Arbeitsrecht: Verhaltensbedingte Kündigung (KSchG)

Ihr Anwalt und Fachanwalt informiert Sie über die verhaltensbedingte Kündigung gem. KSchG im Arbeitsrecht

Fällt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer unter das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), kommen für eine Kündigung drei Kategorien von Gründen in Betracht. Denn Kündigungen von Arbeitnehmern, die Kündigungsschutz genießen, bedürfen einer sozialen Rechtfertigung. Dies setzt voraus, dass personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe vorliegen, die eine Kündigung rechtfertigen können. Nachfolgend forcieren wir die verhaltensbedingte Kündigung nach KSchG.

Das Kündigungsschutzgesetz hilft allen Beschäftigten, die mehr als sechs Monaten in einem Unternehmen mit mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt sind, zu einem gesetzlich festgelegten Schutz vor ordentlichen, fristgemäßen Kündigungen des Arbeitgebers.

Dieser Beitrag vom Fachanwalt für Arbeitsrecht befasst sich mit der Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Sie werden hier erfahren, was die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung sind. Außerdem erklären wir, wie wichtig unter Umständen eine vorherige Abmahnung und eine arbeitgeberseitige Interessenabwägung sein kann.

Die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung werden anhand einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (LAG Hamm, Urteil v. 23.02.2022 – 10 Sa 492/21) veranschaulicht. Die durch die Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Beurteilung einer verhaltensbedingten Kündigung haben sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer hohe Bedeutung.

Schnell zum Inhalt über verhaltensbedingte Kündigung

  1. Wann kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht?
  2. Was gibt es bei der Abmahnung zu beachten?
  3. Fachanwalt für Arbeitsrecht: Interessenabwägung vor Kündigung
  4. Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG Hamm 10 Sa 492/21)
  5. Unwirksamkeit der Kündigung: Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung erfolglos
  6. Die Kanzlei VON ALLWÖRDEN in Stade und Hamburg erbringt rechtliche Leistungen für Arbeitnehmer, Geschäftsführer und Unternehmer

Verhaltensbedingte Kündigung: Fachanwalt für Arbeitsrecht hilft (KSchG)

Wann kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht?

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann nur wirksam sein, wenn mindestens die vier folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Vertragswidriges Verhalten: Es müssen objektive Verstöße eines Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten vorliegen. Verstöße können bspw. in einer Nichtleistung, Minderleistung, einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Betriebes oder in einer Gefährdung der betrieblichen Ordnung liegen.
  • Das vertragswidrige Verhalten muss dem Arbeitnehmer vorwerfbar und von ihm steuerbar sein. Der Pflichtverstoß muss also vorsätzlich oder zumindest fahrlässig begangen worden sein.
  • Die verhaltensbedingte Kündigung muss verhältnismäßig sein. Eine Kündigung ist verhältnismäßig, wenn keine milderen Mittel – wie etwa eine Abmahnung oder eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz – zur Verfügung standen und für den Arbeitgeber zumutbar waren.
  • Die Interessenabwägung muss zugunsten des Arbeitgebers ausfallen, damit die Kündigung rechtens ist.

Was gibt es bei der Abmahnung zu beachten?

Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung wird in der Regel eine Abmahnung wegen eines vergleichbaren Fehlverhaltens gefordert. Dabei gilt im Grundsatz, dass eine Abmahnung noch keine Sanktion, sondern eine Warnung und einen in die Zukunft gerichteten Hinweis auf die vollständige Vertragserfüllung des Arbeitnehmers darstellt. Aus diesem Grund beinhaltet eine Abmahnung in den meisten Fällen einen konkludenten Verzicht des Arbeitgebers auf eine Kündigung wegen des abgemahnten Verhaltens. Der Arbeitgeber kann also nicht erst abmahnen und das Arbeitsverhältnis anschließend wegen desselben Vorfalls kündigen.

Abmahnung Verhaltensbedingt: Anforderungen an eine rechtssichere Abmahnung

An eine rechtssichere Abmahnung werden inhaltliche Anforderungen gestellt. Sie muss eine genaue Beschreibung des Vertragsverstoßes enthalten und der Arbeitnehmer muss dazu aufgefordert werden, dieses Verhalten nicht zu wiederholen. Weiterhin muss der Arbeitgeber mit der Abmahnung verdeutlichen, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen ist. Enthält eine Abmahnung nur pauschale Hinweise bezüglich des Verhaltens oder keine Androhung konkreter arbeitsrechtlicher Konsequenzen, erfüllt sie nicht die notwendigen Voraussetzungen, um bei wiederholtem Fehlverhalten eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen zu können. Fehlerhafte oder unzureichende Abmahnungen können Arbeitgebern daher in einem späteren Kündigungsschutzverfahren zum Verhängnis werden.

An eine Form ist die Abmahnung nicht gebunden. Sie kann also (theoretisch) auch mündlich erteilt werden. Aus Beweisgründen und zur Unterstreichung der Ernsthaftigkeit sollten Abmahnungen jedoch unbedingt in schriftlicher Form erfolgen. Auch sollte der Zugang der Abmahnung nachgewiesen werden können. 

Ist eine Abmahnung nicht gerechtfertigt, kann der Arbeitnehmer einen Widerruf der Abmahnung und eine Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.  Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt ein etwaiger Anspruch der Arbeitnehmer jedoch regelmäßig, da kein berechtigtes Interesse mehr zuerkannt wird.

Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten haben, können innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erheben. Wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Kündigung nach § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam.

Fachanwalt für Arbeitsrecht: Interessenabwägung vor Kündigung

Zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung bedarf es im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung einer vorherigen Interessenabwägung. Als zu berücksichtigende Interessen des Arbeitgebers zählen u.a. die Arbeits- und Betriebsdisziplin sowie die Vermeidung von Betriebsablaufstörungen. Auch die Vermeidung des Eintritts von Vermögensschäden ist zu berücksichtigen.

Für die Interessen des Arbeitnehmer sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, mögliche Unterhaltsverpflichtungen, die Art, Schwere und Häufigkeit der Pflichtverletzung sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen.

Die Interessenabwägung muss im Falle einer gerichtlichen Überprüfung einer verhaltensbedingten Kündigung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen, da die Kündigung anderenfalls für unwirksam befunden wird.

Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG Hamm 10 Sa 492/21)

In der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes ging es um einen angestellten technischen Leiter in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern und einem Bruttomonatsentgelt von EUR 10.600 zzgl. eines Anspruchs auf Tantiemen. Der Arbeitnehmer fiel unter das Kündigungsschutzgesetz. Ihm wurde die sexuelle Belästigung von drei Mitarbeiterinnen vorgeworfen. Dies soll u. a. durch Berührungen, bedrängendes Annähern und Anstarren geschehen sein.

Beachtung gesetzlicher Kündigungsfristen gem. § 622 BGB

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer fristlos und stützte dies auf die sexuelle Belästigung sowie den dringenden Tatverdacht belästigender Handlungen. Mit derselben Begründung wurde das Arbeitsverhältnis zudem hilfsweise ordentlich unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfristen aus § 622 BGB gekündigt.

