitz. Für solche Gesellschaften, die in das neu eingeführte Gesellschaftsregister eingetragen sind, ist es möglich, im Gesellschaftsvertrag einen abweichenden Ort als Gesellschaftssitz festzulegen (Vertragssitz). Über die Sitzwahl wird es einer GbR ermöglicht, in der Rechtsform der GbR Geschäftstätigkeiten vollständig außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen. Ein Vertragssitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland kann jedoch nicht gewählt werden.

Geschäftsführung und Vertretungsmacht

Das Gesetz geht im Falle der GbR wie bisher von einer Gesamtgeschäftsführung aller Gesellschafter als Regelfall aus (§ 715 BGB n.F.) – gesellschaftsvertragliche Abweichungen sind möglich. Entsprechendes gilt für die Vertretung der Gesellschaft (§ 720 BGB n.F.).

Normierung der Notgeschäftsführungsbefugnis und der der Gesellschafterklage

Die von der Rechtsprechung entwickelten Konstruktionen der Notgeschäftsführungsbefugnis (§ 715a BGB n.F.) und der Gesellschafterklage (§ 715b BGB n.F.) – die sog. actio pro socio – sind zukünftig explizit im BGB zu finden. Letztere betrifft den Fall, dass ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Mitgesellschafter gerichtlich geltend macht. Die Notgeschäftsführungsbefugnis und die Möglichkeit einer Gesellschafterklage können im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden (§ 715a S. 2 BGB n.F. und § 715b Abs. 2 BGB n.F.).

Ausscheiden eines Gesellschafters und Auflösung der GbR

Neu ist die Kodifizierung des Kontinuitätsgrundsatzes im Falle des Ausscheides eines Gesellschafters (§ 712 BGB n.F.). Galt bisher, dass ohne abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft bei Tod oder Kündigung durch einen Gesellschafter endet, wird zukünftig entsprechend dem bereits jetzt für die OHG geltenden Regelungen die Fortführung unter den verbleibenden Gesellschaftern vom Gesetz als Regelfall angenommen. Der Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters wächst den verbleibenden Gesellschaftern an (§ 712 Abs. 1 BGB n.F.).

Die von der Rechtsprechung entwickelte „Sondererbfolge“ in den GbR-Anteil des Erblassers bei Miterben ergibt sich zukünftig ebenfalls aus dem Gesetz: § 711 Abs. 2 BGB n.F. regelt, dass bei mehreren Erben der GbR-Anteil jedem einzelnen Erben entsprechend der jeweiligen Erbquote unmittelbar anfällt. Die auf Auflösung gerichtete, nicht rechtsfähige Erbengemeinschaft wird also auch zukünftig nicht Gesellschafter einer GbR. Der Erbe hat zukünftig unter den Voraussetzungen des § 724 BGB n.F. die Möglichkeit der Umwandlung des geerbten GbR-Anteils in einen Kommanditanteil einer KG. Dies ist mit dem Vorteil der Haftungsbegrenzung auf die Kommanditeinlage verbunden.

Mit § 725 Abs. 2 BGB n.F. wird ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Gesellschaft eingeführt, das im Gesellschaftsvertrag ebenso wenig ausgeschlossen werden kann, wie das in § 725 Abs. 4 BGB n.F. eingeführte Kündigungsrecht für volljährige gewordene Gesellschafter (§ 725 Abs. 6 BGB n.F.).

Haftung der GbR-Gesellschafter

Die Gesellschafter einer GbR haften bereits nach geltendem Recht – ebenso wie die OHG-Gesellschafter – für Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und unbegrenzt. Die ergibt sich bisher aus einer analogen Anwendung des § 128 HGB. Anders als für die Gesellschafter einer GmbH besteht für die Gesellschafter also ein u.U. erhebliches Haftungsrisiko, dessen man sich bei Gründung einer GbR oder Eintritt in eine bestehende GbR bewusst sein sollte. Ausnahmen gelten lediglich in engen Grenzen, etwa für Bauherrengemeinschaften hinsichtlich der Herstellungskosten.

Die persönliche Haftung der GbR-Gesellschafter wird zukünftig in § 721 BGB n.F. ausdrücklich im BGB geregelt sein. Wer in eine bestehende GbR eintritt, sollte deren Vermögensverhältnisse prüfen, denn der eintretende Gesellschafter haftet auch für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten, was sich zukünftig explizit aus § 721a BGB n.F. ergibt. Die Nachhaftung eines ausscheidenden Gesellschafters für Verbindlichkeiten ergibt sich ab 01.01.2024 aus § 728b BGB n.F..