Der Arbeitnehmer legte anhand privater Chatverläufe und privater E-Mails dar, dass ein kollegiales Miteinander im Betrieb des Arbeitgebers gelebt wurde und bestritt die Vorwürfe.

Das Landesarbeitsgericht Hamm bewertete die Kündigung als unverhältnismäßig und befand die Kündigung für unwirksam. Da der Arbeitnehmer während des Prozesses in das Persönlichkeitsrecht eines Geschäftsführers und einer der Mitarbeiterinnen eingriff, um ein Verhältnis dieser Personen aufzudecken, entschied das Gericht dennoch für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 80.000,00 EUR. Eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit war nämlich nicht mehr zu erwarten. Arbeitsgerichte können auf Antrag des Arbeitnehmers oder auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG das Arbeitsverhältnis auflösen, wenn dem Arbeitnehmer eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann oder der Arbeitgeber keine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit mehr erwarten kann.

Unwirksamkeit der Kündigung: Verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung erfolglos

Maßgebend für die Unwirksamkeit der Kündigung war nach der Entscheidung der Richter am Landesarbeitsgericht, dass keine Abmahnung ausgesprochen wurde. Das Gericht stellte fest, dass sexuelle Belästigung keinen absoluten Kündigungsgrund darstellen müsse und daher auch in diesem Fall eine Abmahnung aus Verhältnismäßigkeitsgründen nötig gewesen sei. In der Gesamtbetrachtung habe man hier nur einen Mitarbeiter, der seine Grenzen nicht kennt. Diese Grenzen hätten dem Arbeitnehmer aber durch eine Abmahnung aufgezeigt werden können und müssen.

Das Urteil veranschaulicht die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Interessenabwägung. Selbst bei sexueller Belästigung gilt es, zunächst abzuwägen. Bei „leichten“ Verstößen wäre eine verhaltensbedingte Kündigung unverhältnismäßig und mildere Mittel – wie eine Abmahnung – müssen einer Kündigung vorgezogen werden.

Dennoch ging die Interessenabwägung im Ergebnis zugunsten des Arbeitgebers aus, da der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Geschäftsführers nicht mit der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Prozess gerechtfertigt werden konnte. Nach Betrachtung dieser beiden Voraussetzungen ist das Gericht dann einen „Mittelweg“ gegangen, denn das Arbeitsverhältnis wurde gerichtlich aufgelöst und dem Arbeitnehmer wurde eine Abfindung zugesprochen.

Die Kanzlei VON ALLWÖRDEN in Stade und Hamburg erbringt rechtliche Leistungen für Arbeitnehmer, Geschäftsführer und Unternehmer

  • Prozessführung vor Arbeitsgerichten.
  • Abwehr und Verteidigung von Kündigungen.
  • Verhandlung von Abfindungen.
  • Erstellung und Prüfung von Arbeitsverträgen.
  • Verhandlung und Gestaltung von Aufhebungsverträgen.

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Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter und Arbeitnehmer

Was sind Wettbewerbsverbote?

Ein Wettbewerbsverbot ist die Beschränkung einer Person in ihrer beruflichen Tätigkeit zugunsten anderer Unternehmer derselben Fachrichtung. Das bedeutet, die Person darf für die Dauer ihrer Dienstzeit ohne Einwilligung ihres Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in einem gleichen Geschäftszweig für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte betreiben. Dies bezieht sich immer nur auf den Geschäftsbereich des Arbeitgebers. Außerhalb des Geschäftsbereichs des Arbeitgebers ist dem Arbeitnehmer eine gewerbliche Tätigkeit erlaubt, wenn sie die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt.

Bei Wettbewerbsverboten ist zu unterscheiden zwischen denen im bestehenden Arbeitsverhältnis und nachvertraglichen Wettbewerbsverboten.

Die Leistungen unserer Kanzlei:

  • Wir gestalten effiziente und interessengerechte Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote
  • Wir prüfen bestehende Vereinbarungen über Wettbewerbsverbote, damit Sie Ihr Risiko einschätzen können
  • Wir setzen erforderlichenfalls Ihre Ansprüche aus Wettbewerbsverboten für Sie durch

Für wen gelten Wettbewerbsverbote?

Ein gesetzliches Wettbewerbsverbot besteht für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, für Geschäftsführer einer GmbH, Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft, für Handelsvertreter und auch für alle Arbeitnehmer. Insbesondere Wettbewerbsbeschränkungen von Arbeitnehmern und Handelsvertretern haben in der Praxis hohe Bedeutung. Bei den weiteren Personengruppen funktionieren die Wettbewerbsverbote allerdings in vergleichbarer Weise.

Wer ist Handelsvertreter?

Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte gegen Provision zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Er unterscheidet sich vom kaufmännischen Angestellten durch seine Selbständigkeit. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Handelsvertreter sind in der Regel Kaufleute. Handelsvertreter können zum Beispiel Abonnenten-Verkäufer, Versicherungsvertreter, Reisevermittler oder Produktverkäufer sein. Die gesetzlichen Vorschriften zum Handelsvertreter sind in den §§ 84 ff. HGB enthalten.

Wettbewerb im Arbeitsverhältnis

Solange das Arbeitsverhältnis besteht, unterliegen sowohl Arbeitnehmer als auch Handelsvertreter einem umfassenden Wettbewerbsverbot. Ein solches muss nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart werden. Denn es ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§§ 60, 86 HGB für Handelsvertreter bzw. § 242 BGB für Arbeitnehmer). Eine vertragliche Ausgestaltung und Konkretisierung eines arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverbotes kann gleichwohl sinnvoll sein. Denn Nebentätigkeiten, die nicht die Interessen des Arbeitsgebers beeinträchtigen, sind im Grundsatz zulässig.

Das Wettbewerbsverbot gilt ab dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit für den Arbeitgeber aufgenommen wird und endet mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses wirkt das Wettbewerbsverbot bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fort. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist freigestellt wurde. Bei einer außerordentlichen Kündigung endet es mit Zugang der schriftlichen Kündigung, da diese das Arbeitsverhältnis – sofern die Kündigung wirksam ist – mit sofortiger Wirkung beendet.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bedarf einer ausdrücklichen Vereinbarung. Für eine wirksame Vereinbarung ist die Schriftform inklusive eigenhändiger Unterschrift erforderlich. Zudem muss der Arbeitgeber auf eine ordnungsgemäße Vertretung seines Unternehmens achten. Schließlich ist dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter eine Vertragsurkunde mit der Originalunterschrift des Arbeitgebers auszuhändigen. Die Vereinbarung eines wirksamen und effizienten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist mit zahlreichen rechtlichen Problemen behaftet. Eine anwaltliche Gestaltung oder Prüfung ist daher in aller Regel dringend geboten.

Welche Anforderungen gelten für nachvertragliche Wettbewerbsverbote?

Die Vereinbarung muss eine Zusage über eine vom Arbeitgeber zu zahlende Entschädigung, eine sogenannte Karenzentschädigung, enthalten. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte seiner zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen hat. Fehlt die Entschädigungszusage, ist das Wettbewerbsverbot unwirksam. Bei einer zu geringen Entschädigungszusage wird das Wettbewerbsverbot unverbindlich. Das heißt, dass der Arbeitnehmer oder Handelsvertreter wählen kann, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und die zu geringe Entschädigung annimmt oder ob er zum Arbeitgeber in Wettbewerb tritt.