Änderungen im Recht der Personenhandelsgesellschaften – neues Beschlussmängelrecht und neues Wettbewerbsverbot

Auch im Recht der Personenhandelsgesellschaften, also für die OHG und die KG, sieht die Reform Neuerungen vor. Wichtig ist u.a. die Kodifizierung eines an Kapitalgesellschaften angelehnten Beschlussmängelrechts. Zukünftig wird zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen unterschieden (§§ 110 ff. HGB). Für letztere gilt zukünftig eine dreimonatige Klagefrist (§ 112 Abs. 1 S. 1 HGB). Eine Verkürzung dieser Frist im Gesellschaftsvertrag ist nicht möglich. Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann im Wege der Nichtigkeitsklage gerichtlich festgestellt werden.

Außerdem führt der Gesetzgeber mit § 117 HGB n.F. ein Wettbewerbsverbot für die OHG-Gesellschafter ein. Ein Verstoß kann Schadensersatzansprüche begründen (§ 118 HGB n.F.).

Eingeführt werden auch gesetzliche Vorgaben zum Auftreten der OHG im Geschäftsverkehr: § 125 HGB n.F. normiert, welche Angaben auf Geschäftsbriefen erscheinen müssen.

Anwalt für Gesellschaftsrecht informiert zu Änderungen ab 2024

Anwalt Gesellschaftsrecht hilft: Handlungsbedarf durch die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) entsteht sowohl für existierende als auch für neu zu gründende Personengesellschaften erheblicher Handlungsbedarf.

Bereits bestehende Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sollten die bevorstehende Veränderung der Rechtslage zum Anlass nehmen, die Gesellschaftsverträge anzupassen. Denn möglicherweise ist eine vertragliche Modifizierung der gesetzlichen Bestimmungen im Interesse der Gesellschafter. Anpassungen sollten bis zum 31. Dezember 2023 vorgenommen werden.

Je nach Geschäftsmodell und Tätigkeitsbereich kann es erforderlich werden, die bestehende GbR ab dem 1. Januar 2024 in das neue Register für Gesellschaften bürgerlichen Rechts eintragen zu lassen. Eine unterlassene oder verspätete Anmeldung zum Register könnte für die Geschäftsentwicklung hinderlich sein.

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Das neue Kaufrecht ab 2022: Ein Überblick

Das Kaufrecht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wird digitaler. Was wird sich alles ändern? Und was gilt ab 2022?

Das deutsche Kaufrecht wird mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022 reformiert. Wegen der neuen EU-Richtlinie 2019/771 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Mai 2019 hat die Bundesregierung das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags verabschiedet.

Im Folgenden sind die wesentlichen Änderungen dargestellt:

Anwalt Kaufrecht: Der neue Sachmangelbegriff

Der Mangelbegriff aus § 434 BGB wird neu gefasst.

Bislang war eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit aufwies oder sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet oder sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine übliche Beschaffenheit aufweist.

Die Neufassung des § 434 BGB erweitert nun die Voraussetzungen einer Mangelfreiheit. Eine Sache ist nach § 434 BGB n.F. nun mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven und den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen der neuen Vorschrift entspricht.

Die subjektiven Anforderungen sind in § 434 Abs. 2 BGB n.F normiert. Den subjektiven Anforderungen entspricht der Kaufgegenstand, soweit er die vereinbarte Beschaffenheit hat und sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen übergeben wird. Es wird damit gesetzlich klargestellt, dass auch Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität und Interoperabilität Teil der Beschaffenheit sind.

Die objektiven Anforderungen sind im neuem § 434 Abs. 3 BGB geregelt. Den objektiven Anforderungen entspricht die Sache, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Die Art der Sache und die öffentlichen Äußerungen des Verkäufers und anderen Gliedern der Vertragskette, insbesondere in Form von Werbung oder Etiketten, sollen Berücksichtigung finden.

Objektive Anforderungen muss laut Kaufrecht der Kaufsache entsprechen

Hat der Verkäufer eine Probe oder ein Muster bereitgestellt, so muss die Kaufsache diesem entsprechen, um den objektiven Anforderungen zu entsprechen. Den objektiven Anforderungen entspricht die Kaufsache zudem nur, wenn sie mit Zubehör einschließlich der Verpackung sowie den Anleitungen übergeben wird.

Zu der üblichen Beschaffenheit gehören nun auch Menge, Qualität und sonstige Merkmale, wie etwa die Haltbarkeit, Kompatibilität, Funktionalität und Sicherheit.

Erstmals wird im neuen § 434 Abs. 5 BGB auch normiert, dass die Lieferung einer anderen als der vertraglich geschuldeten Sache einem Sachmangel gleichsteht.