Gilt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unbegrenzt?

Das Wettbewerbsverbot ist nach der Rechtsprechung auf eine Höchstdauer von zwei Jahren begrenzt. Im Einzelfall können aber zwei Jahre schon unangemessen lang sein. Ein Wettbewerbsverbot, dass dem Arbeitnehmer oder Handelsvertreter das berufliche Fortkommen in unbilliger Weise erschwert, ist nicht bindend. Dabei sind die gewährte Karenzentschädigung sowie die Kriterien Ort, Dauer und Gegenstand zu berücksichtigen. Es kommt also auf eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles an. Bedingte Wettbewerbsverbote sind unverbindlich. Solche liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber die Entscheidung über das spätere Inkrafttreten des schon vereinbarten Wettbewerbsverbots vorbehält.

Kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entfallen?

Ein nachträgliches Entfallen eines vereinbarten Wettbewerbsverbotes ist in folgenden Fällen möglich: Der Arbeitgeber kann auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Dies setzt eine schriftliche Erklärung voraus. Zeitlich begrenzt ist dies noch im Laufe der Kündigungsfrist möglich. Danach oder nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung ist der Verzicht ausgeschlossen.

Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter hat ein Recht, sich vom Wettbewerbsverbot zu lösen, sofern er selbst das Arbeitsverhältnis außerordentlich aus einem wichtigen Grund kündigt. Dafür hat er einen Monat Zeit, nachdem die Kündigung dem Arbeitgeber zugegangen ist. Auch wenn der Arbeitgeber kündigt, hat der Arbeitnehmer ein Lösungsrecht, sofern er keinen erheblichen Anlass zur Kündigung gegeben hat. Der Arbeitgeber hat ebenfalls ein Lösungsrecht, wenn er das Arbeitsverhältnis aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers kündigt. Schließlich kann die Beendigung und Aufhebung des Wettbewerbsverbotes jederzeit einvernehmlich vereinbart werden.

Werden neue Einkünfte auf die Karenzentschädigung angerechnet?

Ja, dies sieht das Gesetz vor. Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter muss sich insbesondere die Einkünfte aus seiner Folgebeschäftigung in der Regel anrechnen lassen. Bei einer selbständigen Tätigkeit sind die erzielten Gewinne anzurechnen. Auch die Anrechnung ist begrenzt. Sie erfolgt nur, soweit der anderweitige Erwerb zusammengerechnet mit der Karenzentschädigung 110 % der bisherigen vertragsgemäßen Gesamtvergütung übersteigt. Wenn der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter für die neue Tätigkeit seinen Wohnsitz verlegen musste, erhöht sich die Grenze auf 125 %. Der Arbeitnehmer bzw. Handelsvertreter hat gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber eine Auskunftspflicht hinsichtlich der Höhe seines anderweitigen Erwerbs und muss dies ggf. hinreichend belegen.

Ist eine Karenzentschädigung Arbeitsentgelt?

Lohnsteuerrechtlich stellt die Karenzentschädigung Arbeitslohn dar. Dies hat zur Folge, dass auf die Entschädigung Lohnsteuer erhoben wird. Im Sozialversicherungsrecht gehört die Karenzentschädigung hingegen nicht zum Arbeitsentgelt, sodass dafür keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Auf das Arbeitslosengeld wird die Karenzentschädigung nicht angerechnet, da es sich dabei nicht um Einkünfte aus einer Beschäftigung handelt.

Welche Folgen hat ein Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot?

Verstößt der Arbeitnehmer oder Handelsvertreter gegen das Wettbewerbsverbot, kann der Arbeitgeber in der Regel Schadensersatz verlangen. An die vertragliche Ausgestaltung von Schadenersatz stellen die Gerichte hohe Anforderungen. 

Darüber hinaus hat er ein Eintrittsrecht, wodurch er vom ehemaligen Arbeitnehmer unter Umständen verlangen kann, so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft selbst getätigt. Das führt nicht zu einem Wechsel der Vertragsparteien. Vielmehr kann der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer so den erzielten wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen. Der Arbeitgeber kann zwischen dem Schadensersatz und dem Eintrittsrecht wählen. Schließlich kann der Arbeitgeber den ehemaligen Arbeitnehmer auf Unterlassung in Anspruch nehmen.

Zu nachvertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtungen

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Haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitsmittel?

Zu der Frage, ob Arbeitnehmer gegen ihre Arbeitgeber einen Anspruch auf Bereitstellung von Arbeitsmitteln haben, hat sich das hessische Landesarbeitsgericht mit einer aktuellen Entscheidung positioniert (Hessisches LAG, Urteil v. 12.03.2021, 14 Sa 306/20).  

Die Nutzung eines eigenen Smartphones und des eigenen Fahrrades ist bei Arbeitnehmern von Kurierdiensten in Großstädten nicht unüblich. Der Arbeitnehmer eines Lieferdienstes für Speisen und Getränke klagte dagegen. Er nutzte sein eigenes Rad und wurde per App auf seinem Smartphone bestimmten Kundenaufträgen zugewiesen. Die Klage war darauf gerichtet, den Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen, ein verkehrssicheres Fahrrad und ein Mobiltelefon mit Datennutzungsvertrag für die Verrichtungen seiner Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen.

Woraus kann sich ein Anspruch auf Arbeitsmittel ergeben?

Der Anspruch auf Bereitstellung von Arbeitsmitteln kann sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit den §§ 611a, 615 S. 3, 618 BGB ergeben. Denn es ist rechtlich anerkannt, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beschäftigung haben. Damit soll auch ein Anspruch auf Stellung der zur Verrichtung der Arbeit zwingend erforderlichen Arbeitsmittel einhergehen. Dem Arbeitgeber ist es in diesem Zusammenhang nicht gestattet, den Arbeitnehmer auf die Möglichkeit zu verweisen, dass er ohne Erbringung der Tätigkeiten einen Anspruch auf Verzugslohn hat, weil sich der Arbeitgeber mangels Bereitstellung von Arbeitsmitteln in Annahmeverzug befindet. Es besteht vielmehr ein direkter Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber, die notwendigen Arbeitsmittel zu stellen.

Können Arbeitsmittel im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden?

Wie das hessische Landesarbeitsgericht nun entschieden hat, können Regelungen, nach denen Arbeitnehmer selbst ihre Arbeitsmittel stellen müssen, unzulässig sein. Arbeitsverträge unterliegen in aller Regel einer AGB-Kontrolle. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn die Vertragspartner des Verwenders dadurch nach Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden. Eine solche Benachteiligung wurde für eine arbeitsvertragliche Regelung angenommen, nach der notwendige Arbeitsmittel von einigem Wert wie Fahrrad und Handy ohne finanziellen Ausgleich durch den Arbeitnehmer selbst eingebracht werden mussten.

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Arbeitnehmer und Quarantäne

Was passiert, wenn Arbeitnehmer sich durch behördliche Anordnung in Quarantäne begeben müssen? Muss ein Arbeitnehmer arbeiten, wenn er in Quarantäne ist? Kann Quarantäne ein Arbeitsverhältnis gefährden? Und was passiert, wenn die Quarantäne sich mit dem Erholungsurlaub überschneidet?

Ein Überblick über die relevantesten Fragen im Zusammenhang mit Quarantäne:

Kündigung oder Abmahnung wegen Quarantäne

Eine behördlich angeordnete Quarantäne berechtigt Arbeitgeber grundsätzlich nicht zu einer verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung. Das Arbeitsgericht Köln befand die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen behördlich angeordneter Quarantäne sogar für willkürlich und nach § 138 BGB und § 242 BGB rechtsunwirksam, obwohl diesem Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG zukam (ArbG Köln, Urteil vom 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20).

Pflichtverstöße von Arbeitnehmern können vor allem dann rechtliche Konsequenzen hervorrufen, wenn Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis betroffen sind. In der Gestaltung von Urlaub und Freizeit sind Arbeitnehmer daher im Grundsatz nicht durch ihr Arbeitsverhältnis eingeschränkt. Allerdings kann unter Umständen auch die Urlaubsplanung oder die Freizeitgestaltung von Arbeitnehmern negativen Einfluss auf das Arbeitsverhältnis haben. Nach dem vertraglichen Rücksichtnahmegebot und wegen der vertraglichen Nebenpflichten kann eine Urlaubs- oder Freizeitgestaltung daher unter Umständen einen Pflichtverstoß begründen und eine Abmahnung rechtfertigen. Eine Pflichtverletzung könnte zumindest angenommen werden, wenn Arbeitnehmer trotz entgegenstehender Reiseempfehlungen der Behörden in Risikogebiete reisen und damit bewusst die Anordnung einer Quarantäne provozieren.

Arbeit trotz Quarantäne

Ob während einer behördlich nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) angeordneten Quarantäne gearbeitet werden muss, hängt von der Tätigkeit und der faktischen Möglichkeit einer Verrichtung der Arbeit ab. Wenn der Arbeitnehmer trotz Quarantäne – beispielsweise aus dem Homeoffice heraus – in der Lage ist, seine Arbeiten zu verrichten, bleibt die Verpflichtung zu Arbeitsleistung grundsätzlich bestehen.

Ist eine Arbeit in der Quarantäne hingegen nicht möglich – so in etwa bei Mitarbeitern im Einzelhandel oder im produzierenden Gewerbe –, greift § 56 IfSG. Danach kann der betroffene Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe seines Nettoentgelts für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen erhalten. Der Arbeitgeber bleibt währenddessen nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ aus § 614 BGB von der Lohnzahlung befreit.

Urlaubstage bei Quarantäne

Sogenannte „Ansteckungsverdächtigte“ werden wegen der Corona-Pandemie regelmäßig – z.B. nach der Rückkehr von einem Auslandsaufenthalt – durch die Gesundheitsämter in eine angeordnete Absonderung gezwungen. Die Anordnung einer Quarantäne richtet sich nach § 30 IfSG.

Quarantäne ist allerdings keine Krankheit. Das hat das Arbeitsgericht Halle in einer neueren Entscheidung festgestellt (Urteil vom 23.06.2021 – 4 Ca 285/21).  Das Arbeitsgericht Neumünster vertritt mit einer aktuellen Entscheidung dieselbe Auffassung (Urteil v. 03.08.2021, 3 Ca 362 b/21). Demnach soll die Regelung aus § 9 BUrlG, wonach ärztlich attestierte Krankheitstage während des Urlaubes nicht auf den Jahresurlaub anzurechnen sind, keine Anwendung finden, wenn Arbeitnehmer während des Urlaubes in behördlich angeordneter Quarantäne und zugleich arbeitsfähig sind.

Quarantäne soll begrifflich und nach dem Gesetzeszweck nach einer Arbeitsunfähigkeit nicht gleichstehen, da der Gesetzgeber mit § 9 BUrlG bewusst nur den besonderen Fall der Urlaubsstörung durch Krankheit für Arbeitnehmer privilegieren wollte. Das Risiko eines gestörten Urlaubes wegen Quarantäne liegt damit allein beim betroffenen Arbeitnehmer.

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Kündigungen ohne Kündigungsschutz

Im Arbeitsrecht wird zwischen Arbeitnehmern unterschieden, denen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zukommt und Arbeitnehmern, die keinen Kündigungsschutz genießen. Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz haben in der Regel deutlich verringerte Erfolgsaussichten, sich gegen eine Kündigung ihres Arbeitgebers zur Wehr zu setzen.

Nach § 23 KSchG entsteht gesetzlicher Kündigungsschutz in der Regel automatisch, sobald mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt sind. Besteht Kündigungsschutz, bedarf jede Kündigung einer sozialen Rechtfertigung. Kündigungen unter Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes können nur wirksam sein, wenn sie durch Gründe in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt sind. Außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes bedarf es demgegenüber keines besonderen Kündigungsgrundes.

Sind Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz wirklich schutzlos?

Mit der Frage, ob Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz völlig schutzlos dastehen, haben sich schon viele Arbeitsgerichte beschäftigt. Denn auch ohne eine Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes können gesetzliche Tatbestände zu einer Unwirksamkeit von arbeitsrechtlichen Kündigungen führen. In der Praxis entfalten Verstöße des Arbeitgebers gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB regelmäßig Relevanz. Danach dürfen Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden, wenn sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausüben.

Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB wird von den Gerichten angenommen, wenn eine zulässige Rechtsausübung des Arbeitnehmers der tragende Beweggrund, also das wesentliche Motiv für die Kündigung ist. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung in äußerem Zusammenhang mit der Kündigung steht. Handelt der Arbeitgeber aufgrund mehrerer Beweggründe, so ist auf das wesentliche Motiv abzustellen.

Urteile des Bundesarbeitsgerichts zum Maßregelungsverbot finden Sie hier:

BAG, Urteil vom 21. September 2011 – 7 AZR 150/10.

BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09.

BAG Urteil vom 23. April 2009 – 6 AZR 189/08.

Als weitere mögliche Gründe, die der Wirksamkeit einer Kündigung entgegenstehen könnten, kommen eine Treuwidrigkeit und eine Sittenwidrigkeit in Betracht. Unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung treuwidrig oder sittenwidrig sein kann, hat das Bundesarbeitsgericht in einer jüngeren Entscheidung definiert (BAG, Urteil vom 05.12.2019 – 2 AZR 107/19): 

Wann ist eine Kündigung treuwidrig?

Der Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB gebietet es, gegenseitig auf die Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Treuwidrige Kündigungen sind nach § 134 BGB unwirksam. Der Gesetzgeber hat den gegenseitigen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch das Kündigungsschutzgesetz hinlänglich Rechnung getragen. Außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes findet daher nur eine beschränkte Überprüfung einer etwaigen Treuwidrigkeit statt. Treuwidrig können unter Umständen Kündigungen sein, die auf bloßer Willkür des Arbeitgebers beruhen – so beispielsweise, wenn ein alter Arbeitnehmer durch einen neuen Arbeitnehmer im Wege einer Austauschkündigung eins-zu-eins ersetzt wird. Die Beweislastverteilung ist außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes für Arbeitnehmer oftmals mit Schwierigkeiten verbunden.