Mangelbegriff wird erweitert und konkretisiert

Der neue Mangelbegriff aus § 434 BGB wird somit gegenüber der alten Fassung erheblich erweitert und konkretisiert. Die Kaufsache muss nun der individuellen Beschaffenheitsvereinbarung entsprechen und zudem auch objektiv für die Verwendung geeignet sein bzw. eine Beschaffenheit aufweisen, die für Sachen der gleichen Art üblich ist. Bemerkenswert ist, dass ein Kaufgegenstand nunmehr auch mangelhaft sein kann, auch wenn er der vereinbarten Beschaffenheit vollständig entspricht. Dies wäre etwa der Fall, wenn die Beschaffenheit dem Vereinbarten entspricht, die Sache sich jedoch nicht für eine gewöhnliche Verwendung eignet.

Neue Beweislast: Verlängerte Beweislastregelung

Darüber hinaus ändern sich die Regelungen zur Beweislastkehr. Bisher wird gemäß § 477 BGB vermutet, dass die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt.  Für Kaufgegenstände verlängert sich die Beweislastumkehr auf nunmehr ein Jahr anstelle von bisher sechs Monaten. Zeigt sich somit ein Sachmangel binnen eines Jahres nach Gefahrübergang, so wird zugunsten des Käufers und zulasten des Verkäufers vermutet, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag.

Der neue § 477 Abs. 1 BGB bezieht sich nun sowohl auf den Sachmangel nach § 434 BGB als auch auf den Sachmangel nach § 475b n.F., also auch auf digitale Sachmängel.

Mängelgewährleistungsansprüche trotz Kenntnis

442 Abs. 1 BGB bestimmt, dass die Mängelgewährleistungsrechte des Käufers ausgeschlossen sind, wenn dieser bei Vertragsschluss den Mangel kennt oder im Falle fahrlässiger Unkenntnis, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie übernommen hat. Gemäß der neuen Regelung im Verbrauchsgüterkaufrecht aus § 475 Abs. 3 S. 2 BGB hat der Gesetzgeber die Vorschrift nun für Verbraucher als nicht anwendbar befunden. Dies ist folgerichtig, da angesichts des neuen Mangelbegriffes sowohl die subjektiven als auch die objektiven Anforderungen an die Mängelfreiheit gewährleistet sein müssen. Wenn eine individuelle Vereinbarung für die Mangelfreiheit nicht ausreicht, gilt dies folgerichtig auch für die Kenntnis eines Verbrauchers über einen Sachmangel.

Gleichwohl kann gemäß § 476 Abs. 1 S. 2 BGB n.F. der § 434 Abs. 3 BGB n.F. abbedungen werden. Dafür muss der Unternehmer dem Verbraucher vor Abgabe der Willenserklärung mitteilen, dass ein bestimmtes Merkmal der Sache von den objektiven Anforderungen abweicht. Zusätzlich muss dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden.

Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung gegenüber Verbrauchern

Beachtlich ist auch die Neufassung von § 475 BGB. So hat der Gesetzgeber § 475 Abs. 4 BGB aufgehoben. Bisher konnte sich ein Unternehmer gegenüber Verbrauchern nicht auf eine absolute Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung berufen. Dies ändert sich nun. § 475 Abs. 3 S. 2 BGB n.F. erstreckt sich nun auch auf § 442 BGB. Dies ist die notwendige Konsequenz aus der Neufassung des Mangelbegriffes. Entspricht der Kaufgegenstand in subjektiver Hinsicht zwar den Anforderungen, nicht aber in objektiver Hinsicht, so gilt die Sache dennoch als mangelhaft, soweit § 434 Abs. 3 BGB n.F. nicht gilt, also gemäß § 476 Abs. 1 BGB n.F. wirksam abbedungen wurde.

Aktualisierungspflicht: Neuer digitaler Sachmangel  

Der Gesetzgeber hat für Kaufsachen mit digitalen Elementen die §§ 475b bis 475e BGB neu geschaffen. Anzuwenden sind die Vorschriften auf Sachen, die in einer solchen Weise digitale Inhalte oder Dienstleistungen enthalten, dass sie ihre Funktionen ohne die digitale Komponente nicht erfüllen können. Unter die Vorschrift fallen beispielsweise Smartwatches oder Smart-TVs, wohl aber auch Smartphones, Laptops, Heimcomputer und vieles mehr. Bei den vorgenannten Produkten bestimmt sich der Sachmangelbegriff weiterhin nach § 434 BGB, die Vorschrift des § 475b BGB ist jedoch ergänzend anzuwenden.

Die Sache ist gemäß § 475b Abs. 2 BGB frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den objektiven und subjektiven Anforderungen entspricht und zusätzlich während eines später definierten Zeitraumes die Aktualisierungspflicht gewahrt wird. Erstmals kommt es also für das Vorliegen eines Sachmangels nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Gefahrüberganges an.

Kaufrecht wird um digitale Elemente der Kaufsache ergänzt

Die subjektive Komponente des neuen § 434 Abs. 2 BGB wird dahingehend ergänzt, dass gemäß § 475b Abs. 3 Nr. 2 BGB n.F. für die digitalen Elemente der Kaufsache die vereinbarten Aktualisierungen bereitgestellt werden.

Die objektive Komponente des neuen § 434 Abs. 3 BGB wird dahingehend ergänzt, dass die Sache den objektiven Anforderungen entspricht, wenn sie während eines Zeitraums, den der Verbraucher bei der jeweiligen Sache erwarten darf, Aktualisierungen erhält, die für den Erhalt einer vertragsgemäßen Nutzung erforderlich sind. Es besteht damit eine kodifizierte Aktualisierungspflicht.

Dies dürfte insbesondere Updates von Endgeräten wie Smartphones und Computern betreffen. Problematisch ist der nicht konkret definierte Zeitraum, in dem Updates tatsächlich zur Verfügung gestellt werden müssen. Die fehlende gesetzgeberische Definition wird von der Rechtsprechung auszufüllen sein.

Neu ist der Umstand, dass eine Sache „nachträglich“ mangelhaft wird, soweit der Hersteller bzw. Verkäufer nicht für den zu erwartenden Zeitraum Updates bereitstellt. Der Mindestzeitraum für die Bereitstellung von Updates beträgt gemäß § 475c Abs. 3 BGB n.F. zwei Jahre ab Gefahrübergang.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass § 445b Abs. 2 S. 2 BGB aufgehoben wurde. Bisher unterlag der Lieferantenregress einer absoluten Verjährungsdauer von fünf Jahren. Diese absolute Verjährungsfrist wurde nun aufgehoben. Der Verkäufer der Ware kann sich daher auch nach Ablauf dieses Zeitraums an den Hersteller wenden und Regress fordern, wenn er sich etwa Mängelgewährleistungsansprüchen des Verbrauchers wegen fehlender Updates ausgesetzt sieht.

Neuer Vertragstyp für digitale Inhalte in den §§ 327 ff. BGB

Im Zuge der Umsetzung der Digitale-Inhalte-Richtlinie hat der Gesetzgeber in den neuen §§ 327 ff. BGB ergänzende Vorschriften für Verbraucherverträge über digitale Produkte geschaffen, welche die Vorschriften etwa des Kauf- oder Mietrechts ergänzen. Die Vorschriften erstrecken sich auf Verbraucherverträge, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder Dienstleistungen gegen Zahlung eines Entgelts zum Gegenstand haben. Erfasst sind gemäß § 327 Abs. 3 BGB jedoch auch Verbraucherverträge, bei denen der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt oder sich zur Bereitstellung verpflichtet, ohne einen weitergehenden „Preis“ für die digitalen Inhalte zu zahlen.

Der neue § 327b BGB regelt die Erfüllung der Leistungspflicht hinsichtlich der Bereitstellung. Die Vorschriften regeln in § 327c BGB auch selbst die Rechte des Käufers bei unterbliebener Bereitstellung. Gewährleistungsrechte sind in §§ 327i – 327m BGB normiert.

Was ändert sich durch das neue Kaufrecht?

Unternehmer sollten Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf die Reform des Kaufrechts anpassen. Insbesondere bedeutsam dürfte hier die Beachtung der §§ 476 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 BGB n.F. sein. Unternehmer können das Erfordernis der objektiven Anforderungen an die Kaufsache abbedingen, soweit der Verbraucher hierüber vor Abgabe seiner Willenserklärung in Kenntnis gesetzt wird und die Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Andernfalls haften sie für Sachmängel, selbst wenn das Produkt die vereinbarte Beschaffenheit aufweist.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder Individualvertraglich könnten zudem Regelungen zur Aktualisierungspflicht nach Ablauf des zweijährigen Mindestzeitraums getroffen werden.

Bedeutsam wird ebenfalls die Beachtung des § 475b BGB sein. Schuldner des Mängelgewährleistungsanspruches ist der Verkäufer. Er haftet daher bei fehlenden Updates gegenüber dem Verbraucher. Zu beachten ist jedoch, dass der Verkäufer beim Hersteller Regress nehmen kann und zwar zukünftig ohne die absolute Verjährungsfrist von fünf Jahren. In jedem Fall sollten Verkäufer und Hersteller jedoch vorab sicherstellen, dass Mängelgewährleistungsansprüche gar nicht erst entstehen. Dies wird nicht ohne eine längerfristige Zurverfügungstellung von Updates möglich sein.

Verbraucher hingegen können sich auf größtenteils erweiterten Verbraucherschutz einstellen. Insbesondere die Verlängerung der Beweislastkehr auf ein Jahr ab Gefahrübergang sorgt für eine deutliche Stärkung des Verbraucherschutzes.