Wann ist eine Kündigung sittenwidrig?

Rechtsgeschäfte sind nach der unbestimmten Regelung des § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn sie nach ihrem Inhalt oder nach ihrem Gesamtcharakter dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden widersprechen. Rechtsfolge einer Sittenwidrigkeit ist die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts.

Da eine Kündigung an sich neutral ist, muss ein Verhalten des Kündigenden hinzutreten, welches in besonderer Weise verwerflich ist. Eine Verwerflichkeit kann sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben. So können Kündigungen aus persönlicher „Rache“ unter Umständen wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein.

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Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten

Schon in privatwirtschaftlichen Unternehmen mit nur fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern kann ein Betriebsrat gebildet werden. Betriebsräten stehen sogenannte Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte zu.

Der nachfolgende Beitrag nimmt ein arbeitsgerichtliches Urteil zur Anordnung ortsunabhängigen Arbeitens („mobile working“) zum Anlass, die Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten vorzustellen und aktuelle Rechtsfragen zu beantworten.

Was bedeutet Mitbestimmung und Mitwirkung des Betriebsrates?

Die betriebliche Mitbestimmung stellt das Erfordernis auf Seiten des Arbeitgebers dar, bei bestimmten Handlungen den Betriebsrat zu beteiligen. Anders als bei der Mitwirkung ist der Arbeitgeber bei der Mitbestimmung zwingend an die Beteiligung des Betriebsrates gebunden und kann ohne sie bestimmte Maßnahmen per se nicht ergreifen. Dabei kann die Form der notwendigen Beteiligung im Einzelfall sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. So gibt es Beteiligungen in Form einer Anhörung, einer gemeinsamen Einigung und sogar in Form eines Zustimmungserfordernisses. Welche Form der Beteiligung einschlägig ist, ergibt sich jeweils aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Worauf erstreckt sich die betriebliche Mitbestimmung?

Die betriebliche Mitbestimmung erstreckt sich auf vier Bereiche:

  • Der Betriebsrat hat nach § 87 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten. Dieses umfasst allgemeine Verhaltensregeln am Arbeitsplatz wie Kleidungsvorgaben oder die Ausweisung von Pausenbereichen, aber auch die spezifische Ausgestaltung der Arbeitszeit sowie Art und Höhe der Entgeltzahlung. Hier ist grundsätzlich eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erforderlich. Können sich beide Parteien nicht einigen, so entscheidet eine Einigungsstelle.
  • Für spezifisch technische Organisationsabläufe ist dem Arbeitgeber nach § 90 BetrVG eine Unterrichtungs- und Beratungspflicht gegenüber dem Betriebsrat auferlegt worden. Sobald also Betriebsräume umgebaut, technische Anlagen verändert oder neu angeschafft oder Betriebsabläufe umgestellt werden, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat darüber zu informieren und gemeinsam mit ihm auf „menschengerechte“ Arbeitsgestaltung hinzuwirken.
  • Bei personellen Angelegenheiten hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte. Im Rahmen der Berufsausbildung beraten sich Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam und dem Betriebsrat stehen Vorschlagsrechte zu (siehe § 96 ff. BetrVG). Die Wirksamkeit einer Kündigung als Einzelmaßnahme erfordert stets zumindest die Anhörung des Betriebsrates (§ 102 BetrVG). Ab einer Unternehmensgröße von mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ist sogar jede Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zustimmungspflichtig. Im Rahmen der übrigen Personalplanung steht dem Betriebsrat ein Unterrichtungsrecht zu.
  • Letztlich steht dem Betriebsrat auch bei Betriebsänderungen, also bei wirtschaftlichen Angelegenheiten, ein Beratungs- und Unterrichtungsrecht zu. Dies erlangt zum Beispiel im Falle der Erstellung eines Sozialplans bei beabsichtigtem Stellenabbau Bedeutung.

Ist die Anordnung von mobilem Arbeiten mitbestimmungspflichtig?

In einem aktuellen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG Hessen) über die betriebliche Mitbestimmung bei der vorübergehenden Anordnung von mobilem Arbeiten („mobile working“) zu entscheiden (LAG Hessen, Beschluss vom 18.6.20205 TaBVGa 74/20). Zum Schutz vor Infektionen am Arbeitsplatz während der Corona-Pandemie hatte ein Unternehmen ein Arbeitsmodell eingeführt, welches ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen sollte. Dabei sollte die Arbeit von außerhalb des Betriebs immer wochenweise anzuordnen und bei Bedarf entsprechend verlängerbar sein.

Das LAG Hessen sah hierin allerdings keine (soziale) mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Eine allgemeine Frage der Betriebsordnung oder des Verhaltens im Betrieb sah das Gericht nicht als gegeben an, da es sich um eine untrennbare Verknüpfung mit der Erbringung von Arbeitsleistung handele. Weisungen, die nämlich nur die Arbeitspflicht konkretisieren, unterliegen keiner Mitbestimmungspflicht. Ebenso fehlte es nach dem Landesarbeitsgericht an Anhaltspunkten, eine „technische Einrichtung“ zur Überwachung der Arbeitszeit oder eine „Gefährdung“ von Arbeits- und Gesundheitsschutzvorkehrungen anzunehmen, wodurch eine Mitbestimmungspflicht hätte begründet werden können.

Ebenfalls sei es zweifelhaft, ob es sich bei der Einführung von Telearbeit um eine mitbestimmungspflichtige personelle Maßnahme handeln könne. Mit Blick auf die Freiwilligkeit und den vorübergehenden Charakter der Maßnahme wurde dies abgelehnt. Obwohl noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, ob die Anordnung von Telearbeit eine „Versetzung“ darstellen könnte, dürfte dies bei Beibehalt des Aufgabengebietes und bloß vorübergehender Ortsänderung wohl eher fernliegen. Da auch Arbeitszeiten und Entgeltbedingungen nicht berührt waren, wurde das Mitbestimmungserfordernis insgesamt abgelehnt.

Was müssen Arbeitgeber mit Betriebsräten beachten?

Dort, wo nur die Konkretisierung der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung betroffen ist, ohne, dass hierdurch Veränderungen von Arbeitszeiten, Arbeitsschutzstandards und Entgeltzahlungen zu befürchten sind, ist eine betriebliche Mitbestimmung des Betriebsrates in der Regel nicht erforderlich. Bei einer nur wochenweise angeordneten Telearbeit mit Verlängerungsoption bei betrieblichem Bedarf besteht daher kein Mitbestimmungserfordernis.

Im Einzelfall kann die anwaltliche Überprüfung der Frage, ob dem Betriebsrat Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte zustehen, sinnvoll sein. Personelle Einzelmaßnahmen können beispielsweise unwirksam sein, wenn der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß eingebunden wird.

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Wer trägt Ermittlungskosten bei Compliance-Verstößen?

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einer aktuellen Entscheidung zu der Frage positioniert, wer angefallene Ermittlungskosten bei Compliance-Verstößen in Arbeitsverhältnissen zu tragen hat (BAG, Urteil vom 29. April 2021 – 8 AZR 276/20). Konkret ging es darum, ob Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber die Kosten für die Aufklärung von Compliance-Verstößen ersetzen müssen, wenn die angestellten Ermittlungen tatsächlich Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zutage fördern.

Was ist vorgefallen?

Bei dem Arbeitnehmer handelte es sich um einen leitenden Angestellten aus dem Bereich der Unternehmensführung mit einem Jahresbruttoverdienst von ca. EUR 450.000,00. Nachdem das Unternehmen mehrere anonyme Hinweise wegen möglicher Compliance-Verstöße des Arbeitnehmers erhalten hatte, schaltete es eine auf Compliance-Ermittlungen spezialisierte Anwaltskanzlei ein, um dem Verdacht nachzugehen.

Die Ermittlungen ergaben, dass der Arbeitnehmer mehrere Personen auf Kosten des Unternehmens – ohne, dass hierfür eine dienstliche Veranlassung bestand – zum Essen eingeladen hatte. Zudem hatte der Arbeitnehmer ohne Wissen oder Einverständnis des Arbeitgebers Reisekosten zu Champions-League Spielen des FC Bayern München zu dessen Lasten abgerechnet.

Die Ermittlungstätigkeiten stellte die Anwaltskanzlei dem Arbeitgeber mit mehr als EUR 200.000 in Rechnung.

Dem Arbeitnehmer wurde daraufhin fristlos gekündigt. Er erhob Kündigungsschutzklage, welche jedoch rechtskräftig vom Arbeitsgericht abgewiesen wurde.

Das Arbeitsgericht hatte sich auch mit einer Widerklage des Arbeitgebers zu befassen. Zunächst vergeblich vertrat der Arbeitgeber die Auffassung, der Arbeitnehmer habe die Ermittlungskosten zu ersetzen. Der Arbeitgeber berief sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach unter Umständen bei dem Arbeitgeber angefallene Detektivkosten durch den Arbeitnehmer zu ersetzen sind. Der Arbeitnehmer berief sich hingegen auf den Grundsatz aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG, wonach bei arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen in der ersten Instanz jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten zu tragen hat. Dieser Grundsatz findet auch auf außergerichtliche arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen in der Regel Anwendung.

Im vom Arbeitgeber angestrengten Berufungsverfahren änderte das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise ab und sprach dem Arbeitgeber immerhin einen Teil der Kosten, die bis zum Ausspruch der Kündigung anfielen – EUR 66.500,00 – zu.

Gegen diese Entscheidung wiederum legte der Arbeitnehmer Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht gab der Revision in vollem Umfang statt und wies die Widerklage des Arbeitgebers zurück. Zwar stellte das Gericht fest, dass ein Arbeitgeber grundsätzlich die durch den Einsatz einer spezialisierten Kanzlei anfallenden Kosten vom Arbeitnehmer ersetzt verlangen kann, sofern der begründete Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers besteht. Der Schadensbegriff aus § 249 Abs. 1 BGB umfasst insoweit auch die Aufwendungen, die der Arbeitgeber zur Abwendung erheblicher Nachteile tätigt. Der Grundsatz aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG steht diesem Anspruch nach Auffassung des Gerichts nicht entgegen.

Jedoch fehlte es seitens des Arbeitgebers laut dem Gericht an substantiierten Darlegungen hinsichtlich der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten. Der Arbeitgeber hat nicht hinreichend dargelegt, welche konkreten Tätigkeiten und Ermittlungen zu welchem Zeitpunkt und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts gegen den Arbeitnehmer ausgeführt wurden.

Was sollten Arbeitgeber bei dem Verdacht auf Compliance-Verstöße tun?

Mit dem Urteil stellt das Bundesarbeitsgericht erstmals Maßstäbe auf, die Arbeitgeber beachten müssen, wenn sie Compliance-Verstöße ihrer Mitarbeiter vermuten und Ermittlungen anstellen. Um der Darlegungs- und Beweislast in einem Gerichtsverfahren zu genügen, sollten Arbeitgeber darauf achten, im Zuge einer veranlassten Ermittlung die Zweckmäßigkeit der jeweiligen Maßnahme zu genau prüfen und diese auch akribisch zu dokumentieren. Ermittlungsmaßnahmen und damit verbundene Kosten, die sich im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen, könnten aus dem möglichen Erstattungsanspruch ausgenommen sein.

Es kann sinnvoll sein, schon während der laufenden Ermittlungen auf das Arbeitsrecht spezialisierte Anwälte in das Verfahren einzubinden, um möglich Fehler zu vermeiden.

Gern beraten unsere im Wirtschaftsrecht tätigen Anwälte und Fachanwälte Sie zu arbeitsrechtlichen Themen und im Zusammenhang mit Compliance-Verfahren. Sprechen Sie uns bei Bedarf einfach an!

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Wann sind nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen rechtmäßig?

AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen

Arbeitsverhältnisse werden in der Regel unter Verwendung von vorformulierten Verträgen abgeschlossen. Dabei stellt meistens der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die vertraglichen Bestimmungen. Die Nutzung solcher Vertragsklauseln ist grundsätzlich von der Vertragsfreiheit gedeckt, unterliegt aber einer sogenannten AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Dies hat zur Folge, dass bestimmte Klauseln per se unzulässig sind und eine strenge gerichtliche Überprüfung einzelner Regelungen durchgeführt werden kann. Insbesondere können intransparent gestaltete Klauseln oder Klauseln, die eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers beinhalten, AGB-rechtlich unzulässig und damit unwirksam sein.

Was sind AGB?

Unwirksamkeit von „Catch-All-Klauseln“

Das Landesarbeitsgericht Köln hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Arbeitgeberin und der Arbeitnehmer einen Vertrag mit einer sogenannten „Catch-All-Klausel“ geschlossen hatten (LAG Köln, Urt. v. 02.12.2019, 2 SaGa 20/19). Diese Klausel sah eine Verpflichtung des Arbeitnehmers vor, über rechtmäßig im Betrieb erlangte Kenntnisse ohne sachliche oder zeitliche Beschränkung Verschwiegenheit wahren zu müssen.  Das Landesarbeitsgericht befand die Klausel für unwirksam, da sie das Grundrecht des Arbeitnehmers auf Ausübung der Berufsfreiheit zu stark beeinträchtige. Als gesetzliche Stütze zog das Gericht die Regelung aus § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB heran. Diese Vorschrift sieht als längst mögliche Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für kaufmännische Angestellte in Handelsgewerben (Handelsgehilfen) von zwei Jahren vor. Dieses nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist zudem an eine Vielzahl weiterer Bedingungen geknüpft.

In der Möglichkeit, eine nachvertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung bezüglich rechtmäßig erlangter Informationen auf zwei Jahre zu begrenzen, sah das Landesarbeitsgericht ausreichenden Schutz für den Arbeitgeber. Die Vereinbarung einer lebenslangen Verschwiegenheitspflicht stelle daher eine wesentliche Abweichung von gesetzgeberischen Grundgedanken dar und sei unwirksam. Der Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers wurde daher in der zweiten Instanz zurückgewiesen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist rechtskräftig.  