Anwaltliche Leistungen der VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte in Hamburg und Stade

  • Überprüfung und Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
  • Erstellung und Verhandlung von Verträgen im Bereich Handel und Vertrieb.
  • Kooperationsverträge und Handelsverträge.
  • Beratung zum Recht der Handelsvertreter.

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PODCAST: Familieninterne Unternehmensnachfolge vs. Verkauf (Dr. Sebastian von Allwörden im Podcast von Business & People)

Das Wirtschaftsmagazin Business & People hat unseren Partner Dr. Sebastian von Allwörden zu der Frage interviewt, welche Vor- und Nachteile sich bei einer Unternehmensnachfolge durch Übergang in die nächste Generation im Vergleich zu einem Verkauf des eigenen Unternehmens ergeben und welche rechtlichen Themen dabei relevant sind.

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Gesellschafterversammlung: Fehler bei Einladung und Durchführung vermeiden

Gesellschafterversammlungen in der GmbH (aber auch bei anderen Gesellschaftsformen) sind häufig der Ort, an dem Streitigkeiten im Gesellschafterkreis oder zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführern „eskalieren“. Damit Beschlüsse rechtswirksam gefasst werden können und später nicht gerichtlich angreifbar sind, ist die ordnungsgemäße Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen daher besonders wichtig.

Welche Arten von Gesellschafterversammlungen gibt es in der GmbH, GmbH & Co. KG, KG, oHG oder GbR?

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen den jährlich stattfindenden sogenannten „ordentlichen“ Gesellschafterversammlungen und solchen, die zusätzlich – also „außerordentliche“ – stattfinden. Die ordentliche Gesellschafterversammlung muss bei jeder GmbH zwingend einmal im Jahr einberufen werden.

In beiden Fällen ist eine ordnungsgemäße Einladung und Durchführung der Gesellschafterversammlung erforderlich. Dies gilt nicht nur für GmbHs, sondern auch für GmbH & Co. KGs. Auch die Gesellschaftsverträge von (einfachen) Kommanditgesellschaften (KG), Offenen Handelsgesellschaften (oHG) oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) können entsprechende Regelungen vorsehen. Die Regeln zur ordnungsgemäßen Einladung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung gewinnen vor allem dann an Bedeutung, wenn besonders wichtige Beschlussgegenstände auf der Tagesordnung stehen oder zwischen den Gesellschaftern Unstimmigkeiten oder Streit herrscht.

Da Einladung und Ablauf der Gesellschafterversammlung jedoch nur im GmbH-Recht – dort: im GmbH-Gesetz (GmbHG) – ausführlich geregelt sind, wird in den Gesellschaftsverträgen anderer Gesellschaftsarten oft in das GmbH-Recht verwiesen. Im Folgenden geht es daher vor allem um die GmbH.

In der Aktiengesellschaft (AG) wird jährlich eine sogenannte Hauptversammlung einberufen. Deren Abläufe sind gesetzlich jedoch erheblich komplexer und weniger flexibel ausgestaltet als bei der GmbH und können hier daher thematisch nicht mitbehandelt werden.

Was wird in der Gesellschafterversammlung entschieden?

Die Gesellschafterversammlung ist das höchste Organ einer GmbH. In vielen einfach gelagerten Fällen hat eine Gesellschaft nur zwei Organe: die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Es sind aber auch weitere Organe wie z.B. Beiräte denkbar, deren Funktion ähnlich ausgestaltet sein kann wie die eines Aufsichtsrats in der Aktiengesellschaft.

In der Gesellschafterversammlung werden wichtige Fragen rund um die Gesellschaft wie z.B. Grundsatzentscheidungen zur geschäftlichen Ausrichtung entschieden. In der Gesellschafterversammlung wird aber auch entschieden, ob beispielsweise die Geschäftsanteile eines Mitgesellschafters aus wichtigem Grund eingezogen werden. Die Gesellschafterversammlung kann zudem Geschäftsführer ernennen und abberufen und sie entscheidet über die Verwendung der in der Gesellschaft angefallenen Gewinne.

Die jährlich stattfindende ordentliche Gesellschafterversammlung kann unter Umständen auch eine recht kurze Angelegenheit sein. Wenn alle Beteiligten sich gut verstehen, die Geschäfte „normal laufen“ und keine besonderen Erweiterungen oder Investitionen geplant sind, reicht es oftmals aus, dass die Geschäftsführung auf der ordentlichen Gesellschafterversammlung die Bilanz des vergangenen Geschäftsjahres und eine Vorschau für das kommende/laufende Geschäftsjahr vorstellt. Idealerweise erteilt die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer daraufhin eine Entlastung für seine Tätigkeiten im vergangenen Geschäftsjahr.