Das Urteil des LAG Köln im Volltext

Was geschieht mit unzulässigen AGB-Klauseln?

Eine nur teilweise Unwirksamkeit oder richterliche Anpassung von einzelnen Vertragsklauseln kommt nicht in Betracht.  Aus Gründen der Missbrauchsvorbeugung gilt im AGB-Recht ein sogenanntes Verbot geltungserhaltender Reduktion. Eine unwirksame Klausel ist damit insgesamt unwirksam. Es gilt folglich ausschließlich die Gesetzeslage.

Weitere Informationen zum AGB-Recht

Welche Voraussetzungen müssen arbeitsvertragliche Verschwiegenheitsklauseln erfüllen?

Der Fall zeigt, dass gesetzliche Vorgaben zum Wettbewerbsverbot aus §§ 74 ff. HGB zumindest mittelbar Berücksichtigung in der AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen finden können. Auch wenn der Arbeitnehmer nur ausnahmsweise Handelsgehilfe im Sinne des Handelsgesetzbuches sein dürfte, können gesetzgeberische Vorgaben aus diesem Bereich auch die gerichtliche Wertung einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers beeinflussen. Verschwiegenheitsvereinbarungen in AGB sind nur unter der Bedingung rechtmäßig, dass sie keine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers beinhalten. Nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen von mehr als zwei Jahren Dauer dürften daher – solange keine finanzielle Kompensation gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgt – in der Regel unzulässig sein.

Noch strengere Anforderungen sind an nachvertragliche Wettbewerbsverbote in AGB zu stellen. Denn mit Wettbewerbsverboten geht eine noch größere Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit einher als mit Verschwiegenheitsverpflichtungen.

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Kurzarbeit – Ein Überblick

Neben vielen weiteren arbeitsrechtlichen Themen kommt der Kurzarbeit eine ganz besondere Relevanz während der Corona-Pandemie zu. Der folgende Beitrag informiert über die wichtigsten Fakten im Zusammenhang mit Kurzarbeit.

Hintergrund

Kurzarbeit ist ein Instrument zur Sicherung von Arbeitsplätzen in konjunkturschwachen Wirtschaftsphasen. Entfallen in Betrieben Aufträge oder Absatzmöglichkeiten, geht damit ein Einbruch der benötigten Arbeitsleistung einher. Bei angeordneter Kurzarbeit wird der Arbeitnehmer zeitweise von seiner Arbeitspflicht ganz oder teilweise befreit. Dafür entfällt im Gegenzug ganz oder teilweise die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung des Lohnes. Der Arbeitnehmer erhält – über seinen Arbeitgeber – eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit. Arbeitnehmer ohne Kinder erhalten 60%, Arbeitnehmer mit Kindern 67% des entgangenen Nettolohnes. Der Sozialversicherungsschutz bleibt bestehen.

Um Arbeitsplätze vorerst zu sichern, kann Kurzarbeit unter Umständen eine sehr sinnvolle Alternative zum betriebsbedingten Stellenabbau sein. Betroffene Arbeitnehmer behalten ihren Job und die Arbeitgeber können, wenn die Auftragslage sich verbessert, sofort wieder auf die bewährten Arbeitskräfte zugreifen. Kurzarbeit kann für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten beantragt werden.

Wer ist antragsberechtigt?

Grundsätzlich haben nach den §§ 95 ff. SGB III alle sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist deshalb unabhängig von Betriebsgröße oder Branche jedem Arbeitgeber mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten möglich. Allerdings darf das monatliche Bruttoeinkommen des betroffenen Arbeitnehmers nach Verkürzung der Arbeitszeit und des Entgelts EUR 6.900,00 (West) bzw. EUR 6.450,00 (Ost) nicht überschreiten.

Welche Voraussetzungen müssen für Kurzarbeit erfüllt sein?

Die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Bundesagentur für Arbeit setzt voraus, dass der Arbeitsausfall im betroffenen Unternehmen unvermeidbar ist. Daraus folgt, dass Überstunden, Zeitguthaben und Resturlaub in der Regel zunächst „abgebaut“ werden müssen, bevor ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld entstehen kann.

Der Arbeitsausfall mit Entgeltausfall beim Arbeitnehmer muss zudem „erheblich“ sein und auf wirtschaftlichen Gründen beruhen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn eine vorübergehende und nicht vermeidbare „Veränderung der betrieblichen Strukturen“ vorliegt, die durch die „allgemeine wirtschaftliche Entwicklung“ bedingt ist. Sind bestimmte Industriezweige durch einen Einbruch der Wirtschaft und einen dadurch bedingten Rückgang der Auftragslage betroffen, dürften diese Voraussetzungen regelmäßig erfüllt sein. Gleiches gilt für einen Wirtschaftseinbruch infolge von Pandemien. Die wirtschaftlichen Gründe sind im Antrag glaubhaft darzulegen.

Es besteht grundsätzlich kein Recht des Arbeitgebers, Kurzarbeit einseitig anzuordnen. Dazu bedarf es vielmehr einer Rechtsgrundlage, die sich aus Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben kann. Wurde kein Anordnungsrecht des Arbeitgebers vereinbart, bedarf es einer Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so bestimmt dieser bei der Anordnung von Kurzarbeit grundsätzlich mit.

Durch das im März 2020 in Kraft getretene Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld soll es Unternehmen vereinfacht werden, Zugang zum Kurzarbeitergeld zu erhalten. Ist mindestens ein Zehntel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen, soll dies ausreichen. In „normalen Zeiten“ müsste mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein. Arbeitgeber erhalten Sozialversicherungsbeiträge nun vollumfänglich erstattet. Außerdem soll es nicht erforderlich sein, dass die betroffenen Arbeitnehmer zuvor Minusstunden angesammelt haben. Kurzarbeitergeld kann nun außerdem auch für Leiharbeitnehmer beantragt werden.

Was passiert mit Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit?

Seitens der Bundesagentur für Arbeit wird nicht verlangt, dass der Jahresurlaub aus dem laufenden Kalenderjahr bis zum 31. Dezember 2020 zur Vermeidung oder Reduzierung von Kurzarbeit „eingesetzt“ wird. Gleichwohl kann der Jahresurlaub im Verhältnis zur Kürzung der Arbeitszeit reduziert werden.

Wird während angeordneter Kurzarbeit Urlaub genommen, haben Arbeitnehmer ihren normalen Anspruch auf volles Urlaubsentgelt. Eine Kürzung des Urlaubsentgelts im Verhältnis zur Kürzung des Arbeitsentgelts findet nicht statt. Möglich ist hingegen eine Kürzung der Anzahl der Urlaubstage. Ob eine Verringerung des Anspruchs auf Erholungsurlaub automatisch eintritt oder eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung erforderlich ist, wurde bis dato nicht abschließend gerichtlich geklärt.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten von Kurzarbeit betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gern in arbeitsrechtlichen Fragen.