Welche Entscheidungen von der Geschäftsführung allein getroffen werden können und für welche ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist, regelt in Grundzügen bereits das GmbH-Recht. In der Praxis werden aber im Gesellschaftsvertrag deutlich ausdifferenziertere Regelungen vereinbart. Es ist letztlich Sache der Gesellschafter, bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags oder auch durch spätere Satzungsänderungen festzulegen, für welche Maßnahmen und Entscheidungen ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist.

Wer beruft die Gesellschafterversammlung ein?

Zuständig für die Einberufung der Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich die Geschäftsführung. Bei mehreren Geschäftsführern regelt der Gesellschaftsvertrag häufig die erforderliche Anzahl von Geschäftsführern für die Einladung.

Verlangt werden kann die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung aber auch von einzelnen Gesellschaftern. Weigert sich die Geschäftsführung beharrlich, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, steht den Gesellschaftern unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenanntes Selbsthilferecht zu: Sie können die Gesellschafterversammlung in diesem Fall also selbst einberufen. Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen und welche Fristen der Geschäftsführung zu setzen sind, sollte jedoch stets individuell geprüft werden.

Welche Fristen und Formen gelten für die Einladung?

Nach dem GmbH-Gesetz ist die Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Als Form ist in § 51 Absatz 1 Satz 1 GmbH-Gesetz ein „eingeschriebener Brief“ vorgesehen.

Von diesen Vorgaben kann der Gesellschaftsvertrag jedoch zum Teil abweichen. In der Praxis sind häufig längere Einberufungsfristen (2 Wochen oder 4 Wochen) vorgesehen. Das Formerfordernis des „eingeschriebenen Briefs“ wird demgegenüber gerade bei Gesellschaften mit kleinerem, vertrauten Gesellschafterkreis (gerade bei Familiengesellschaften) oft durch das Erfordernis eines einfachen Briefs ersetzt. Denkbar ist sogar, die Einberufung nur per E-Mail (Textform) für ausreichend zu erklären.

Gesetzliche Bestimmungen zu Form und Frist der Einberufung gibt es im Bereich der Personengesellschaften (KG, OHG, GbR) nicht. In den Gesellschaftsverträgen wird jedoch oft das GmbH-Gesetz insofern für entsprechend anwendbar erklärt.

Was muss in der Einladung enthalten sein?

Die Einladung muss die wesentlichen Angaben zur Gesellschafterversammlung (Ort, Zeit) sowie die vorgesehene Tagesordnung enthalten.

Fehler werden in der Praxis bei Einladungen häufig im Bereich der Tagesordnung gemacht. Werden einzelne Punkte der Tagesordnung hier nicht konkret genug beschrieben oder fehlen diese sogar vollständig, besteht das Risiko einer späteren Anfechtung der gefassten Beschlüsse.

Was passiert, wenn nicht alle Gesellschafter erscheinen?

Grundsätzlich hat jeder Gesellschafter das Recht, an einer Gesellschafterversammlung teilzunehmen. Wurde ein Gesellschafter nicht ordnungsgemäß geladen, sind die gefassten Beschlüsse daher entweder anfechtbar oder sogar nichtig.

Selbst wenn sämtliche Gesellschafter ordnungsgemäß geladen wurden, heißt dies jedoch noch nicht, dass auch zwingend eine Beschlussfähigkeit gegeben ist. Gesellschaftsverträge sehen hier oft ein Mindest-Quorum in Höhe von beispielsweise 50 % (oder mehr) der in der Gesellschaft vorhandenen Stimmrechte vor. Sind in diesem Fall weniger als 50 % der Stimmrechte anwesend, muss eine neue, zweite Gesellschafterversammlung einberufen werden, die dann ohne Rücksicht auf die anwesenden Stimmen (theoretisch also auch mit nur einem einzigen anwesenden Gesellschafter) beschlussfähig ist.

Aber Vorsicht: Auch die Einberufung zu dieser zweiten Gesellschafterversammlung muss form- und fristgerecht erfolgen. In den Gesellschaftsverträgen ist zudem häufig vorgesehen, dass auf die Beschlussfähigkeit dieser zweiten Gesellschafterversammlung auch ohne Anwesenheit der Mindestanzahl von Stimmen in dem zweiten Einladungsschreiben ausdrücklich hingewiesen werden muss, damit der in der ersten Gesellschafterversammlung abwesende Gesellschafter vor den Konsequenzen seiner erneuten Abwesenheit „gewarnt“ wird.

Wer leitet die Gesellschafterversammlung? Wer führt Protokoll?

Wenn sich die Person des Versammlungsleiters und die des Protokollführers nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, müssen diese Personen von den Gesellschaftern in der Versammlung durch Mehrheitsbeschluss bestimmt werden. Das Gesetz enthält hierzu keine Vorgaben.

Die Frage, wer Versammlungsleiter wird, sollte gerade bei streitigen Gesellschafterversammlungen nicht unterschätzt werden. Sofern der Versammlungsleiter mit einer Beschlussfeststellungskompetenz ausgestattet ist, kann dies für seine „Gegner“ bedeuten, dass die von ihm festgestellten Beschlüsse aufwendig gerichtlich angegriffen werden müssen.

Mit welcher Mehrheit werden Beschlüsse gefasst?

In der Regel reicht nach dem GmbH-Gesetz und nach den meisten Gesellschaftsverträgen eine einfache Mehrheit (50 %) der anwesenden Stimmen für die Beschlussfassung aus. Bei bestimmten besonders wichtigen Entscheidungen wie z.B. Beschlüssen, durch die der Gesellschaftsvertrag selbst geändert wird, ist jedoch teilweise eine höhere Mehrheit bis hin zur Einstimmigkeit erforderlich. Dies muss im Einzelfall anhand des Gesellschaftsvertrags und den konkreten Umständen geprüft werden.

Kann die Gesellschafterversammlungen auch per Videokonferenz durchgeführt werden?

Wenn alle Gesellschafter einverstanden sind, lässt sich eine Gesellschafterversammlung auch per Videokonferenz (z.B. Zoom-Meeting) durchführen. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Gesellschaftsvertrag diese Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Eine solche Regelung findet sich jedoch allenfalls in neueren Gesellschaftsverträgen. In anderen Fällen ist eine Beschlussfassung in einem Video-Meeting nicht möglich.

Daran ändert auch die vorübergehende Erleichterung für die Durchführung von Gesellschafterversammlung durch die COVID-19-Pandemie im Grundsatz nichts. Bereits zuvor war in § 48 Abs. 2 GmbH-Gesetz die Möglichkeit vorgesehen, Beschlüsse im Umlaufverfahren (Zustimmung der Gesellschafter in Textform) zu fassen, sofern sämtliche Gesellschafter zustimmen. Dies wurde durch die vorübergehende Erleichterung des Gesetzgebers aufgrund der Corona-Pandemie bis zum 31.12.2020 dahingehend geändert, dass eine solche Beschlussfassung in Textform nun auch dann möglich ist, wenn nicht alle Gesellschafter dieser Methode zustimmen.

Anders als es häufig verlautbart wird, führt dies jedoch nicht dazu, dass Beschlüsse in einer Videokonferenzschaltung durch die dort geäußerte mündliche Zustimmung bereits wirksam gefasst werden können.

Kann ich mich vertreten lassen oder meinen Anwalt mitnehmen?

Jeder Gesellschafter hat das Recht, sich in der Versammlung vertreten zu lassen. Dieses gesetzliche Recht wird in den meisten Gesellschaftsverträgen noch einmal ausdrücklich festgelegt – in der Regel sind danach Mitgesellschafter oder Personen, die beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (also insbesondere Anwälte oder Steuerberater), zur Vertretung berechtigt. Der Vertreter muss nach den üblichen Formulierungen in Gesellschaftsverträgen mit einer schriftlichen Vollmacht ausgestattet sein.

Eine andere Frage ist, ob ein Gesellschafter sich durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater begleiten lassen darf. Hier ist die Rechtsprechung eindeutig: Wenn das Recht zur Begleitung im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen ist, kann nur der Weg über die Vertretung gewählt werden. Im Klartext heißt das: Steht im Gesellschaftsvertrag nichts von der Möglichkeit einer anwaltlichen Begleitung einzelner Gesellschafter, so kann ein Gesellschafter z.B. seinen Anwalt zwar mit Stimmrechtsvollmacht ausstatten und an der Gesellschafterversammlung teilnehmen lassen – er selbst darf dann aber nicht mehr abstimmen und auch nicht mehr mitkommen! „Begleitung“ ist also etwas anderes als „Vertretung“.

Können wir als Gesellschafter auf all dies auch verzichten?

Auf die Durchführung der jährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung kann nicht verzichtet werden. Auch empfiehlt sich in jedem Fall die Anfertigung eines Protokolls – schon zu Beweiszwecken.

Was aber, wenn der Kreis der Gesellschafter – zum Beispiel bei Familiengesellschaften über die Festtage – gerade beisammen ist und bei dieser Gelegenheit spontan über Angelegenheiten der Gesellschaft beschließen möchte?

In Gesellschaften, in denen betreffend die Beschlussgegenstände Konsens herrscht (dies ist häufig gerade bei Gesellschaften mit kleinerem Gesellschafterkreis oder Familiengesellschaften der Fall), kann im Hinblick auf die Einberufung der Gesellschafterversammlung durchaus auf sämtliche Form- und Fristvorschriften verzichtet werden, sofern alle Gesellschafter teilnehmen. Dieser Verzicht auf sämtliche Form- und Fristvorschriften sollte im Protokoll eingangs ausdrücklich festgehalten werden.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte in Stade bei Hamburg beraten Gesellschafter, Gründer und Unternehmen in Stade, Hamburg, dem gesamten Elbe-Weser-Dreieck und bundesweit zu gesellschaftsrechtlichen Fragen. Kontaktieren Sie uns gern jederzeit unverbindlich!