Arbeitsrecht in der „Corona-Krise“

Arbeitsrecht in der Corona-Krise

Die aktuelle Krise durch die Corona-Pandemie wirft vielfältige juristische Fragestellungen auf. Einen besonders stark betroffenen Bereich stellt das Arbeitsrecht dar. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen in dieser Ausnahmezeit vor großen Herausforderungen. Im Folgenden informieren wir über einige grundlegende arbeitsrechtliche Fragen, wobei wir uns auf das aus unserer Sicht momentan Relevanteste konzentriert haben.

Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die grundsätzlichen Pflichten des Arbeitgebers zur Lohnzahlung und des Arbeitnehmers zur Verrichtung der ihm übertragenen Tätigkeiten bleiben von der Corona-Krise zunächst vollkommen unberührt. Weder kann ein Arbeitgeber seine Beschäftigten unter Berufung auf die Epidemie ohne Lohnzahlung „nach Hause“ schicken noch können Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung verweigern und gleichzeitig Lohnzahlung verlangen. Die bloße Befürchtung, sich mit dem Corona-Virus zu infizieren, begründet kein Recht der Arbeitnehmer, von der Betriebsstätte fern zu bleiben. Bleiben Arbeitnehmer gleichwohl fern, könnte dieses Verhalten Arbeitgeber zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung bewegen.

Die Befolgung einer Weisung des Arbeitgebers, eine bestimmte Tätigkeit an einem bestimmten Ort zu verrichten oder sich auf eine Geschäftsreise zu begeben, kann nur bei konkreter Gesundheitsgefährdung verweigert werden. Ob eine solche Gesundheitsgefährdung gegeben ist, muss im Einzelfall bewertet werden. Allein der Umstand, dass bestimmte Orte oder Tätigkeiten mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden sind, begründet wohl noch keine konkrete Gesundheitsgefährdung. Anders mag dies im Einzelfall zu beurteilen sein, wenn Arbeitnehmer z.B. unter einer Vorerkrankung leiden, die sie als Risikoperson qualifizieren.

Sind bestimmte Tätigkeiten mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden, greift die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. Arbeitsort und -tätigkeit sind nach Möglichkeit so zu gestalten, dass Risiken minimiert werden. Pauschale Definitionen, was ein Arbeitgeber in welcher Situation tun muss, sind jedoch nicht möglich, da die denkbaren Sachverhalte hier zu vielgestaltig sind.

Kommt der Verdacht auf, dass einzelne Arbeitnehmer mit dem Virus infiziert sind, können Arbeitgeber diese Beschäftigten unter Lohnfortzahlung freistellen, wenn andernfalls eine mutmaßliche Gesundheitsgefährdung anderer Mitarbeiter oder der Kunden besteht.

Es gilt die auch von Seiten der Politik kommunizierte Devise, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer in dieser Krisenzeit gemeinsam nach einvernehmlichen Lösungen suchen sollten.

Heimarbeit und Kinderbetreuung

Ein Anspruch auf Heimarbeit besteht auch in Zeiten der Corona-Epidemie grundsätzlich nicht, wenn nicht arbeits- oder tarifvertraglich etwas Abweichendes vereinbart ist. Dies gilt sowohl aus Perspektive des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber kann Home-Office nicht einseitig anordnen, da er sonst die Privatwohnung seiner Beschäftigten zur Betriebsstätte „umwandeln“ würde. Arbeitnehmer haben demgegenüber keinen gesetzlichen Anspruch darauf, von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. Heimarbeit muss folglich im Einvernehmen erfolgen.

Für erwerbstätige Eltern stellen die mit der Corona-Epidemie zusammenhängenden Schließungen von Schulen und Kindergärten eine ganz besondere Herausforderung dar. Kinderbetreuung ist grundsätzlich Sache der Eltern. Ist die persönliche Kinderbetreuung erforderlich, kann darin ein Grund für eine unverschuldete Verhinderung des Arbeitnehmers liegen. Das Gesetz sieht für diesen Fall vor, dass der Vergütungsanspruch bestehen bleibt. Allerdings greift die Regelung aus § 616 BGB nur, wenn es sich um eine „nicht erhebliche Zeit“ handelt. Die Gerichte gehen in der Regel von höchstens einer Woche aus. Jedenfalls muss dem Arbeitgeber die Verhinderung sofort mitgeteilt werden.

Insbesondere bei angestellten Eltern betreuungsbedürftiger Kinder setzt die Politik deshalb auf einvernehmliche und konstruktive Lösungen, beispielsweise durch die Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle oder die Einführung von Heimarbeit.

Urlaubssperre, Zwangsurlaub und Urlaubsstornierung

Arbeitgeber können nach dem Bundesurlaubsgesetz Urlaubssperren verhängen, wenn dies wegen „dringlicher betrieblicher Belange“ erforderlich ist. Sind beispielsweise viele der Beschäftigten arbeitsunfähig oder in Quarantäne, könnte dies eine Urlaubssperre für die gesunden Arbeitnehmer zur Aufrechterhaltung des Betriebs rechtfertigen. Gibt es einen Betriebsrat, so muss dieser einer Urlaubssperre zustimmen.

Verlangsamt sich der Betrieb – etwa, weil Aufträge ausbleiben – trägt der Arbeitgeber grundsätzlich das Risiko, keine Beschäftigung mehr für seine Arbeitnehmer zu haben. Die Anordnung von „Zwangsurlaub“ ohne Lohnzahlung ist vor diesem Hintergrund nicht ohne weiteres möglich.

Arbeitnehmer, die ihren bereits gebuchten Urlaub nun infolge der Reisebeschränkungen nicht mehr antreten können, haben hingegen dieses Risiko zu tragen. Erholung im Sinne des Bundesurlaubsgesetztes ist auch in der privaten Wohnung möglich. Genommener Urlaub kann nicht einseitig durch einen Arbeitnehmer „storniert“ werden.

Verordnete Quarantäne und Arbeitsunfähigkeit

Es gilt der einfache Satz: Arbeitsunfähigkeit ist Arbeitsunfähigkeit. Daran und an der möglicherweise im Arbeitsvertrag konkretisierten Verpflichtung, sich arbeitsunfähig zu melden und ein ärztliches Attest vorzulegen, hat die Corona-Krise nichts geändert. Die Attestpflicht könnte durch die Belastungen des Gesundheitssystems jedoch praktisch aufgehoben werden, wenn es Arbeitnehmern nicht mehr möglich ist, eine Krankschreibung einzuholen.

Nach dem Infektionsschutzgesetz erhalten Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer, die sich in behördlich verordneter Quarantäne befinden, eine staatliche Entschädigung. Arbeitgeber zahlen – wie auch bei anderen Formen der Arbeitsunfähigkeit – sechs Woche den Lohn fort. Eine Entschädigung in Höhe der ausgezahlten Beträge kann im Nachgang von der zuständigen Behörde (in der Regel das örtlich zuständige Versorgungs- oder Gesundheitsamt) verlangt werden.

Entschädigungen für eine verordnete Quarantäne erhalten nach dem Infektionsschutzgesetz im Übrigen auch Selbstständige.

VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte beraten ständig zu arbeitsrechtlichen Themen. Bei Fragen stehen wir Ihnen auch telefonisch (04141 80 299 20) und per E-Mail (office@va-ra.com) gern zur Verfügung.

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