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Gründungskosten bei GmbH und UG – wer zahlt was?

Welche Gründungskosten entstehen bei UG und GmbH?

Bei der Gründung einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder einer UG (Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt) fallen neben dem Einsatz des Stammkapitals auch sogenannte Gründungskosten an. Darunter fallen beispielsweise Aufwendungen für die notarielle Beurkundung, für Rechtsanwälte und Steuerberater und für die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. Die Kosten können je nach Komplexität des Vorhabens sehr unterschiedlich ausfallen. Die reinen Gründungskosten (ohne anwaltliche Beratung) belaufen sich bei einer Einpersonen-GmbH mit dem Mindest-Stammkapital in Höhe von EUR 25.000 auf ca. EUR 800 – 1.000 brutto, die sich aus den Gebühren des Notars und des Handelsregisters zusammensetzen. Eine UG-Gründung nach dem sogenannten Musterprotokoll kann ab ca. EUR 400 brutto erfolgen. Eine Gründung nach dem Musterprotokoll ist jedoch nur bei sehr einfachen Strukturen möglich und scheidet bereits dann aus, wenn es mehr als einen Geschäftsführer geben soll.

Wer trägt die Kosten? Die Gesellschaft oder die Gründer?

Da die Kosten im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft anfallen, ist es Aufgabe der Gründer (Gesellschafter) und nicht der Gesellschaft, die Gründungskosten zu tragen. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Gründungskosten der Gesellschaft aufzuerlegen, wofür eine spezielle Regelung im Gesellschaftsvertrag erforderlich ist. Diese Regelung ist in vielen Standard-Gesellschaftsverträgen für GmbHs und UGs auch enthalten. Die Tragung der Gründungskosten durch die Gesellschaft ist dabei jedoch in der Regel auf bestimmte Prozentsätze des Stammkapitals oder feste Beträge (bei der GmbH meist EUR 2.500,00) begrenzt. Gründer wünschen oft eine weitergehende Abwälzung der Gründungskosten auf die Gesellschaft – das ist jedoch nicht ohne weiteres möglich.

Zu beachten ist dabei nämlich der in § 30 GmbH-Gesetz verankerte Grundsatz der Kapitalaufbringung und -erhaltung, welcher insbesondere dem Gläubigerschutz dient. Dadurch soll der Funktion des Stammkapitals als Mindestbetriebsvermögen und Befriedigungsreserve für Gesellschaftsgläubiger Rechnung getragen und einer Zweckentfremdung des Stammkapitals entgegengewirkt werden. Da nach dem Gesetz aber grundsätzlich nicht die GmbH/UG, sondern die Gründer (Gesellschafter) verpflichtet sind, die Gründungskosten zu zahlen, muss die Kostenübernahme durch die Gesellschaft sich in einem „angemessenen“ Rahmen bewegen, damit nicht schon bei der Gründung eine Verletzung der Kapitalerhaltungsvorschriften vorliegt.

Welcher Anteil der Kosten darf durch die Gesellschaft übernommen werden?

Nach gängiger Rechtsprechungspraxis werden 10 % des Stammkapitals als angemessener Anteil der Gründungskosten für eine GmbH angesetzt, die von der Gesellschaft übernommen werden können. Demnach dürften die von der Gesellschaft übernommenen Gründungskosten bei dem Mindeststammkapital einer GmbH (EUR 25.000,00) die Grenze von EUR 2.500,00 nicht überschreiten. Dies ist der Hintergrund für die in der Praxis übliche Regelung im Gesellschaftsvertrag „Die Gründungskosten werden bis zu einem Betrag von EUR 2.500,00 von der Gesellschaft übernommen“.

Im Gegensatz zur GmbH kann das Stammkapital bei einer UG zwischen EUR 1,00 und EUR 24.999,00 betragen (vgl. § 5a Abs.1 GmbHG). Die in der Praxis eingeführte Obergrenze von 10 % zur Bemessung von angemessenen Gründungskosten findet bei der UG jedoch keine Anwendung. Abweichend davon kann die UG die mit der Gründung verbundenen Kosten bis zu einem Gesamtbetrag von EUR 300,00, höchstens jedoch bis zum Betrag ihres Stammkapitals tragen.
Über die oben genannten Grenzen hinausgehende Gründungskosten müssen von den Gesellschaftern selbst getragen werden.

Die Kanzlei VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte verfügt über herausragende Expertise im Bereich Gesellschaftsrecht und berät sowohl Gründer als auch etablierte Unternehmen.

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